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Konzert: Musikalischer Familienbetrieb

Konzert

Musikalischer Familienbetrieb

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    Sechs Geschwister Well – von insgesamt 15: Die Familienband(e) aus Oberbayern rückte in Neu-Ulm mit einem Arsenal von Instrumenten an.
    Sechs Geschwister Well – von insgesamt 15: Die Familienband(e) aus Oberbayern rückte in Neu-Ulm mit einem Arsenal von Instrumenten an. Foto: Andreas Brücken

    Musizierende Geschwister gibt es auf der ganzen Welt: Die USA hatten die Jackson Five, die Iren können auf The Corrs stolz sein. Doch in Bayern toppen die Geschwister Well alles, was es als musikalisches Familienunternehmen zu hören gibt – zahlenmäßig. Jetzt kamen die Geschwister Burgi, Bärbi und Moni von den Wellküren sowie Stofferl und Michael von der Biermösl Blosn mit Bruder Karli zum ersten Mal gemeinsam nach Neu-Ulm. Schließlich hätten ihnen die Brüder schon immer von der „wunderschönen Stadt an der Donau“ vorgeschwärmt, wie sich Moni Well erinnert: „Des is so schee in Neu-Ulm, da kannst Ulm glei vergessen.“ Sie hätten an diesem Abend auch gar nicht gewusst, was sie sonst noch hätten machen sollen: „Meinen Mann brauch i net schon wieder anschauen, davon wird der auch nicht hübscher ...“ Und so erfuhren die rund 650 Konzertbesucher im Edwin-Scharff-Haus noch viel mehr über das Familienleben der Wells. Insgesamt 15 Kinder wuchsen in deren Elternhaus in Günzelhofen bei Fürstenfeldbruck auf. „Fein sein, beieinander bleibn“ lautet der Titel des ersten gemeinsamen Programms der Well Geschwister.

    Fast jedes Zieh-, Zupf-, und Blasinstrument kommt in diesem (volks)musikalischen Familienbetrieb zum Einsatz. Damit beweist das schräge Sextett, dass man „Die lustigen Holzhackerbuam“ auf dem Dudelsack oder den AC/DC-Rockhammer „Highway to Hell“ auch auf dem Hackbrett interpretieren kann – und zwar nicht mittelmäßig, sondern in absoluter Perfektion. Allen voran Christoph „Stofferl“ Well. Der einzige aus der Familie der übrigens eine professionelle Musikausbildung genossen hat. Bei so viel musikalischer Harmonie haben sich die Geschwister offensichtlich entschlossen, die langjährig schwelenden Konflikte in der Familie immer wieder ins Programm einfließen zu lassen. Und wie so oft lassen die Wellküren und die Biermösln die Grenzen zwischen Spaß und Ernst ineinander verfließen. So zieht sich ein tragischer Vorfall, bei dem der Stofferl als kleiner Bub angeblich mit einem Schürhaken schwer verletzt worden sein soll, wie ein roter Faden durch das Programm: Ob aus Neid, Gier oder Zufall geschehen, bleibt jedoch bis zum Schluss ungeklärt, denn jedes Familienmitglied will das Geschehen anders beobachtet haben. Am Ende führt die Angelegenheit zu einer musikalischen Auseinandersetzung. Die Geschwister lassen das Saxofon schnattern, die Tuba motzen und das Akkordeon meckern.

    Ohne Hemmungen experimentieren die Geschwister schon seit fast 50 Jahren am musikalischen Erbgut der Volksmusik herum. Immer wieder mit verblüffenden Ergebnissen, die sich von den kommerziellen Standards des Showgeschäfts abheben. Schonungslos sind dabei auch die Texte der oberbayerischen Truppe. Tief blicken die Geschwister in die Abgründe der bajuwarischen Seele und lassen deren Glanz ermatten, wenn sie in ihren Gstanzln etwa von der berühmten „Liberalitas Bavariae“ sprechen. Denn das bedeute, dass sich in Bayern jede Minderheit an die Meinung der CSU anschließen dürfe. Stolz dürften die Bayern auch darauf sein, die besten Autobauer der Welt zu haben: „BMW, Audi und die Haderthauer.“

    So bleiben die Well-Geschwister auch im geballten Familienverbund Enfants Terribles der Volksmusik, die den moderigen Patriotismus aufrühren und dessen Bodensatz mit viel Humor abfischen.

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