Vor zwei Wochen habe ich an dieser Stelle über Schutzmasken geschrieben, darüber, dass sie im Sommer lästig sein können, und darüber, dass sie dennoch in der Corona-Krise einen wichtigen Schutz bieten. Dieser Kommentar blieb nicht lange unbeantwortet, schon in der Woche darauf bekam ich einen langen Brief von einem Unternehmer aus dem Landkreis. Er kritisierte meine Argumentation und warf mir vor, ich hätte nicht richtig recherchiert, weil die Masken nichts bringen. Ich hätte Ängste geschürt und falsche Hoffnungen geweckt.
Nach langen E-Mails kam die Einladung zu einem Gespräch beim Mittagessen
Das liest man nicht gerne über sich. Ich habe dem Mann dennoch in einem ebenso langen Brief geantwortet, habe mit Äußerungen des TÜV Süd und des Robert-Koch-Instituts über den Wert von Schutzmasken dagegengehalten. Nachdem der Mann geschrieben hatte, er liebe Demokratie und Diskussion, er schätze und akzeptiere andere Meinungen, antwortete ich ihm: „Somit gehe ich davon aus, dass Sie unterm Strich meine Meinung vielleicht nicht schätzen, aber immerhin akzeptieren.“ Ich bekam noch am selben Abend Antwort, in der stand, der Unternehmer habe sich sehr gefreut, dass ich ihm so schnell und ausführlich geantwortet habe, und er lud mich zu einem persönlichen Gespräch ein. Wir trafen uns diese Woche zum Mittagessen, redeten über Einschränkungen der Freiheitsrechte, über das, was all das mit unserem Zusammenleben macht. Wir waren uns nur in wenigen Punkten einigermaßen einig, etwa dass Medien tatsächlich öfter die Einschränkungen kritisch hinterfragen müssten. Wir werden uns nächste Woche wieder treffen.
Man muss mit dem Andersdenkenden auch reden wollen
Warum ich das erzähle? Diskussionen auch in diesen aufgewühlten Zeiten sind möglich, wenn beide Seiten es tatsächlich wollen. Wenn aber bei Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen Medien-Berichterstatter einfach nur beschimpft werden, weil sie Journalisten sind oder eine Maske tragen, dann gibt es keine Basis für eine vernünftige Auseinandersetzung. Kürzlich hat der Kabarettist Florian Schroeder auf einer „Querdenkerdemo“ in Stuttgart gesprochen und dabei Verschwörungsgläubigen und denjenigen, die uns in einer Corona-Diktatur wähnen, klar gesagt, dass sie falsch liegen. Wer sich so vehement für Meinungsfreiheit einsetze wie die Demonstranten, müsse jemanden wie ihn aushalten. Sie haben es nicht ausgehalten und laut gebuht. Nein, wir leben nicht in einem Staat, der die Meinungsfreiheit unterdrückt. Man muss mit dem Andersdenkenden allerdings auch reden wollen.
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