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Landkreis Neu-Ulm: Oberfahlheim als bischöfliche Nebenresidenz?

Landkreis Neu-Ulm

Oberfahlheim als bischöfliche Nebenresidenz?

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    Das spätgotische Sandsteinepitaph des Heinrich Negelin in der Kirche Oberfahlheim.
    Das spätgotische Sandsteinepitaph des Heinrich Negelin in der Kirche Oberfahlheim. Foto: Ralph Manhalter

    Jetzt wird aber dick aufgetragen, mag sich beim Lesen der Überschrift so mancher denken. „Wir sind Papst“, titelte einst das Blatt mit den vier großen Buchstaben. Fängt das in der Lokalzeitung nun auch schon an? Gemach, so falsch liegen wir mit dieser Schlagzeile nämlich nicht. Aber der Reihe nach.

    Über Donau- und Rothniederung erhebt sich in Oberfahlheim einer der schönsten Kirchtürme des Landkreises. Dieses spätgotische Kleinod gehört zur Pfarrkirche St. Dionysius, welche aufgrund ihres Patronats den Anfangsjahren der Christianisierung Mitteleuropas zugerechnet werden kann. Dionysius – oder in dessen französischer Namensform Denis – soll jener sagenhafte Märtyrer gewesen sein, welcher auf dem Pariser Montmartre – daher auch der Name: Berg der Märtyrer – geköpft wurde und anschließend mit seinem Haupt unter dem Arm bis zu jener Stelle lief, an der später eine mächtige Kathedrale erbaut wurde. Die Abtei Saint Denis bildete fortan eines der geistlichen Zentren des frühen fränkischen Reiches, der Heilige selbst wurde neben Martin zum Patron und Instrument der fränkischen Reichspolitik.

    Fahlheim, ein wichtiger klösterlicher Verwaltungsort

    Die heidnischen Alamannen fanden durch die merowingisch- und vor allem karolingisch-fränkischen Missionsbestrebungen Zugang zum Christentum. Die frühesten uns erhaltenen Quellen bezeugen eine Zugehörigkeit Fahlheims zum Reformkloster St. Blasien im Schwarzwald. Allerdings tauschte die dortige Abtei bereits Mitte des 12. Jahrhundert ihre Besitzungen im Ulmer Raum mit den Benediktinern in Elchingen.

    Fahlheim, wie es zunächst nur genannt wurde, entwickelte sich zu einem wichtigen klösterlichen Verwaltungsort südlich der Donau und wurde schließlich Dekanatssitz für einen weiten Umkreis. Um 1480 erhielt der vermutlich aus Ulm stammende Heinrich Negelin die Pfarrstelle in St. Dionysius. Angeblich sei der Geistliche bei seiner Amtseinführung in Fahlheim erst zarte 21 Jahre alt gewesen, berichten die Annalen. Doch war das Dekanat an der Roth nicht die letzte Stufe auf Negelins Karriereleiter. Einige Jahrzehnte später wurde er nämlich zum Weihbischof von Augsburg und zum Titularbischof – ein Episkopat ohne Leitung einer Diözese – von Adramyt in Kleinasien ernannt. Der berühmt-berüchtigte Renaissancepapst Julius II. übernahm in Bologna die Weihe Negelins.

    Fahlheimer Pfarrer mit Bischofs-Aufgaben

    Während seiner Tätigkeit in Fahlheim nahm der Geistliche nebenbei auch zahlreiche bischöfliche Aufgaben wahr. So ist überliefert, dass Negelin in dieser Zeit Kirchen weihte und auch in Rechtsgeschäften urteilte. Es liegt auf der Hand, dass dieser Fahlheimer Seelsorger alles andere war als ein kleiner unbedeutender Dorfpfarrer. Als Manifestation der Macht ließ Negelin in seiner Pfarrstelle einen Kirchenneubau errichten, welcher zumindest Chor und Turm umfasste. Schließlich durfte auch die Memoria, das Andenken an den Verstorbenen, nicht zu kurz kommen.

    Der Bischof denkt an seinen Nachruhm

    So veranlasste Negelin noch zu Lebzeiten, ein Grabdenkmal anzufertigen, welches später um das Todesdatum ergänzt im Altarraum Aufstellung finden sollte. Mit über zwei Metern Höhe und 90 Zentimetern Breite stellt dieses Sandsteinrelief mit lebensgroßer Figur ein wahres spätgotisches Schmuckstück dar. Abgebildet ist Negelin im Bischofsornat, versehen mit Mitra, Stab und Wappen. Die leicht nach vorne gebeugte Haltung zeugt von der schweren Bürde des Amtes. Allein der Zeitpunkt des Todes wurde nicht mehr hinzugefügt: Die römischen Ziffern MCCCCC belegen lediglich ein Dahinscheiden nach dem Jahr 1500, so wie auch die Grabstätte nicht überliefert ist.

    Oberfahlheim als bischöfliche Nebenresidenz? Mit dem Wissen um die Lebensgeschichte des Heinrich Negelin erscheint die Behauptung gar nicht mehr so abwegig.

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