Theoretisch dürfen Cafés und Restaurants ab Montag wieder Gäste empfangen. Die erste Woche ausschließlich unter freiem Himmel, sieben Tage später dann auch im Innenbereich. Unter strengen Auflagen. Marc Ender, der Pächter des Neu-Ulmer Cafés Naschkatze, kann sich da nur wundern: „Wie soll das funktionieren?“
Gastronomen wie er, die nur einen kleinen Gastraum zur Verfügung haben, sehen unter diesen Umständen keine Chance, in die Gewinnzone zu kommen. Fünf Gäste hätten nach Einhaltung der Abstandsregeln noch Platz in seinem Treffpunkt in der Neu-Ulmer Marienstraße.
Für kleine Lokale lohnt sich das nicht
Nach dem zweimonatigen Shutdown müsste Ender „Tausende Euros“ investieren, um die Naschkatze wieder an den Start zu bringen. Mit seiner kalkulierten Gewinnmarge sieht Ender deswegen bei fünf Gästen keine Möglichkeit, über Wasser zu bleiben. Und nur auf die Außenbewirtschaftung zu setzen, sieht Ender als Risiko – schließlich ist der Umsatz dann völlig vom Wetter abhängig. Und so jobbt der Naschkatzenchef erst mal weiter in einem nahen Biomarkt.
Das Anno in Weißenhorn bleibt zu
Doch selbst Gastronomen von größeren Betriebe sehen durch die geltenden Abstandsregeln für ihre Lokale derzeit keine Perspektive. So wird „die schönste Terrasse in Weißenhorn“, wie Andreas Kierndorfer den Bereich der Außenbestuhlung des Anno 1460 am Schlossplatz nennt, vorläufig verwaist bleiben. Denn ohne Ausweichmöglichkeiten in den Innenraum sei die Wetterabhängigkeit zu groß. 80 Plätze gibt es in dem historischen Gemäuer normalerweise. Um die 50 wären es unter Corona-Bedingungen. Zu wenig, um in die Gewinnzone zu kommen.
Barfüßer und Hirsch machen auf - "Schadensbegrenzung", sagt Gastronom Riedmüller
Für Kierndorfer gilt wie für alle Gastronomen ein ungeschriebenes Gesetz: Der Gewinn eines Betriebs wird erst mit den letzten zehn Prozent des Umsatzes gemacht. So ganz beschäftigungslos ist der Roggenburger allerdings nicht: Der unter der Regie von Robert Neumaier unter dem Dach seiner Gesellschaft geführte Hirsch in Attenhofen wird am Montag schrittweise geöffnet. „In Attenhofen haben wir die Flächen.“
Wer viele Quadratmeter zur Verfügung hat, ist dieser Tage im Vorteil. So wie etwa Eberhard „Ebbo“ Riedmüller im Glacis-Biergarten in Neu-Ulm. Hier, im völlig unter freiem Himmel agierenden Betrieb, rechnet der 67-Jährige mit den geringsten Einbußen. In seinen anderen Lokalen – Barfüßer und Q-Muh – sei das anders. Aber grundsätzlich gehe es ihm nur um Schadensbegrenzung. Unter den Voraussetzungen der Corona-Verordnung kommt kaum ein Betrieb in schwarze Zahlen. „Höchstens ein kleiner Familienbetrieb, der kaum Angestellte bezahlen muss.“ Dass Pleiten kommen werden, steht für Riedmüller außer Frage. Es sei eine „schöne Geste“ der Städte, auf die Gebühren für Außenbestuhlung zu verzichten. Ein Rettungsanker wäre das aber auch nicht. Das wäre letztlich nur ein Impfstoff, der für Vor-Corona-Normalität sorgt. Riedmüllers Firma, die „Barfüßer Gastronomie-Betriebs GmbH“, habe schon jetzt einen Millionenschaden zu verkraften. Sämtliche unter seiner Regie stehenden Betriebe werden ab Montag öffnen, schließlich sei er auch seinen über 200 Mitarbeitern verpflichtet. „Die Kosten zu reduzieren ist schwierig“, sagt Riedmüller. Schließlich würden durch die Corona-Regeln auch neue Aufgaben auf die Beschäftigten zukommen: etwa die Registrierung der Personalien.
Johann Britsch vom Hotel Landgasthof Hirsch in Neu-Ulm, der auch Bezirksvorsitzender des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbands ist, hat „große Bedenken“, wenn er an die Zukunft der regionalen Gastronomie denkt. Auch er habe „Millionenverluste“ zu verkraften. „Die ganze Familie hat geweint“, sagt Britsch über die jüngste interne Besprechung zum Neustart. „Wir haben in den vergangenen Jahren viele Millionen investiert.“ Dabei habe er noch Glück mit seinem Hirsch: Von 150 Sitzplätzen würden unter Ausnutzung aller Räume immerhin 100 übrig bleiben. „Raum ist der neue Luxus.“
Raum hat auch das Hotel-Restaurant Feyrer in Senden. „Wir sind gewappnet“, sagt der Inhaber Markus Kreutle. Er sei froh, dass es jetzt zumindest langsam wieder losgeht. Doch für Zuversicht unter Gastronomen lässt die Infektionskrankheit derzeit keinen Platz. „Wir waren gut gebucht. Hochzeiten, Tagungen. Alles ist weggebrochen.“
Auch interessant:
Mehr Freiluft für die Ulmer Gastronomie
Gastronomen in Not – aber mit Ideen