Startseite
Icon Pfeil nach unten
Neu-Ulm
Icon Pfeil nach unten

Landkreis Neu-Ulm: Warum gehen jetzt weniger Menschen im Kreis Neu-Ulm ins Krankenhaus?

Landkreis Neu-Ulm

Warum gehen jetzt weniger Menschen im Kreis Neu-Ulm ins Krankenhaus?

    • |
    Die Kliniken der Kreisspitalstiftung Weißenhorn mussten Intensivbetten vorhalten. Eine teure Angelegenheit.
    Die Kliniken der Kreisspitalstiftung Weißenhorn mussten Intensivbetten vorhalten. Eine teure Angelegenheit. Foto: Robert Michael, dpa

    Ein wenig merkwürdig klingt das schon: Die Krankenhäuser im Landkreis Neu-Ulm werden wohl künftig die Werbetrommel rühren müssen, damit die Patienten kommen. Das liegt nicht etwa daran, dass die Kliniken einen schlechten Ruf hätten - im Gegenteil. Doch mittlerweile scheuen offenbar viele den Gang ins Krankenhaus. Wer hat schuld? Ein kleines Virus.

    Kliniken im Kreis Neu-Ulm: Vertrauen der Patienten "ist eingeschränkt"

    Während der Corona-Zeit war der Betrieb für die drei Häuser der Kreisspitalstiftung ohnehin schon schwierig genug, doch selbst wenn sie im April tatsächlich zum Regelbetrieb zurückkehren könnten - damit rechnet Stiftungsdirektor Marc Engelhard - wird es wohl dennoch nicht so laufen wie vor dem Ausbruch der Pandemie. Wahrscheinlich schieben Patienten weiterhin Behandlungen vor sich her, die nicht unbedingt sein müssen. Das Vertrauen der Menschen sei "eingeschränkt", wie Engelhard jetzt im Ausschuss für Gesundheit und Krankenhauswesen sagt. Sie fürchten offenbar, sich in der Klinik mit Corona zu infizieren.

    Kliniken: Manche verschieben nicht dringende Behandlungen

    Das sei schon während der ersten Welle zu spüren gewesen, berichtete Reiner Genz vom Klinikbeirat, einem Expertengremium, das die Landkreisverwaltung berät. Vor allem in der Kardiologie habe sich gezeigt, dass nicht wenige meinen, es gehe erst mal auch ohne. Deshalb will die Kreisspitalstiftung eine Werbekampagne starten, "um das Vertrauen wieder herzustellen", so Marc Engelhard. Ohnehin habe die Stiftung viel unternommen, um das Virus draußen zu halten, was auch funktioniert habe.

    Allerdings hat das die Kosten für die Häuser nach oben getrieben. So wurden in Weißenhorn und Neu-Ulm sogenannte Clearingstellen eingerichtet, die dafür sorgen sollen, dass Besucher und Patienten nicht den Corona-Erreger einschleppen. Dafür war zusätzliches Personal nötig, auch die Trennung von Covid- und Non-Covid-Bereichen trieb den Bedarf nach oben. In Weißenhorn wurde zudem eine weitere Intensivstation eingerichtet. Die Materialkosten verteuerten sich, weil viele Hygieneartikel wie Masken und Schutzanzüge verbraucht wurden und Beatmungsgeräte besorgt werden mussten. Weil die Kliniken Betten für Corona-Patienten freihalten mussten, nahmen sie weniger ein. Dafür gab es zwar staatliche Ausgleichszahlungen, doch die decken nach den Worten des Stiftungsdirektors nicht annähernd die Kosten.

    Corona bremst die Reform der Kliniken im Kreis Neu-Ulm

    Zwar schlugen sich nach Einschätzung des Klinikbeirats die drei Häuser in der Krise noch recht gut, sodass im vergangenen Jahr mit 11,8 Millionen Euro nur ein geringfügig höheres Minus erwirtschaftet wurde als ohnehin erwartet, dafür sieht es heuer nicht ganz so gut aus. Engelhard taxiert das Minus für 2021 auf 13,7 Millionen Euro. Geschuldet ist das unter anderem den weiterhin erhöhten Kosten durch die Pandemie. Zudem hat Corona dafür gesorgt, dass die notwendige Umstrukturierung der Kliniklandschaft im Landkreis nicht vorankam. Dabei sollte die doch dafür sorgen, die Kosten erheblich zu drücken, denn bisher sind verschiedene Einrichtungen mehrfach vorhanden. Geplant war das in Zukunft zu ändern, doch wegen der Pandemie muss die Zukunft noch warten. Vor allem die Umstrukturierung der Illertalklink zu einem Gesundheitszentrum mit Facharztpraxen, Seniorenpflege und dem Ausbau der Geriatrischen Rehabilitation kam nicht recht voran.

    Weil die kleinen Krankenhäuser, wie im Landkreis Neu-Ulm, von der Bundespolitik chronisch benachteiligt werden und deshalb immer weiter ins Minus rutschen, forderte Susanne Oberdorfer-Bögel (Freie Wähler) Landrat Thorsten Freudenberger (CSU) auf, einen entsprechenden Brandbrief nach Berlin zu schicken. Woraufhin der antwortete: "Ich habe schon unzählige Brandbriefe geschrieben." Wie schon bei anderer Gelegenheit brach er erneut eine Lanze für die dezentrale Gesundheitsversorgung auf dem Land. Wäre es allein nach dem Bundesgesundheitsminister gegangen, hätten die Kreiskrankenhäuser jetzt keinen Ausgleich bekommen, sondern nur die großen Häuser. Sein Fazit: "Das System der Krankenhausfinanzierung in Deutschland stimmt nicht mehr."

    Lesen Sie auch:

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden