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Landkreis Neu-Ulm: Corona-Inzidenz auf Rekordhoch: Neu-Ulmer Gesundheitsamt ist mehr als überfordert

Landkreis Neu-Ulm

Corona-Inzidenz auf Rekordhoch: Neu-Ulmer Gesundheitsamt ist mehr als überfordert

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    Die Corona-Inzidenz im Landkreis Neu-Ulm hat ein Rekordniveau erreicht. Das Gesundheitsamt ist überlastet.
    Die Corona-Inzidenz im Landkreis Neu-Ulm hat ein Rekordniveau erreicht. Das Gesundheitsamt ist überlastet. Foto: Ralf Lienert

    Die Corona-Inzidenz im Landkreis Neu-Ulm hat ein Rekordhoch erreicht. Anfang der Woche, an Allerheiligen, vermeldete das Robert-Koch-Institut (RKI) mit 373,1 den bisherigen Spitzenwert. Auch am Donnerstag, 4. November, lag die Sieben-Tage-Inzidenz mit 343,5 noch deutlich oberhalb der neuen in Bayern eingeführten Hotspot-Grenze (wir berichteten). Täglich kommen also mehrere Dutzend neue bestätigte Corona-Fälle hinzu. Die Folge: Nicht nur in den Kliniken, auch im Gesundheitsamt ist das Personal überarbeitet, überlastet und überfordert. Das bekommen jetzt auch immer mehr Betroffene zu spüren. Wie kann das sein? Hat sich dort in anderthalb Jahren Pandamie nichts verändert oder verbessert?

    Dass das Neu-Ulmer Gesundheitsamt am Limit arbeitet, scheint ganz offensichtlich nichts Neues zu sein. Schon seit Beginn der Pandemie ist dem so. Landrat Thorsten Freudenberger (CSU) wählte vor gut einem Jahr bereits ziemlich dramatische Worte: "Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter opfern sich auf." Und: "Die Leute können nicht mehr machen." Doch auch bei der Kreistagssitzung am vergangenen Freitag musste Freudenberger eingestehen: "Die Situation ist sehr angespannt". Seit anderthalb Jahren arbeite das eingesetzte Personal "weit über der Belastungsgrenze": "Die Kolleginnen und Kollegen leisten Übermenschliches." Sie seien aber "nicht beliebig weiter belastbar", so der Landrat.

    Aber warum ist das jetzt noch immer beziehungsweise wieder so? Wurde das Personal nicht ausreichend aufgestockt, die Abläufe nicht optimiert? Oder ist schlicht und einfach die Inzidenz zu hoch? Und/oder müssen womöglich die Prioritäten anders gesetzt werden?

    So hat sich die Corona-Inzidenz im Kreis Neu-Ulm entwickelt

    Vor gut einem Jahr, als noch niemand geimpft war, lag der Wert der Neuinfektionen binnen einer Woche pro 100.000 Einwohner im Kreis Neu-Ulm bei gerade einmal um die 100. Zwar vermeldete das RKI kurz darauf, am 27. November 2020, den bis dato Spitzenwert bei der Sieben-Tage-Inzidenz: 240,9. Von den derzeitigen Rekordzahlen ist das aber ein gutes Stück weit entfernt. Sprich: Die Anzahl der Personen, die aktuell kontaktiert werden müssen, ist derzeit deutlich höher.

    Allerdings ist die Personalsituation auch eine andere: In der Vor-Corona-Zeit sah der Stellenplan für das Gesundheitsamt gerade mal 13,5 Beschäftigte vor. Im vergangenen Herbst waren es dann um die 50 Menschen, die sich um die Kontaktnachverfolgung kümmerten. Aktuell, so teilt es das Landratsamt auf Nachfrage mit, seien insgesamt circa 80 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingesetzt. Die Behörde betont aber auch: Die Situation jetzt sei mit der im vorigen Jahr "nur sehr bedingt" zu vergleichen. Es gebe vier "ganz wesentliche Unterschiede", die da wären:

    • Das Gesundheitsamt war 2020 weitestgehend von den originären Aufgaben befreit. Das komplette Stammpersonal konnte so eingesetzt werden. Dies sei dieses Jahr nicht der Fall.
    • Auch gab es in 2020 - anders als jetzt - einen Katastrophenalarm. Die Hilfe von Bundeswehr und THW konnte so in Anspruch genommen werden.
    • Wegen Lockdown-Maßnahmen stand mehr unterstützendes Personal von anderen Behörden und Firmen wie zum Beispiel Polizei, Amtsgericht, Finanzamt und Deutsche Bahn zur Verfügung.
    • Nach anderthalb Jahren Dauerbelastung durch Corona melden sich unter den Beschäftigten aktuell mehr Menschen krank als noch 2020.

    Um der derzeitigen Lage Herr zu werden, würden zusätzliche Kräfte benötigt, heißt es aus dem Landratsamt. Die Behörde habe daher damit begonnen, intern und extern weiteres Personal einzusetzen. Denn schließlich kommt den Angestellten im Gesundheitsamt in der Pandemie-Bekämpfung auch eine wesentliche Aufgabe zu: Sie sollen nachvollziehen, welcher Corona-Infizierte mit welchen anderen Personen in Kontakt stand – um diese Menschen gegebenenfalls in Quarantäne zu schicken. Doch das kann derzeit ganz offensichtlich nicht mehr gewährleistet werden.

    Positiv Getestete mit Symptomen müssen auf Infos aus dem Gesundheitsamt warten

    Selbst positiv Getestete mit Symptomen warten in Einzelfällen mehr als eine Woche auf einen Anruf oder eine Mitteilung seitens der Behörde. Unserer Redaktion sind mehrere solcher Fälle aus dem Kreis Neu-Ulm bekannt. Dabei hätten sie durchaus Fragen, auf die sie auch im Internet keine Antwort finden. Der Hausarzt verweise sie an das Gesundheitsamt. Allerdings scheinen die Mitarbeitenden auch dort aufgrund der sich immer wieder wechselnden Vorgaben der Bayerischen Staatsregierung nicht mehr ganz klar zu sein, was derzeit im Einzelfall gilt.

    Und die Betroffenen? Das Landratsamt appelliert im Moment dringend an die "Eigenverantwortung" der Bürgerinnen und Bürger und bittet um Verständnis, dass aufgrund der Vielzahl der Fälle es "eine gewisse Zeit" braucht, bis sich jemand meldet. Allerdings wolle man sich mit jedem in Verbindung setzen und nicht beispielsweise Betroffene aus vulnerablen Gruppen oder Ungeimpfte, bei denen womöglich ein schwerer Verlauf wahrscheinlicher sein könnte, bei der Kontaktnachverfolgung priorisieren. Die Infizierten sollen enge Kontaktpersonen selbst informieren. Das Gesundheitsamt weist zudem darauf hin, dass die Quarantänepflicht auch dann gelte, wenn sie sich noch nicht gemeldet haben. Sollten Hinweise eingehen oder der Verdacht bestehen, dass sich jemand nicht daran halte, könne auch eine Polizeistreife vorbeigeschickt werden und eventuelle Verstöße durch Bußgelder geahndet werden.

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