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Landkreis Neu-Ulm, Ulm: Landkreis Neu-Ulm: So geht es dem Einzelhandel kurz vor dem Lockdown

Landkreis Neu-Ulm, Ulm

Landkreis Neu-Ulm: So geht es dem Einzelhandel kurz vor dem Lockdown

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    Die Ulmer Fußgängerzone war am Samstag proppenvoll und auch am Montag gut besucht. Trotz Corona kaufen nicht alle Menschen die Geschenke gerne online.
    Die Ulmer Fußgängerzone war am Samstag proppenvoll und auch am Montag gut besucht. Trotz Corona kaufen nicht alle Menschen die Geschenke gerne online. Foto: Alexander Kaya

    Auch wenn sie abzusehen war, trifft die Nachricht vom erneuten Lockdown die Einzelhändler in der Region wie ein Schlag in die Magengrube. Am letzten Adventswochenende, an dem üblich Spätentschlossene die Geschäfte abklappern, um Geschenke zu kaufen, werden die Ladentüren geschlossen bleiben. Wie lief das Weihnachtsgeschäft bisher – und wie steht es um die Stimmung der Einzelhändler?

    Die Leute kaufen dieses Jahr gerne Bücher, wie man in Senden sieht

    Ununterbrochen klingelt das Telefon, die Ladentüre geht im Minutentakt auf und zu. In der Bücherwelt in Senden ist am Montag jeder Mitarbeiter eingespannt: „Zum Glück sind wir top besetzt. Wir werden förmlich überrannt“, sagt Heiko Müller, der Leiter der Buchhandlung, am Telefon, im Hintergrund hört man Stimmengewirr. Etwa zwei Wochen früher als in den Jahren zuvor sei bei ihm das Weihnachtsgeschäft losgegangen. Seine Vermutung: Die Leute haben geahnt, dass ein Lockdown kommt. „Ich denke, es wird trotzdem schwierig sein, eine ganze Woche Umsatz auszugleichen. Der Verlust ist hoch“, sagt Müller. Er hält die Maßnahmen der Regierung jedoch für sehr sinnvoll und empfiehlt seinen Kunden, auch weiterhin die Kontaktmöglichkeit per Mail oder Telefon zu nutzen: „Wir wollen mit unseren Kunden in Kontakt bleiben.“

    Auf Markus Skirka, Goldschmiedemeister aus Weißenhorn, trifft eine besondere Situation zu: Sein Ladengeschäft „Goldschmied Martin“ muss er zwar ab Mittwoch schließen, dennoch darf er als Dienstleister weiterarbeiten. „Da ich einen Handwerksbetrieb habe, darf ich die Arbeit in meiner Werkstatt aufrechterhalten. Das wissen aber viele Leute nicht“, sagt Skirka. So habe er es auch schon beim ersten Lockdown gehandhabt. Doch einige Kunden seien trotzdem verunsichert, ob sie kommen dürfen oder nicht. Skirka beschäftigt außerdem einen Goldschmiede-Azubi. Reparaturen und auch Neuanfertigungen beziehungsweise Aufträge bei der Goldschmiedewerkstatt können die beiden trotz des Lockdowns annehmen. Dennoch: „Das Weihnachtsgeschäft ist unwiederbringlich weg. Diese und kommende Woche wäre unser Hauptumsatz des Jahres“, sagt Skirka. Und sei das nicht genug, merkt der Goldschmiedemeister vor allem einen Trend: Die Leute bestellen immer mehr Schmuck im Internet.

    Blumen zum halben Preis gibt es in Vöhringen

    Zwiegespalten geht Sonja Fischer in diesen erneuten Lockdown. Sie betreibt in Vöhringen das Blumen- und Dekogeschäft Florales Handwerk. Sie sagt: „In erster Linie geht es jetzt um die Gesundheit.“ Da müssten nun alle zusammenstehen, die Pobacken zusammenkneifen und sich an die Regeln halten. Doch das Weihnachtsgeschäft ist auch in der Floristikbranche das Wichtigste im Jahr. Gestecke, Blumensträuße als Weihnachtsmitbringsel und Deko kaufen die Kunden bei Sonja Fischer normalerweise in den Wochen vor Weihnachten. „Da geht jetzt abartig viel Umsatz flöten“, sagt Fischer. Die Maßnahmen können existenzbedrohend werden. Die Ladeninhaberin will trotz allem das Beste aus der Situation machen. Sie verkauft ihre Blumen gerade zum halben Preis, um sie nicht wegwerfen zu müssen. So habe sie wenigstens ein bisschen was davon und könne den Kunden noch eine kleine Freude machen, sagt die Floristin.

