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Memmingen/Neu-Ulm: Prozess um 500 Kilo Kokain: Hohe Haftstrafen

Memmingen/Neu-Ulm

Prozess um 500 Kilo Kokain: Hohe Haftstrafen

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    Kokain in rauen Mengen: Eine halbe Tonne der Droge wurde in Bananenkisten in Neu-Ulm entdeckt. Bei einem spektakulären Einsatz nahm die Polizei sechs Männer fest.
    Kokain in rauen Mengen: Eine halbe Tonne der Droge wurde in Bananenkisten in Neu-Ulm entdeckt. Bei einem spektakulären Einsatz nahm die Polizei sechs Männer fest. Foto: Sven Hoppe/dpa

    Im Prozess um einen der spektakulärsten Kriminalfälle der vergangenen Jahre in Neu-Ulm ist am Montag das Urteil gefällt worden. Im Dezember 2019 wurden im Fruchthof Nagel in Neu-Ulm knapp 500 Kilo Kokain sichergestellt und sechs Männer festgenommen. Sie mussten sich nun vor Gericht verantworten und wurden jetzt am Landgericht Memmingen verurteilt.

    Der siebte und letzte Tag im aufsehenerregenden Prozess gegen die sechs Angeklagten aus Albanien, denen Beihilfe zum Schmuggel von 500 Kilogramm Kokain vorgeworfen wurde, war geprägt von der Überzeugung aller Beteiligten, dass sich hier nur „untergeordnete Hilfskräfte“ vor dem Landgericht verantworten mussten. Die Kammer hat gegen vier Angeklagte jeweils eine Freiheitsstrafe von sechs Jahren verhängt, die anderen beiden Angeklagten wurden zu sieben Jahren Haft verurteilt. Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig.

    Prozess um 500 Kilo Kokain: Plädoyer der Staatsanwaltschaft bringt es auf den Punkt

    Oberstaatsanwalt Markus Schroth brachte es zu Beginn seines Plädoyers auf den Punkt: „Die Kleinen werden erwischt. Die Großen kriegt man nicht!“ Schon am Vormittag hatten drei Zeugenaussagen diese Ansicht bestätigt: Zwei Experten des LKA hatten nochmals aufgezeigt, wie die Polizeiaktion zur Festnahme der Täter verlaufen war, wie das Kokain nach Neu-Ulm gelangt war, und dass reihenweise Fingerabdruckspuren die Täterschaft der Angeklagten bewiesen. Allerdings wurde auch die deutliche Abschwächung der ursprünglichen Anklage aufgezeigt: Die sechs albanischen Hilfskräfte, so waren sich alle einig, hatten allenfalls Beihilfe geleistet. Direkten Handel oder Schmuggel von Rauschgift hatten sie nicht betrieben.

    Der „Abschnittsleiter Zugriff“ des Mobilen Einsatzkommandos schilderte den Ablauf der Festnahme, bei der ausgerechnet anscheinend der Einzige, der eventuell etwas höher in der Schmuggler-Hierarchie anzusiedeln gewesen wäre, entkommen war. Bei seiner Verfolgung über einen hohen scharfkantigen Zaun hatte er sich zwar offensichtlich verletzt, aber auch zwei Beamte trugen Verwundungen davon, sodass der Gesuchte entkommen konnte. Der zweite Zeuge schilderte den Transportweg: Vom Hafen der ecuadorianischen Stadt Machala, oft auch als „Welthauptstadt der Banane“ bezeichnet, war der Kühlfrachter „Lady Rosebay“ nach Vlissingen (Niederlande) gekommen und von dort war die „heiße Ware“ in den Fruchthof Nagel geliefert worden. Dort wurde sofort die Polizei gerufen, die das echte Kokain gegen „Surrogate“, also Ersatzstoffe, austauschte.

    Eine aufgebrochene Reifehalle in Neu-Ulm: In den Kisten waren Drogen gefunden worden.
    Eine aufgebrochene Reifehalle in Neu-Ulm: In den Kisten waren Drogen gefunden worden. Foto: Bayerisches Landeskriminalamt, dpa

    Oberstaatsanwalt Markus Schroth hielt den Angeklagten zugute, dass sie nur „kleine Rädchen im Getriebe einer großen Organisation“ seien und verteidigte den ausgehandelten Strafrahmen, da die Beihilfe doch einen erheblichen Beitrag zum gesamten Schmuggel bedeutete. Allerdings, so Schroth, könne man nicht rein rechnerisch vorgehen: Wenn der Handel mit zehn Gramm Kokain mit einem Jahr Haft bedroht sei, dann müssten es bei 100 Gramm wohl zehn Jahre sein, aber bei zehn Kilogramm könne man ja wohl kaum hundert Jahre Haft verhängen. Was solle man dann erst bei 500 Kilogramm tun?

    Er hielt den Angeklagten ihre inzwischen ausführlich ergänzten Geständnisse zugute; ebenso ihre schwierige familiäre und finanzielle Lage, durch die sie sich zum Mitmachen hätten verleiten lassen. Er plädierte auf Strafen im mittleren Bereich des ausgehandelten Rahmens zwischen fünfeinhalb und siebeneinhalb Jahren.

    Die Verteidiger blieben mit ihren Plädoyers am jeweiligen unteren Rand der Absprache und verwiesen auf die „untergeordnete Hilfstätigkeit“ aller Angeklagten. Sie seien alle erst ganz kurzfristig angeheuert worden und nicht in die Organisation eingebunden gewesen. Außerdem hätten sie nun bereits seit fast einem Jahr unter der Haft zu leiden, während der keinem von ihnen ein Kontakt mit der Familie gestattet worden war.

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