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Im Gespräch: Werner Schneider gegen Thailand 1:0

Im Gespräch

Werner Schneider gegen Thailand 1:0

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    Werner Schneider gegen Thailand 1:0
    Werner Schneider gegen Thailand 1:0

    Neu-Ulm „Es war ein Volltreffer, der absolute Blattschuss, es kamen Interviewwünsche aus der ganzen Welt“, freut sich Werner Schneider über seinen größten Coup – gemeint ist „die Sache mit dem Prinzen-Flieger“. Im Juli hatte der

    Schneider ist mit der Aktion endgültig zur Legende unter den Insolvenzverwaltern geworden, einer Zunft, die – das weiß er – nicht den besten Ruf genießt. Doch nicht als Abwickler oder gar Totengräber von Unternehmen sieht er sich, sondern als „Firmenchef auf Zeit“. Möglichst viele Arbeitsplätze erhalten, und den Gläubigern zu möglichst viel von ihrem Geld zu verhelfen, das seien seine Ziele. Ohne Erfahrung, Fingerspitzengefühl und gute Kontakte in Wirtschaft und Politik gehe das nicht. „Zu Weihnachten bekomme ich viel Post von Betriebsräten, die nicht vergessen haben, wem sie ihre Arbeitsplätze letztlich verdanken.“ Die Umstrukturierungen des Bobinger Faserspezialisten Trevira und des Augsburger Anlagenbauers Böwe nennt er als größte Erfolge. Der Fall, der ihm weltweite Aufmerksamkeit eingebracht hat, ist noch nicht abgeschlossen: 2005 geriet die Augsburger Walter Bau AG in Not. 200 Millionen Euro fehlten. Werner Schneider wurde zum Insolvenzverwalter bestimmt.

    Komplizierte Affäre um eine Maut-Autobahn

    In den Firmenunterlagen stieß er auf die „komplizierte Geschichte“ mit der Maut-Autobahn vom Flughafen in die Innenstadt von Bangkok. Am Bau der Strecke war neben anderen internationalen und thailändischen Unternehmen auch Walter beteiligt. Die Baukosten sollten sich durch die Mautgebühren tragen. Doch das Projekt wurde zum Zankapfel in der thailändischen Politik. Aus Angst vor dem Verlust von Wählergunst baute die Regierung nach Schneiders Darstellung mit Staatsgeldern eine neue, kostenlose Strecke. So blieben die Investoren, darunter Walter, auf den Kosten sitzen, mit den erhofften Profiten wurde es nichts. Schneider sah in der Angelegenheit einen Bruch geltender Handelsabkommen und rechnete für Walter Bau einen Schaden von 110 Millionen Euro aus. Auf diese Summe verklagte der Neu-Ulmer den thailändischen Staat, der zunächst allerdings jegliche Ansprüche zurückwies. Doch ein internationales Schiedsgericht in Genf gab Schneider recht, bezifferte dessen Ansprüche aber auf lediglich 29 Millionen Euro. Durch Zinsen sind daraus inzwischen 39 Millionen Euro geworden. Allein, als das Urteil rechtskräftig wurde, machte Thailand keinerlei Anstalten, das Geld zu überweisen. Zahlreiche Treffen fanden statt, in

    Schon den Libanon zwang der Neu-Ulmer zur Zahlung

    Irgendwann war die Geduld Schneiders am Ende. Er erinnerte sich daran, wie er einige Jahre zuvor einen anderen Staat zum Einlenken gezwungen hatte: Auch der Libanon hatte Walter Bau Geld geschuldet. Insolvenzverwalter Schneider verlieh seiner Forderung Nachdruck, indem er eine Maschine der staatlichen Fluggesellschaft auf dem Istanbuler Flughafen pfänden ließ. Der Libanon zahlte. Schneider ist voll des Lobes für die türkische Justiz, die den Pfändungsbeschluss ausstellte. Doch die thailändische Fluggesellschaft fliegt nicht in die Türkei und nicht in jedem Land ist ein entsprechender Richterspruch zu bekommen. In Deutschland etwa stellte sich die Justiz quer, weil die Thai Airways sich nicht vollständig in Staatsbesitz befinden.

    Schneider verhandelte mit griechischen Gerichten, doch vielversprechende Ansätze verliefen im Sand, als das Land von schweren Unruhen erschüttert wurde. „Dann hörte ich, dass der thailändische Thronfolger mit einer Boeing der königlichen Luftwaffe in München erwartet wurde. Für mich war klar, dass sich dieses Flugzeug hundertprozentig in Staatsbesitz befinden muss“, erzählt der Insolvenzverwalter. Doch das Landgericht

    Das Geld liegt einstweilen auf einem Treuhandkonto, Schneider ist sich sicher, dass er es bald unter den Walter-Gläubigern verteilen kann. „Thailand greift jetzt das Urteil des Genfers Schiedsgerichts an, doch ich gehe fest davon aus, dass unser Anspruch Bestand hat.“

    „Das ist kein Rechtsstaat“

    Dass er aufgrund der Affäre inzwischen zur unerwünschten Person in Thailand erklärt worden ist, stört ihn nicht. Einen Urlaub in dem asiatischen Land sei ganz sicher nicht geplant. „Ich habe keine Lust, dass in meinem Koffer ein Kilo Heroin auftaucht. Die Affäre hat gezeigt, dass Thailand kein Rechtsstaat ist, die Regierung nimmt Einfluss auf Polizei und Justiz. Wir hier in Deutschland machen uns viel zu selten bewusst, welch hohes Gut doch die Gewaltenteilung ist.“

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