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Ulm: Erneut Corona-Demo in Ulm geplant: Redner sorgt für Empörung

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Erneut Corona-Demo in Ulm geplant: Redner sorgt für Empörung

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    An die 200 Teilnehmer kamen bei der ersten Demonstration gegen die Corona-Beschränkungen auf den Münsterplatz.
    An die 200 Teilnehmer kamen bei der ersten Demonstration gegen die Corona-Beschränkungen auf den Münsterplatz. Foto: Felix Oechsler

    Die Ulmer Gruppierung "Querdenken 731" plant für kommenden Sonntag wieder eine Kundgebung in Ulm gegen die aktuellen Corona-Maßnahmen der Bundesregierung. Es soll auch eine Demonstration durch die Stadt geben. Die Ulmer Polizei steht bereits im engen Austausch mit der Versammlungsbehörde und bereitet sich vor. Ulms Oberbürgermeister Gunter Czisch (CDU) wurde zur Kundgebung eingeladen. Die Ankündigung eines bestimmten Redners sorgt schon jetzt für Empörung.

    Nach den großen Demonstrationen in Berlin und München kommt Markus Haintz, Anwalt aus Ulm und Kopf der hiesigen Querdenker-Bewegung, samt seiner Anhängerschaft wieder nach Ulm. Für Sonntag ist eine Demonstration mit anschließender Kundgebung geplant. "Wir wollen miteinander sprechen, statt übereinander urteilen", lautet das Motto.

    Geplanter Treffpunkt des Demo-Zuges ist der Hildegard-Knef-Platz vor dem Maritim-Hotel gegen 13.30 Uhr. Von dort aus geht es über die Münchner Straße und die Olgastraße zum Justizgebäude. Über das Hafenbad und die Herrenkellergasse geht es dann vom Glöcklerbrunnen über die Hirschstraße auf den Münsterplatz. Ab 15.30 Uhr soll dort die Kundgebung stattfinden. Haintz rechnet mit zwischen 500 und 800 Teilnehmern. 500 seien für den Aufzug angemeldet, 800 für die spätere Versammlung, so Rainer Türke, Leiter des Ulmer Ordnungsamtes.

    Ulms Oberbürgermeister Gunter Czisch zu Corona-Demo in Ulm eingeladen

    Der Ulmer Anwalt Markus Haintz, spezialisiert auf Baurecht, hat in einer E-Mail auch Ulms Oberbürgermeister Gunter Czisch zur Kundgebung auf dem Münsterplatz eingeladen. "Wir sind nicht sicher, ob wir überhaupt eine Rückmeldung bekommen", sagt er unserer Redaktion. "Aber wir meinen das ernst. Ich fände das sehr spannend."

    Markus Haintz bei einer Kundgebung in Ulm.
    Markus Haintz bei einer Kundgebung in Ulm. Foto: Felix Oechsler (Archivfoto)

    Als Redner bei der Kundgebung ist unter anderem Julian Aicher angekündigt. Aicher ist ein Neffe von Sophie Scholl, der Ulmer Widerstandskämpferin gegen den Nationalsozialismus, und trat schon bei mehreren Veranstaltungen der Querdenker auf - unter anderem in Pfaffenhofen.

    Julian Aicher: Empörung um Auftritt des Neffen von Sophie Scholl bei Corona-Demos

    Dass die Anti-Corona-Bewegung immer wieder den Bezug zur Widerstandsbewegung der "Weißen Rose" sucht, sorgt nicht zum ersten Mal für Empörung. „Erschütternd, dass wieder jemand der Nachfahren den Namen der Weißen Rose missbraucht“, sagt der Landtagsabgeordnete Martin Rivoir (SPD) zum neuerlichen Auftritt von Julian Aicher bei den Corona-Leugnern von Querdenken 731. „Es ist stillos und unappetitlich, dass der Neffe von Hans und Sophie Scholl, der Sohn der Ulmer vh-Gründerin, den Ruf seiner Familie benutzt, um damit fragwürdige Politik zu machen“, sagt Rivoir.

