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Foto: Peter Hausner
Foto: Peter Hausner

Eine Frau und ihr Werkzeug: Yasi Hofer hat sich als Musikerin enorm weiterentwickelt. Mittlerweile kann sie von ihrer Kunst leben. Dafür muss sie aber auch einiges tun und viele Jobs annehmen.

Ulm
26.04.2019

Mit der Gitarre in den Götterhimmel

Von Ronald Hinzpeter

Yasi Hofer war schon immer ein außergewöhnliches Talent und hat sich mittlerweile als Musikerin etabliert. Für ihren Lebensunterhalt spielt sie schon mal bei Schiffstaufen und Firmenfeiern.

Nur wenige Künstler haben ein festes Engagement. Die meisten führen ein Leben voller Freiheit, aber auch voller Unsicherheit. Unsere Serie „Kunst als Beruf“ zeigt, wie sie ihren Lebensunterhalt bestreiten, ihren Alltag organisieren – und welche Kompromisse sie manchmal machen müssen.

Wer selbst Kinder hat, möge sich doch mal Folgendes ausmalen: Der halbwüchsige Sprössling verkündet eines Tages, er wolle nun die Schule abbrechen und Rockstar werden. Das dürfte in den meisten Fällen zu einer Menge Ärger, wahrscheinlich auch zu Geschrei und Tränen führen. Bei Yasmin Ines Hofer war das ein wenig anders, denn da hatte der Vater mit eigenen Augen und Ohren miterlebt, wozu seine Tochter musikalisch in der Lage ist.

Mit 14 stand sie mit ihrem Helden Steve Vai auf der Bühne

Mit nur 14 Jahren stand sie zum allerersten Mal vor Publikum im ausverkauften Ulmer Zelt und spielte ein nicht gerade einfaches Stück zusammen mit dem Mann, der unter allen Rock-Gitarrengöttern sozusagen der Göttervater Zeus ist. Steve Vai hatte als Jungspund für Frank Zappa gearbeitet, dem ehemaligen Van-Halen-Sänger Dave Lee Roth als Solist zu neuem Glanz verholfen und mit seiner spektakulären Fingerfertigkeit die Sangeslegende David Coverdale bei Whitesnake in den Schatten gestellt. Und nun stand er neben einem schüchternen Mädchen aus Dornstadt auf der Bühne, das sich schlicht Yasi nannte und mit ihm souverän eines seiner trickreichen Stücke spielte. Nach dem Auftritt sagte er Vater Hofer hinter der Bühne die Sätze, die den Beginn ihrer Karriere einläuteten. Er machte ihm klar, dass dieses Kind wirklich Potenzial hat. Einige Zeit später schlug dann die Stunde der Wahrheit: Gitarre oder Schule. „Wir haben uns eine Woche lang unterhalten, bis meine Eltern schließlich sagten, okay, du kannst die Schule abbrechen“, erzählt Yasi Hofer. Damit ging für sie ein Traum in Erfüllung. Heute, mehr als ein Jahrzehnt später, sagt sie ohne eine Sekunde zu zögern: „Das war die richtige Entscheidung.“

Yasi Hofer spielt "Skydiver"

Yasi Hofer hat lange darauf hingearbeitet. Mit zwölf lernt sie die hoch virtuose, sperrige Musik von Steve Vai lieben, legt die Geige beiseite und übt seitdem besessen Gitarre, zehn Stunden am Tag. „Jede Stunde ohne Gitarre war für mich eine Qual.“ Sie arbeitet sich an dem amerikanischen Wunderfiedler ab, schreibt ihm – und er antwortet mit einer handgeschriebenen Postkarte. Yasi lässt ihm Videos zukommen und erhält in jenem Frühsommer 2007 die Chance, bei seinem Auftritt im Ulmer Zelt ein Stück mitzuspielen. Wie war das für sie? Wohl ziemlich unwirklich. „Als das Licht ausging, war ich wie in einer anderen Welt, ich weiß nichts mehr, ich habe keine Ahnung, was da passiert ist“, sagt sie heute. Wer es miterlebt hat, war beeindruckt, um es vorsichtig zu formulieren. Seither hat sie sich noch viele Male mit Steve Vai duelliert. „Immer, wenn ich bei einem seiner Auftritte bin, fragt er mich, ob ich mitspielen will.“ Dass da jedes Mal zwei Menschen aufeinandertreffen, die sich sehr schätzen, zeigen eindrucksvoll diverse Videos, die auf Yasis Homepage stehen.

