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Landkreis Neu-Ulm/Ulm: Verkehrsverbund Ding verzichtet auf Tariferhöhung

Landkreis Neu-Ulm/Ulm

Verkehrsverbund Ding verzichtet auf Tariferhöhung

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    Ein Bus auf dem Weg zum Neu-Ulmer ZUP. Die Corona-Pandemie hat den Verkehrsverbund Ding in eine „extreme Lage“ versetzt.
    Ein Bus auf dem Weg zum Neu-Ulmer ZUP. Die Corona-Pandemie hat den Verkehrsverbund Ding in eine „extreme Lage“ versetzt. Foto: Alexander Kaya (Symbolfoto)

    Gute Nachrichten für Pendler, noch bessere für Auszubildende: Der Verkehrsverbund Ding verzichtet auf die lange Zeit jährlich im Dezember und zuletzt zum 1. Januar übliche Tarifanpassung, die in den meisten Fällen eine Tariferhöhung war. Und Lehrlinge können bereits seit 1. September vergünstigt mit dem neu eingeführten Azubiticket fahren. Dabei sind die Verkehrsunternehmen in einer schwierigen Situation, bei Ding spricht man von einer „extremen Lage“.

    In einigen Bereichen seien wegen der Corona-Pandemie und ihrer Folgen bis zu 80 Prozent der Fahrgeldeinnahmen weggebrochen. Allmählich kehrten die Passagiere zwar zurück, aber von einer Normalisierung sei die Branche weiterhin weit entfernt. Ein Rettungsschirm von Bund und Ländern soll den Verkehrsunternehmen helfen, er stellt bis Jahresende eine Kompensation der entgangenen Erlöse in Aussicht. Ungeachtet aller Schwierigkeiten sagt Ding-Aufsichtsratschef Heiner Scheffold, der Landrat des Alb-Donau-Kreises: „Insgesamt ist das normale Geschehen im Nahverkehr durch Corona außer Kraft gesetzt. Dazu würde es nicht passen, die Preise zum 1.1.2021 zu erhöhen.“

    Ulm/Neu-Ulm: Ticketpreise beim Verkehrsverbund Ding bleiben gleich

    Teurer könnten Bus und Straßenbahn im kommenden Jahr dennoch werden; zu einem späteren Zeitpunkt wollen die Verantwortlichen darüber entscheiden. Mit der Verschiebung der Preisanpassung soll einer Mitteilung von Ding zufolge außerdem die Absenkung der Mehrwertsteuer an die Fahrgäste weitergegeben werden.

    Bereits eingeführt ist das Azubiticket, das die Handwerkskammer und die Industrie- und Handelskammer lang gefordert hatten. Das Flatrate-Angebot gilt wie das Semesterticket für Studenten rund um die Uhr im gesamten Ding-Gebiet. „Die Frage, welcher Fahrschein für Azubis der einfachste und günstigste ist, war bisher oft nur schwer zu beantworten. Aber jetzt ist die Antwort einfach: Nur ein Fahrschein genügt für die Fahrt zum Ausbildungsbetrieb, zur Schule – oder in der Freizeit“, kommentiert Ding-Geschäftsführer Thomas Mügge. Der Ulmer IHK-Hauptgeschäftsführer Max-Martin Deinhard lobt, dass die Ausbildung dadurch insgesamt attraktiver werde. Tobias Mehlich, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Ulm, bezeichnet das Ticket als weiteren Schritt in Richtung Gleichwertigkeit von betrieblicher und akademischer Ausbildung.

    Im ländlichen Raum sind die Fahrgastzahlen bei Ding gesunken

    Nicht nur wegen der Fahrgastrückgänge während der Corona-Pandemie bemüht sich der Verkehrsverbund intensiv um neue Mitfahrer. Selbst in Ulm, wo das Netz der Öffentlichen besonders eng ist, legen die Bürgerinnen und Bürger nur ein knappes Viertel ihrer Kilometer mit Bus und Straßenbahn zurück (24 Prozent). Im Landkreis Neu-Ulm sind es noch etwas weniger (17,5 Prozent). Das geht aus der Studie Mobilität in Deutschland hervor, die regelmäßig vom Bundesverkehrsministerium erhoben wird und zuletzt im Dezember 2019 vorgestellt wurde.

    In großen Teilen des Ding-Gebiets ist die Zahl der Fahrgäste in den Jahren 2009 bis 2018 sogar gesunken – nur in Ulm und Neu-Ulm hat sie zugenommen und den Rückgang abgefangen. 2009 hatte Ding 61384 Fahrgäste, 2018 waren es 62948 – also 1564 mehr. Bei den Stadtwerken Ulm/Neu-Ulm (SWU) ist die Fahrgastzahl in dieser Zeit um 3096 gestiegen. Das heißt: Im übrigen Gebiet ist die Fahrgastzahl in jenen zehn Jahren um 1532 gesunken. Das zeigt die Jahresstatistik des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV).

