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Multimedia-Reportage: 70 Millionen Euro investiert: So wächst die Wilhelmsburg-Kaserne in Ulm

Multimedia-Reportage

70 Millionen Euro investiert: So wächst die Wilhelmsburg-Kaserne in Ulm

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    Rein in die neuen Gebäude: Rund 70 Millionen Euro hat die Bundeswehr in den vergangenen Jahren in den Standort Ulm investiert.
    Rein in die neuen Gebäude: Rund 70 Millionen Euro hat die Bundeswehr in den vergangenen Jahren in den Standort Ulm investiert. Foto: Alexander Kaya

    Es ist ja erst ein Anfang. Rund 70 Millionen Euro hat der Bund in den vergangenen siebeneinhalb Jahren für die Ulmer Wilhelmsburg-Kaserne ausgegeben, noch einmal rund 300 Millionen Euro kommen dazu. Ein ganz schön großer Anfang. Was ist von dem Geld neu gebaut und eingerichtet worden? Wie sieht es überhaupt in der Kaserne aus? Wir werfen einen Blick hinein – hier eine Multimedia-Reportage.

    Die neue Feldlager-Halle ist in Deutschland einzigartig.
    Die neue Feldlager-Halle ist in Deutschland einzigartig. Foto: Alexander Kaya

    Stabsfeldwebel Alexander Gabele blickt nach oben. "Der oberste Regalboden ist 7,5 Meter hoch", sagt er. Für die neue, in Deutschland einzigartige Feldlager-Halle in Ulm hat sich die Bundeswehr Ideen aus der Industrie abgeschaut. Und ein paar Ergänzungen dazu gebaut. Einen Schallmelder zum Beispiel. Oder ein unsichtbares Netz, das verhindern soll, dass jemand von oben ins Gebäude steigt.

    5000 Quadratmeter Gebäudefläche, eine maximale Nutzlast von zwei Tonnen pro Regalfach und von 144 Tonnen pro Doppelregal. Das sind die Eckdaten des Ulmer Hochregallagers. Mit dem Material, das dort gelagert ist, lässt sich ein Gefechtsstand für 160 Soldaten errichten, die von dieser Zeltstadt aus Einsätze führen. Das Material wird in Kisten aufbewahrt, die Kisten in Regalen. Die Regale lassen sich hydraulisch verschieben, das spart Platz. Fertig eingeräumt ist das Hochregallager noch nicht. Und weil immer irgendwo irgendetwas davon benötigt wird, wird es womöglich nie komplett bestückt sein.

    Wilhelmsburg-Kaserne Ulm: Bundeswehr übernimmt Ideen aus der Industrie

    Von zwei Seiten aus können Waren angeliefert werden - eine Seite ist für Lastwagen gedacht, die andere für Schwerlaststapler. "So sieht es bei Müller auch aus", sagt Stabsfeldwebel Gabele und verweist auf das nahe Logistikzentrum der Drogeriemarktkette. Gabele ist Herr über die Feldlager-Halle, die bei genauem Hinsehen doch nicht ganz so aussieht wie die einer großen Spedition. Nicht nur wegen der Mitarbeiter in Tarnfleck. "Wir haben Tetris gespielt", sagt der Stabsfeldwebel. Während in der Wirtschaft alles auf einheitlichen Europaletten gelagert und transportiert wird, sind die Kisten bei der Bundeswehr unterschiedlich groß. Daher hat jeder Teil der Ausrüstung einen festen Platz im Lager. "So wie in der Industrie, wo nur der Computer die Lagerplätze kennt, geht es bei uns nicht", sagt Gabele. Das Tetris-Spielen ist noch nicht vorbei, das nagelneue Lager wird noch eingeräumt.

    Oberstleutnant Markus Bytow in der neuen Feldlager-Halle in der Ulmer Wilhelmsburg-Kaserne.
    Oberstleutnant Markus Bytow in der neuen Feldlager-Halle in der Ulmer Wilhelmsburg-Kaserne. Foto: Alexander Kaya

    Schon jetzt aber sei die Laune der Soldaten, die dort arbeiten, besser als zuvor, berichtet Markus Bytow. Der Oberstleutnant war einst selbst in Ulm stationiert und arbeitet nun für das Kompetenzzentrum Baumanagement Stuttgart der Bundeswehr. Bevor die Feldlager-Halle samt Werkstätten und Zeltwaschanlage fertig war, lagerte das Material an unterschiedlichen Orten auf dem Gelände der Kaserne. "Nicht bedarfsgerecht", heißt so etwas in der Sprache der Streitkräfte.

    Nato ist jetzt mit zwei Kommandos in Ulm stationiert

    Dass die Halle und die anderen neuen Gebäude bedarfsgerecht entstanden sind, war die Aufgabe von Bytow und dem Staatlichen Hochbauamt Ulm. Kein Kinderspiel, weil sich die Anforderungen zwischenzeitlich änderten. Nicht in der rund 18,2 Millionen Euro teuren und im September 2020 an die Bundeswehr übergebenen Feldlager-Halle. Aber in der IT-System-Halle, die seit Juli 2020 von den Streitkräften genutzt wird. "Es war, als hätten Sie geplant, dass Sie einen PC aufstellen. Und dann ist die Vorgabe, dass es 100 PCs sein müssen", sagt Tilman Ruhdel flapsig. Er ist Leitender Baudirektor und Chef des Staatlichen Hochbauamts Ulm.