Yasi Hofer ist mit ihren Eltern ins Unterallgäu gezogen

Natürlich hat sie sich nicht auf diesen einen magischen Abend von Ulm verlassen, um ihre Karriere voranzutreiben, sondern sich dafür eine solide Ausbildung erarbeitet. Über eine Begabtenprüfung schafft sie mit 16 den Sprung auf die Musikhochschule Stuttgart („Die Mitstudenten waren alle zehn Jahre älter als ich“), nach drei Semestern wechselt sie mit einem Stipendium an das renommierte Berklee College of Music in Boston, wo auch Vai einst studiert hat. All das mittlerweile erworbene Können ist in bisher drei Alben geflossen, die alle nicht viele Worte brauchen. Sie heißen „Yasi“, „Faith“ und „Freedom“. Doch von den Verkäufen kann die mittlerweile 26 Jahre alte Musikerin längst noch nicht ihr Einkommen bestreiten. Sie lebt weiterhin bei den Eltern, mit denen sie nach Illerbeuren im Unterallgäu gezogen ist. Und sie muss einiges tun für ihr Geld.

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Während viele junge Musiker sich mit Hilfsarbeiter-Jobs über Wasser halten, um Musik machen zu können, lebt Hofer ausschließlich von ihrer Gitarre. Sie hat in Cover-Bands gespielt, war mit den Schlagerrockern von Voxxclub auf Tournee, spielte in einer Queen-Show oder sorgte für das nötige Gitarrenbrett bei der Inszenierung des Haarspray-Metal-Musicals „Rock of Ages“ im Theater Ulm. Im Sommer ist sie auf der Ulmer Wilhelmsburg im Musical „Evita“ zu sehen. Yasi tritt auch mal bei Geburtstagen oder Firmenfeiern auf – und sogar bei Schiffstaufen für den Urlaubs-Riesen Tui ließ sie schon die E-Gitarre jaulen: „Da war ich Teil der Inszenierung und stand am Pool mit einige Violinisten.“

Besonders gut läuft es für sie im Süden Deutschlands, wenn sie mit ihrem Trio spielt, da wird gutes Geld verdient. Im Norden der Republik sieht es noch eher mau aus. In einem Klub in Bremen sprangen gerade mal 200 Euro raus, was natürlich vorne und hinten nicht reicht. Yasi Hofer verbucht so was unter „Erfahrungen sammeln“, doch Geld kostet es trotzdem. „Ich muss ja alles vorfinanzieren und ich will meine Musiker auch vernünftig bezahlen.“ Mit den CDs ist noch nicht viel Geld verdient und auch bei den Streamingdiensten springt kaum was raus, eigentlich nur ein Nasenwasser. Dennoch sind Spotify, Apple Music und Co. wichtige Plattformen, um „die Leute auf dich aufmerksam zu machen“.

Am meisten Aufmerksamkeit bekommt sie immer noch bei ihren Auftritten – und die sind es auch, die dem Musikerleben den größten Reiz geben. Auch wenn Yasi Hofer damit klarkommen muss, „dass ich nicht weiß, was nächstes Jahr ist“. Auch wenn sich ihr Vater um die Finanzen kümmert, so muss sie doch viel selbst organisieren und investieren. „Natürlich kann ich von der Musik leben, aber ich muss auch was dafür machen. Man kann nicht in der Sonne sitzen und warten, was passiert.“

Sie will mit ihrem Können überzeugen, nicht mit ihrem Körper

Da die breitbeinig gespielte Rockgitarre immer noch als so etwas wie das letzte Refugium harter Männlichkeit gilt, fällt eine junge, zart gebaute Frau natürlich auf, wenn sie den vielen Kerlen locker ein Körperteil abspielt, das hier nicht ausdrücklich genannt werden muss. Sie weiß: „Als Frau muss man definitiv mehr abliefern. Viele trauen uns nicht zu, dass wir das können.“ Hofer kann es und deshalb hält sie auch nichts von Kolleginnen, die in ihren Youtube-Videos nicht allein die Gitarre sprechen lassen, sondern auch noch ihren Körper mit in Szene setzen. „Ich will, dass die Menschen meine Musik hören und nicht nur schauen. Ich will mit Können überzeugen“, sagt sie. Und das tut Yasi Hofer.

Auch wenn sie viel dafür tun muss, als junge Musikerin in einem sehr harten Geschäft zu bestehen, so will sie doch nichts anderes: „Man kann davon leben, aber man muss auch was dafür machen. Aber bisher ist alles so gekommen, wie ich es mir vorgenommen habe.“

Yasi Hofer tritt am Samstag, 4. Mai, im Ulmer Roxy auf. Beginn ist um 21 Uhr. Karten gibt es unter anderem bei Blende 22 in Neu-Ulm, auf roxy.ulm.de und an der Abendkasse.

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