    Landkreis Neu-Ulm: Können digitale Anzeigetafeln mehr Fahrgäste anlocken?

    Ding-Sprecher Markus Zimmermann verweist auf die Schülerzahlen: Die seien zwischen 2009 und 2018 um 12,7 Prozent gesunken. Und während der Schüleranteil im Stadtverkehr Ulm/Neu-Ulm nur etwa ein Viertel ausmache, betrage er im Regionalverkehr 75 Prozent. Zimmermann sieht eine bemerkenswerte Entwicklung: Obwohl der Schülerverkehr so einen großen Anteil ausmacht und obwohl die Schülerzahlen so stark gesunken sind, habe sich der Rückgang im Regionalverkehr in Grenzen gehalten. Das liege vornehmlich an Zuwächsen bei den Zeitkarten. Und dingweit sei die Entwicklung der Fahrgäste ja trotz allem positiv gewesen.

    Ding feilt seit einiger Zeit an weiteren Angeboten. Ein Pfeiler: digitale Anzeigetafeln mit Echtzeit-Daten im gesamten Gebiet. Sie sollen nicht nur ein Service für Fahrgäste, sondern auch eine Art Werbung sein: Autofahrer sollen beim Vorbeifahren lesen, wie oft die Busse entgegen bestehender Vorurteile doch fahren. Die Infotafeln aber müssen die Kommunen bezahlen – abzüglich von Fördermitteln. Die Bereitschaft im Kreis Neu-Ulm war dafür zuletzt gering. Der Gemeinderat Holzheim lehnte die Anschaffung ab, Pfaffenhofen plant nur einen Test an einer Haltestelle, der Weißenhorner Stadtrat zweifelt.

    Regio-S-Bahn soll Pendler von Bus und Bahn überzeugen

    Eine andere Entwicklung dürfte dem Verkehrsverbund helfen: Die Regio-S-Bahn, die bis 2030 entstehen und mehr Leute vom Auto in die öffentlichen Verkehrsmittel bringen soll. Dafür muss noch eine Hürde überwunden werden: Das S-Bahn-Netz wird nicht nur im Ding-Gebiet gesponnen, sondern umfasst auch den Verkehrsverbund Mittelschwaben (VVM) der benachbarten Landkreise Günzburg und Unterallgäu. Bislang gibt es zwischen beiden Verbünden keine Kooperation. Um viele Pendler zu überzeugen, dürfte eine solche aber wichtig sein. So sieht man es auch beim Ding: „Wenn wir nicht gemeinsam an einer Lösung arbeiten, wird uns die Verlagerung vom Individualverkehr auf den öffentlichen Verkehr nicht gelingen“, sagt Geschäftsführer Thomas Mügge. Man wolle aber keinesfalls eine Konkurrenzsituation aufbauen, sondern zusammen mit allen Partnern konstruktiv zusammenarbeiten. VVM-Geschäftsführer Christoph Langer gibt sich überzeugt, dass eine entsprechende Vereinbarung gefunden werden kann.

    Warum Verbundtarife auf regionaler Ebene aus Sicht der Ding unschlagbar sind, rechnet Sprecher Zimmermann anhand eines Beispiels vor: Eine Fahrt von Bellenberg nach Ulm (20 Zug-Kilometer) kostet mit einem Ding-Einzelfahrschein 4,40 Euro und mit der Ding-Jahreskarte im Abo 83,90 Euro. Für die gleich lange Strecke von Leipheim nach Ulm, die über die Verbundgrenzen hinausgeht, kostet der DB-Einzelfahrschein 5,50 Euro. Kommt ein Ding-Einzelfahrschein für das Stadtgebiet dazu, werden 7,90 Euro fällig. Die DB-Monatskarte im Abo digital kostet 100 Euro, in Kombination mit der Ding-Abo-Jahreskarte Abo Ulm/Neu-Ulm müssen Pendler 152,40 Euro bezahlen – fast das doppelte.

    Auch der Vergleich der Fahrgäste spreche für den Verbund: Zwischen Bellenberg und Ulm seien fast 2,5 mal so viele Fahrgäste auf der Schiene unterwegs wie zwischen Leipheim und Ulm – obwohl Bellenberg nur stündlich angeschlossen ist, Leipheimer aber zwei Mal pro Stunde nach Ulm fahren können.

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