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Landkreis Neu-Ulm: „Fläche und Raum sind der neue Luxus“ - Gaststätten in der Corona-Krise

Landkreis Neu-Ulm

„Fläche und Raum sind der neue Luxus“ - Gaststätten in der Corona-Krise

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    „Fläche und Raum sind der neue Luxus“ - Gaststätten in der Corona-Krise
    „Fläche und Raum sind der neue Luxus“ - Gaststätten in der Corona-Krise Foto: Andreas Brücken

    Wenn Köche ein Gänge-Menü zubereiten, müssen sie auf jede Kleinigkeit achten: Die einzelnen Speisen sollten gut aufeinander abgestimmt sein und in einer durchdachten Reihenfolge serviert werden. Häppchenweise nähert man sich dem, was zum Schluss kommt und in der Regel auch das Beste ist: dem Dessert. Zwischendrin sollte aber nicht zu viel Appetit angeregt werden – nicht, dass sich der ein oder andere übernimmt und die Nachspeise ausfallen lassen muss. So oder ähnlich könnte man auch die Corona-Lockerungen für die Gastronomie in Bayern beschreiben: schrittweises Vorgehen, mit stufenweiser Lockerung. Nach dem Lockdown gab es erst einen Katalog an Hygieneregeln, dann folgte die Erlaubnis für

    Die Landgaststätten passen ihren Betrieb an die Corona-Regeln an

    Johann Britsch, Bezirksvorsitzender des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga), ist Inhaber des Landgasthofs Hirsch in Finningen. Er spricht im Namen der gesamten Branche, wenn er sagt, er hoffe, dass ab Ende August oder Anfang September wieder mehr möglich wird. Dass dann zum Beispiel wieder größere Veranstaltungen stattfinden können. „Insgesamt kommt man mit den Vorgaben aber gut zurecht. Hygieneregeln sind in unseren Betrieben etwas leichter umzusetzen, weil wir darin geübt sind.“ Doch der Aufwand sei trotzdem groß. Einschränkungen gebe es bei vielen Kunden, wie Firmen, die das Gasthaus für Events oder Tagungen buchen wollen. Einige Gäste seien vorsichtig geworden und schätzen große Flächen, am besten an der frischen Luft. „Fläche und Raum sind der neue Luxus“, sagt Britsch.

    Bis zu 50 Personen im geschlossenen Raum und 100 im Außenbereich, das ist derzeit die Vorgabe der bayerischen Regierung. „Aktuell bucht aber keiner eine Veranstaltung mit 100 Personen“, sagt Britsch. Denn das scheint vielen ein zu großes Risiko. Und es gibt ein weiteres Problem in dieser Saison, jenseits von Corona: „In unseren Breitengraden haben wir keine Wetterkonstante, da kann man nix machen. In den vergangenen drei Jahren waren die Sommer sehr heiß und es ist ja schön, dass es dieses Jahr Abwechslung und Regen gibt. Doch in diesen Zeiten ist das natürlich nicht so optimal.“ Es passiere schon mal, dass 50 Reservierungen für den Biergarten vorliegen, aber jeder Gast kurz vorher wegen des Wetters absagt. Das bedeutet: keine Einnahmen an diesem Abend.

    Hat die Politik aus Sicht der Wirte in der Coronakrise richtig gehandelt?

    Hat die Politik aus Sicht der Gastronomen richtig gehandelt? „Ich sage nicht richtig, aber gut.“ Dass es Beschwerden vonseiten vieler Wirte gab, lässt sich laut Britsch so erklären: „Man steht eben vor leeren Räumen und hat das Verlangen, aktiv zu werden.“ Teilweise auch, weil die eigene Existenz auf der Kippe stehe. Im Landgasthof Hirsch der Familie Britsch läuft es ganz gut für die Umstände. „Es werden die wichtigsten Löcher gefüllt“, berichtet Britsch. Die laufenden Kosten werden nahezu gedeckt. „Trotzdem hoffen wir auf eine Chance, wieder auf die alte Spur zu kommen“, sagt der Dehoga-Bezirksvorsitzende.

    Manche Gaststätten im Landkreis sind noch geschlossen. Das Anno 1460 in Weißenhorn beispielsweise. Inhaber Andreas Kierndorfer erklärt das Problem: „Das Anno ist relativ klein und wir können innen nur so wenige Gäste empfangen, dass sich der Personaleinsatz nicht lohnt.“ Etwa 35 bis 40 Gäste haben im Restaurant Platz, die Bewirtung auf der Terrasse ist wegen des Wetters schwer planbar. Die Servicekräfte arbeiten deswegen in Kierndorfers zweitem Restaurant, Neumaier’s Hirsch in Attenhofen. Kierndorfer will das Anno 1460 im September wieder öffnen. „Allerdings unter Vorbehalt und nur, wenn die Lockerungen so eintreten wie erwartet.“

    Die "Sportleralm" in Senden hat der Fußballverein übernommen

    In der „Sportleralm“ Senden übernimmt seit Kurzem der Fußballverein die Gastronomie. André Lutz ist damit nicht nur Vorsitzender beim FV Senden, sondern auch Neu-Gastronom. Die Vereinsmitglieder arbeiten ehrenamtlich, ohne Gehalt. „Vor Kurzem haben wir aber einen Koch eingestellt“, sagt Lutz. Der werde natürlich bezahlt. Lutz’ Arbeitstag beginnt normalerweise um 4 Uhr früh und endet um Mitternacht, der Vorsitzende veranstaltet hauptberuflich Wochenmärkte. Seine

    Inge Blum, Wirtin der Alten Roggenschenke in Roggenburg, ist froh, dass ihr Hof so groß ist: „Da können wir die Tische gut auseinanderstellen, drinnen ist das ein bisschen schwieriger, da sind auch die Gäste viel vorsichtiger.“ Die Blums haben mehrere Räume und einen Saal, doch dort findet derzeit keine Hochzeit statt: Zu kurzfristig wäre die Planung. Ein kleinerer Geburtstag wurde bisher im Saal gefeiert. Normalität sei das nicht, sagt Blum. „Wir hinken mit den Einnahmen hinterher, aber kommen zumindest in die richtige Richtung.“ Die Senkung der Umsatzsteuer mache das Organisatorische nicht leichter. Für die Chefs der Roggenschenke bleibe kein Gehalt übrig. Gegen Ende des Jahres werde man erst sehen, wie schlimm die Saison war, denn Umsatz wird im Sommer gemacht, sagt Blum. „Entlassen haben wir niemanden, wir haben so ein gutes, treues Team, das kann man irgendwie überbrücken.“ Zwei zusätzliche Mitarbeiter wurden sogar eingestellt, um am Empfang die Gäste zu kontrollieren. „Es war angemessen von den Politikern, so durchzugreifen, denn eine zweite Welle wäre noch viel schlimmer.“

    Gastronomen fürchten eine zweite Welle von Covid-19

    Für Familie Landgraf aus Altenstadt könnte eine zweite Welle das Ende bedeuten. Silvia und Uwe Landgraf betreiben den Landgasthof Fischer und das dazugehörige Hotel. „Die Lage ist nicht so toll. Der Biergarten läuft grundsätzlich besser als das Restaurant, da die Leute sich draußen wohler fühlen. Aber nicht alle haben Verständnis, eine Maske aufzuziehen, wenn sie den Tisch verlassen“, sagt

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