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Komödie: Offenbach in der Kantinenfassung

Komödie

Offenbach in der Kantinenfassung

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    Tini Prüfert bürstet in Offenbachs „Salon“ genüsslich gegen den Strich.
    Tini Prüfert bürstet in Offenbachs „Salon“ genüsslich gegen den Strich. Foto: Foto: flx

    Oberfahlheim Es war die Idee des Griechen Thespis, das Theater auf einen Karren zu packen und zu seinem Publikum reisen zu lassen; diese Idee funktioniert noch immer und erfreute sich im

    Benjamin Künzel brachte den ohnehin mit vielen Spitzen gegen Oper und Opernfreunde ausgestatteten Einakter in eine raffiniert gekürzte „Kantinenfassung in deutscher Sprache“. Diese Fassung entzückte schon in der Kantine des Theater Ulm als quirliger Uptempo-Spaß mit direktem Publikumskontakt; diese Direktheit verdichtete sich im Gasthaus „Krone“ in Oberfahlheim noch weiter – und sorgte für strapazierte Lachmuskeln. Die Geschichte ist ein operettenhafter Seitenhieb auf jene Aufsteiger, die sich am Strohhalm der Kunst aufrichten wollen. So eine Figur ist Herr Pitzelberger (Fabian Gröver), dessen schäbiges Vorstadtlokal sich zum mondänen Salon für die Hautevolee verwandeln soll. Darum hat er die drei Operngrößen Callas, Bocelli und de Basini eingeladen, die zufälligerweise gemeinsam „an der Donau entlangreisen“.

    Zu dumm nur, dass zur Eröffnung des Salon „Pitzelberschä“ kein einziger Opernsänger kommt. Doch der cholerische Salonbesitzer hat Glück im Unglück: Seine Tochter (Tini Prüfert) und ihr heimlicher Galan Kasimir (Volkram Ziesche) haben die rettende Idee, die Opernstars einfach selbst darzustellen. Wie schwierig kann das sein, denn „einfach laut Bum Bum Bum schreien, mehr braucht ein guter italienischer Tenor nicht!“ Kasimir als „Pedro, der lyrische Sprengmeister mit der Zaubergitarre“ bürstet Operettenselbstherrlichkeit genüsslich gegen den Strich. Für die verfressenen Premierengäste Herrn und Frau Krauthofer (herrlich selbstironisch: die Offenbach-erprobten Sänger Katharina Peters und Thomas Schön) reicht das. Mit vollem Mund stellen sie nach der „Maccaroni-Spaghetti“-Arie begeistert fest „Genau so klingt ein Italiener!“

    In wilder Jagd geht es über Tische und Stühle, wird die Offenbachiade mit ungebremster Situationskomik auf wenigen freien Quadratmetern zwischen voll besetzten Restauranttischen ausgetragen. Manch einem stehen Lachtränen in den Augen, wenn Sibylle Schleicher als herrlich unbedarftes Hausfaktotum „Brösel“ die naiven Pläne ihres Chefs Herrn Pitzelberger durchkreuzt. Tini Prüfert als höheres Töchterlein auf Internats-Urlaub gibt eine herrlich durchtriebene Mischung aus Unschuld-vom-Lande und blondem Vamp ab; im Schlaghosenlook und mit gewaltiger Perücke (Kostüme: Britta Lammers) persifliert Volkram Ziesche mit aufreizendem Tenor neben der Operette auch gleich den ganzen Popbetrieb der 1970er Jahre von Abba bis Jimi Hendrix.

    Fast könnte man in diesem bunten Treiben Benjamin Künzel am Klavier übersehen, der am leicht verstimmten Instrument für den letzten musikalischen Feinschliff sorgt. Die Persiflage, die Offenbach mit seinem Werk offensichtlich anstrebte, ist durch diese Inszenierung aufs Glücklichste umgesetzt: viele Bravos bei einer perfekt abgestimmten Mischung aus Klamauk und Komik, Satire und Operettenklängen.

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