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Leibi: Leibi im Porträt: Ein heimlicher Nachtclub und ein schlimmer Brand

Leibi

Leibi im Porträt: Ein heimlicher Nachtclub und ein schlimmer Brand

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    Rund 2000 Menschen wohnen in Leibi, dem damit drittgrößten Ortsteil der Gemeinde Nersingen. Treffpunkt war früher wie heute die Kirche St. Leonhard, deren Turm man im rechten Bildbereich sieht.
    Rund 2000 Menschen wohnen in Leibi, dem damit drittgrößten Ortsteil der Gemeinde Nersingen. Treffpunkt war früher wie heute die Kirche St. Leonhard, deren Turm man im rechten Bildbereich sieht. Foto: Alexander Kaya

    Das Leben im Nersinger Ortsteil Leibi spielte sich früher vor allem im Dreieck zwischen Rathaus, Kirche und Wirtschaft ab. Dort trafen sich die Bürger beim Erledigen ihrer Geschäfte, beim Besuch des Gottesdienstes – oder auf einen netten Abend bei ein paar Bier. Die Kneipe, von den einen „Traube“, von anderen „Scharfe Ecke“ genannt, schloss vor einigen Jahren. Mittlerweile ist es ein Wohnhaus. Dort, wo das Rathaus einmal stand, ist heute eine Bushaltestelle. Die Kirche St. Leonhard jedoch erstrahlt nach ihrer Renovierung vor fünf Jahren aber in neuem Glanz – und ist heute noch Treffpunkt. Logisch also, dass der Rundgang durch

    Doch zunächst ein kurzer Abstecher in die Geschichte: Heute geht man davon aus, dass Leibi, das nach dem gleichnamigen Flüsschen benannt ist, aus vier Siedlungen zusammen gewachsen ist. 1971 wurde es offiziell mit der Gemeinde Nersingen zusammengelegt. 1940 lebten 220 Menschen in Leibi, heute ist es mit knapp 2000 Einwohnern der drittgrößte Ortsteil Nersingens.

    Zurück zu St. Leonhard: Jede Woche wird dort ein Gottesdienst in kroatischer Sprache abgehalten. Denn viele Kroaten sind damals zum Arbeiten hergekommen, waren bei der damaligen Firma Rauch beschäftigt. Seit zwei Jahren organisiert die Jugendgruppe eine Jugendmette an Weihnachten, und der Frauenbund stellt eine Maiandacht auf die Beine.

    Jedes Gebäude hatte einen Hausnamen

    Auch ein altes Kunstdenkmal findet sich in Leibi: der Altar der Schmerzhaften Mutter Gottes Oberelchingen, etwa aus dem Jahr 1750, und aus Lindenholz geschnitzt. Man legte ihn bei früheren Asbest-Arbeiten in einem Haus an der Elchinger Straße frei. „Eine echte Rarität“, sagt Marianne Mayer, deren Schwiegersohn heute in dem Haus wohnt, in dem der Altar nach seiner Restaurierung seinen neuen Platz im passgenauen Fenster einnehmen wird. „Ursprünglich stammt er aus dem Kloster Oberelchingen. Wie er nach Leibi kommt, wissen wir nicht“, erzählt Mayer.

    Ihr Mann Roland ist in dem Haus aufgewachsen – und erinnert sich an einen Mann, der immer von seinem Fahrrad abstieg, wenn er am Haus vorbeikam. „Wir waren damals noch kleine Kinder und nannten ihn den heiligen Josef von Straß, weil er von dort kam“, erzählt er und fügt hinzu: „Wenn er einmal keine Zeit zum Beten hatte, hat er auf dem

    Ein bekannter früherer Leibier wurde übrigens zum Wahrzeichen der ganzen Gemeinde: Mitten auf dem Rathausplatz in Nersingen steht seit 1980 das bronzene Abbild des ehemaligen Dorfbüttels Johann Galler. Ein „optisch interessanter Mensch“, erzählen die Leibier – und meinen damit die außergewöhnlich große und lange Nase des Büttels.

    Apropos, eindrucksvolle Menschen: Jedes alte Gebäude hat einen Hausnamen. Da gibt es zum Beispiel „Batriz“, benannt nach der sehr penetranten Frau, die darin wohnte: Beatrix. „Wenn früher gefragt wurde: Wo kommst du her, war nicht der Ort gemeint, sondern das Haus“, erklärt Birgit Ruderer. Jene Beatrix war eine ihrer Vorfahren.

    Von der Kirche St. Leonhard aus sind es nur ein paar Schritte zur früheren Mühle. Es ist die einzige am Fluss Leibi – an den meisten Stellen führt er zu wenig Wasser. Auf der anderen Seite der Brücke wurde für die einstige Brauerei Seybold Eis aus dem zugefrorenen Fluss gebrochen.

    Schützenheim stand auf einmal in Flammen

    Der Rundgang führt jetzt in den Auwald. Die Luft riecht auf einmal irgendwie anders, zugleich steigt der Lärmpegel mit jedem Schritt in Richtung Autobahnbrücke. Hinter der liegt das Schützenheim mit der einzig verbliebenen Wirtschaft im Ort, geführt von den Vereinsmitgliedern selbst. Vor vielen Jahren, als die A7 gebaut wurde, verschafften sich die Bauarbeiter nachts Zutritt zum Schützenheim und verwandelten es in einen Nachtclub. Irgendwann flog das Ganze auf, dann war Schluss mit der Feierei. Das zumindest erzählt man sich in Leibi, etwas genaueres weiß freilich niemand. Mehr ist über den Brand des Schützenheims bekannt: 1989 stand das Gebäude eines Nachts in Flammen und brannte – bis auf die Schießanlage – nieder. Richard Schreiner, wachte damals von den Feuerwehrsirenen auf – und machte sich mit seiner Kamera ausgerüstet sofort auf den Weg. Wie er damals so stand und Foto um Foto vom brennenden Gebäude schoss, erschien er den Polizisten vor Ort ziemlich suspekt. „Sie haben mich verhört, weil sie mich als Brandstifter verdächtigt haben“, sagt Schreiner und lacht. Schließlich, so stellte sich heraus, war ein technischer Defekt die Ursache.

    Zurück im Ort: Dort sitzt die derzeit älteste Einwohnerin Leibis auf einer Bank vor ihrem Haus. Katharina Walder ist 98 Jahre bei allen Aktivitäten aber noch mit dabei. Sie zog vor etwa 65 Jahren der Liebe wegen nach Leibi. Ihr Mann Benedikt, der vor 40 Jahren starb, verkaufte Eier und selbst gemachten Käse – mit seinem „motorisierten Dreirad“ ist er bis nach Burlafingen, Holzschwang und Finningen gefahren. Einer seiner Spitznamen: Käs-Bene.

    Eine Bildergalerie von Leibi finden Sie hier.

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