    Nachdem die Adventszeit im Floralen Handwerk eigentlich gut angelaufen ist, ist der Lockdown ein gewaltiger Dämpfer. Fischer hofft nun, dass sie wenigstens wieder die Möglichkeit hat, ihre Blumen auszuliefern. Das habe im Frühjahr gut funktioniert. Ein Lichtblick sind für Fischer auch ihre Kunden, die das Geschäft so gut wie möglich unterstützen: „Die haben sich wirklich ein großes Lob und ein dickes Bussi verdient.“

    Bangen um die Zukunft von Galeria Kaufhof

    Kein Schaufensterbummel, nur zielgerichtet einkaufen – diese Parole hatte Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann am Wochenende noch ausgegeben. In der Ulmer Fußgängerzone sah es Samstag und Montag aber eher anders aus. Es wurde gebummelt. Im größten Geschäft, Galeria Kaufhof, bildeten sich vor den Kassen lange Schlangen. Sämtliche Artikel des „Weihnachtsmarkts“ um 50 Prozent reduziert – das zog offenbar. Vielleicht dachten die Menschen auch, es wird der letzte Besuch in diesem Kaufhaus für immer sein: Ein Sprecher des größten deutschen Warenhauskonzerns „Galeria Karstadt Kaufhof“ warnte vergangene Woche, dass das Weihnachtsgeschäfte von „existenzieller Bedeutung“ sei für große und kleine Geschäfte, die sämtliche schon „gerupft“ in den Lockdown gehen. Der Lederladen in der Ulmer Platzgasse etwa musste schon im November ein Umsatzminus Rückgang von 50 Prozent verkraften. Auch im kleinen aber feinen Geschäft von Oliver Merkel zeigt sich, dass die Pandemie ein Digitalisierungstreiber ist. Jetzt hat auch der Lederladen einen Onlineshop.

    Die IHK hofft auf Besserung im kommenden Jahr

    Es ist gerade mal eineinhalb Wochen her, da hat die Schwaben-IHK von Neu-Ulm aus eine klare Botschaft an die Politik geschickt. Sie lautete unmissverständlich: „Bitte keinen erneuten Lockdown. Doch nun kommt er doch. Regionalgeschäftsführer Oliver Stipar klingt ein wenig resigniert, wenn er sagt: „Es war absehbar, aber es ist ein Schlag ins Kontor.“ Der passiere ausgerechnet in dieser für den Handel umsatzstarken Zeit. „Nun ist alle Hoffnung dahin, das Weihnachtsgeschäft doch noch zu retten.“ Dennoch hege er die Hoffnung, dass es nächstes Jahr wieder besser werde und die Verluste ein Stück weit aufgeholt werden können. Im Moment habe es eben keine andere Chance gegeben, als den erneuten Lockdown. Allerdings müssten nun die finanziellen Unterstützungen zügig fließen. Stipar hofft, dass die entsprechenden Anträge schnell abgearbeitet und nicht von der Bürokratie gebremst werden.

    Das hofft auch Torsten Keller, der Manager der Glacis-Galerie, dem Einkaufszentrum in Neu-Ulm. Keller weiß, dass es für viele Mieter ums nackte Überleben ihrer Geschäfte gehe. In individuellen Gesprächen würde nun über die Möglichkeiten einer Hilfe bei den Mietern geredet. Der Lockdown komme zur ungünstigsten Zeit, die man sich vorstellen könne: Zum einen sei der stationäre Handel durch die Online-Konkurrenz ohnehin angeschlagen. Und zum anderen, machen nach Angaben des Handelsverbands viele Händler im November und Dezember ein Viertel ihres Jahresumsatzes.

    Auch die Zeit „zwischen den Jahren“ gilt als besonders umsatzträchtig. Geschlossen wird die Glacis-Galerie aber nicht ab Mittwoch: „Alle Geschäfte die öffnen dürfen, werden öffnen“, so Keller. Der Rewe-Supermarkt werde nun sogar um sechs Uhr öffnen, um die Kundenfrequenz zu entzerren. (sohu, heo, fwo, hip)

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