    Vor 20 Jahren habe bereits Hans Hirzel, der als Schüler zur Weißen Rose gehörte, bei den rechtsextremen Republikanern eine zweifelhafte politische Heimat gefunden. „Die Drahtzieher von Querdenken scharen Holocaustleugner, Reichsbürger und andere Rechtsradikale um sich“, meint Rivoir. „Aicher kann in unserem freien Land machen, was er will, aber sein Treiben durch einen Hinweis auf seine Tante aufwerten zu wollen, ist unanständig!“

    Neffen der Geschwister Scholl distanzieren sich von Julian Aicher und der Instrumentalisierung der "Weißen Rose"

    Im Zuge einer Corona-Demonstration am 22. August in Forchtenberg, der Geburtsstadt Sophie Scholls, distanzierten sich bereits vier weitere Neffen der Geschwister Hans und Scholl Sophie von der Instrumentalisierung der Widerstandsgruppe „Weiße Rose“ im Zusammenhang mit Aktionen der „Querdenker“. "Wir wollen nicht bestreiten, dass die Hygienevorschriften in manchen Fällen sehr schmerzhaft sein können und eine momentane Einschränkung unserer Freiheit bedeuten. Selbstverständlich darf man die Sinnhaftigkeit jeder einzelnen Maßnahme in Frage stellen", heißt es in einer Presseerklärung von Florian Aicher, Thomas Hartnagel, Jörg Hartnagel und Martin Hartnagel. "Das letzte halbe Jahr hat gezeigt, dass unsere Demokratie dies offen erörtert. Dahinter aber ein abgefeimtes Spiel zu sehen, das uns um unsere Grundrechte bringen soll, hat mit dem realen Geschehen nichts mehr zu tun."

    „Masken runter“ steht auf einem Plakat bei einer Versammlung auf dem Ulmer Münsterplatz. Ein anderer Teilnehmer prangert auf einem Poster „Corona-Faschismus“ an.
    „Masken runter“ steht auf einem Plakat bei einer Versammlung auf dem Ulmer Münsterplatz. Ein anderer Teilnehmer prangert auf einem Poster „Corona-Faschismus“ an. Foto: Felix Oechsler

    Auch Oberbürgermeister Gunter Czisch sprach von einer "Unverfrorenheit", als Ende August in Ulm Flugblätter aufgetaucht waren, mit denen die Gruppe "Querdenken 731" zum Widerstand aufrief. Wie der Ulmer OB zur Einladung steht, ist noch offen. Eine Anfrage unserer Redaktion steht noch aus.

    ++ Lesen Sie hier die Antwort von Ulms OB Gunter Czisch auf die Einladung zur Teilnahme an der Corona-Demo (Plus +) ++

    Ulmer Polizei bereitet sich auf die Corona-Demo in Ulm vor

    Die Ulmer Polizei bereitet sich nach eigenen Angaben auf die Veranstaltung vor - "wie auf alle Demonstrationen", sagt der Ulmer Polizeisprecher Wolfgang Jürgens. Man arbeite eng mit der Versammlungsbehörde der Stadt Ulm zusammen und bewerte dann, welche Maßnahmen getroffen werden müssten, um die Sicherheit gewährleisten zu können. "Wir befinden uns jetzt noch in der Vorbereitungsphase", so Jürgens. Angaben zum Umfang des Einsatzes - wie beispielsweise die Anzahl der Polizisten - könne er aber aus taktischen Gründen ohnehin nicht machen.

    Dass es ähnlich wie in Berlin oder München zu Einsätzen der Polizei kommen könnte, glaubt Haintz hingegen nicht. "Die Ulmer Polizei arbeitet ein bisschen anders als beispielsweise die Polizei in München. Mit den Ulmern kommen wir eigentlich gut zurecht." Die zu erwartenden Auflagen wie Abstände einhalten und Ordner stellen seien daher im Vergleich dazu "nichts Dramatisches".

    Ordnungsamtsleiter Türke kündigt jedoch genaue Beobachtungen an. "Wenn es zu Verstößen kommt, dann schreiten wir ein", sagt er und gibt aber gleichzeitig zu bedenken: "Ulm ist nicht München und Ulm ist nicht Berlin. Bislang hat es funktioniert. Wenn es nicht funktioniert, werden wir durchschreiten."

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