    Änderungen gab es in der Kaserne durch ein neues IT-System der Bundeswehr. Und es gibt sie durch zwei neue Kommandos, die das Verteidigungsbündnis Nato aufbaut. Die standing Joint Logistic Support Group (sJLSG) macht strategische Vorgaben für militärische Logistik-Aufgaben. Das in der Wilhelmsburg-Kaserne künftig dominierende Nato-Kommando JSEC ist eine Art militärisches Reisebüro. Sie haben eigene Anforderungen - und eigene Sicherheitsstandards. Beides wird bei den kommenden Baumaßnahmen auf dem Gelände an der Stuttgarter Straße eine Rolle spielen. Investiert wird und wurde vor allem, aber nicht nur dort, sondern auch in der Dornstadter Rommel-Kaserne, im Bundeswehrkrankenhaus, in der Bleidorn-Kaserne am Kuhberg und im Munitionslager Setzingen.

    Sanitätsversorgungszentrum Ulm ist wie ein großes MVZ

    Für das Nato-Kommando JSEC sind eigens Grundstücke zugekauft worden. Mit dem bestehenden Grund gehen Bundeswehr und Bauamt nach Tilman Ruhdels Angaben sparsam um. Ein Beispiel ist das neue Sanitätsversorgungszentrum, das so errichtet wurde, dass eine Freifläche für eine mögliche Erweiterung bleibt. Die sechs Truppenärzte und vier Zahnärzte waren zuletzt in der Rommel-Kaserne in Dornstadt untergebracht. Der Platz, berichtet Oberfeldarzt Dr. Gittamaria Herrmann, habe nicht gereicht.

    Oberfeldarzt Dr. Gittamaria Herrmann leitet das neue Sanitätsversorgungszentrum in der Ulmer Wilhelmsburgkaserne.
    Oberfeldarzt Dr. Gittamaria Herrmann leitet das neue Sanitätsversorgungszentrum in der Ulmer Wilhelmsburgkaserne. Foto: Alexander Kaya

    Das neue Gebäude wird gerade eingeräumt. Es ist aufgebaut wie ein großes medizinisches Versorgungszentrum (MVZ). Jeder Arzt und Zahnarzt hat ein eigenes Arztzimmer, zudem gibt es Behandlungszimmer, ein Labor, einen Raum für Seh- und Hörtests und einen für Belastungs-EKG. Auch Lungenfunktionstests und Ultraschall kann das Zentrum anbieten, das für 2500 Soldaten von Stuttgart bis Ellwangen zuständig ist. "Ich wüsste nichts, was wir nicht können", sagt Chefin Dr. Herrmann.

    Corona-Pandemie hat die Bauprojekte in Ulm nicht stark ausgebremst

    Die Corona-Pandemie hat die Bauprojekte auf dem Ulmer Bundeswehr-Gelände nicht allzu sehr ausgebremst. Problematisch, berichtet Bauamtsleiter Ruhdel, seien nur Lieferprobleme. Und abseits der Pandemie die Schwierigkeit, ausreichend sicherheitsüberprüftes Baupersonal zu finden sowie die übergroße Auslastung der Firmen. Für die Fensterfront des neuen Konferenzzentrums brauchte es drei Ausschreibungen, bevor überhaupt Angebote eintrudelten. "Marktbedingte Verzögerungen", sagt Ruhdel.

    Das Konferenzzentrum hört eigentlich auf den Namen Conference, Service & Support Center. Es ist wesentlich mehr als ein Konferenzzentrum, es ist eine Anlaufstelle für viele Anliegen. Die Idee kommt aus Afghanistan. "Wir haben im Einsatz in Masar-i-Scharif gesehen, welche Vorteile das hat", erklärt Oberstleutnant Markus Bytow. So soll es auch in Ulm kommen.

    Bundeswehr erhält historische Bundesfestung in Ulm

    Bis zu 300 Menschen können sich im großen Saal treffen, der auch geteilt und damit für zwei Veranstaltungen gleichzeitig genutzt werden kann. Angesichts des Multinationalen Kommandos und der beiden Nato-Kommandos dürfte die Nachfrage dafür da sein, sind die Verantwortlichen überzeugt. Bewirtet werden sollen die Gäste von einem Pächter, der auch eine Cafeteria in der Kaserne bewirtschaftet: Catering und Currywurst aus einer Hand. Die Unterkünfte der Soldaten werden neu gebaut und fußläufig erreichbar sein.

    Im multifunktionalen Zentrum gibt es auch Räume für Militärseelsorger, einen Freizeitverleih für Spiele, Fahrräder und mehr sowie einen Betreuungsbereich als Anlaufstelle für die Familien, bei denen Vater oder Mutter gerade im Einsatz ist. Mitte 2022 soll das Gebäude fertig sein. Ein halbes Jahr später soll es dann an die Bundeswehr übergeben werden. "Die Kameraden freuen sich seit Jahren darauf", sagt Kasernenkommandant Oberstleutnant Heiko Herrlich.

    Durch viele Fenster des neuen Konferenzzentrums sind Teile der historischen Bundesfestung zu sehen.
    Durch viele Fenster des neuen Konferenzzentrums sind Teile der historischen Bundesfestung zu sehen. Foto: Alexander Kaya

    Wer von der Terrasse oder aus einer der Fensterfronten des Konferenzzentrums schaut, blickt auf Mauern und Gebäudeteile der historischen Bundesfestung. Die Streitkräfte geben viel Geld für ihren Erhalt aus. "Das ist uns wichtig", betont Bytow. Einen besseren Blick hat wohl nur Gittamaria Herrmann. Die Leiterin des Sanitätsversorgungszentrum kann bei gutem Wetter bis zu den Alpen schauen.

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