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Holzheim: Römer sucht man bei Neuhausen vergebens

Holzheim

Römer sucht man bei Neuhausen vergebens

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    Der runde Turm bei Neuhausen sieht geradezu malerisch aus. Die Bezeichnung „Römerturm“ führt jedoch in die Irre, was den Ursprung angeht.
    Der runde Turm bei Neuhausen sieht geradezu malerisch aus. Die Bezeichnung „Römerturm“ führt jedoch in die Irre, was den Ursprung angeht. Foto: Ralph Manhalter

    Der Spaziergänger staunt, der Archäologe wird hellhörig und der Romantiker gerät ins Schwärmen: Geradezu malerisch sieht er aus, der runde, steinerne Turm, welcher sich am besten im Spätherbst oder Winter betrachten lässt, wenn das Laub der umgebenden Bäume das Mauerwerk nicht versteckt. Erkundigt man sich im nahen Dorf Neuhausen, wird stets der Name „Römerturm“ genannt.

    Manch einer weiß noch von einer abgegangenen Burganlage zu berichten. Nun führte die antike „Donausüdstraße“ zwar ganz in der Nähe vorbei, verband auf schnurgeradem Weg die Kastelle in Unterkirchberg und Günzburg, von oberirdischen und gar so gut erhaltenen Relikten ist jedoch nichts bekannt. Hinzu kommt, dass die römischen Burgi (Kastell- und Wachtürme) einen rechteckigen Grundriss aufweisen, niemals einen runden. Was hat es aber denn nun auf sich mit diesem merkwürdigen Gemäuer auf einer kleinen Anhöhe nahe Neuhausen?

    Eine Urkunde von 1251 gibt Hinweise

    Die Spurensuche endet im Hochmittelalter, genau genommen im Jahr 1251. Dies ist der Zeitpunkt, zu welchem auch der dazugehörige Ort eine erste Erwähnung findet. Als Ausstellungsort einer Urkunde ist vermerkt: „novo castro comitis Ottonis“. Dies bedeutet nicht weniger als die neue Burg (oder eben das neue Haus) des Grafen Otto. Gemeint ist hier Otto von Kirchberg, dessen Besitztum sich beiderseits der Iller erstreckte. Warum neue Burg? Der (alte) Vorgängerbau im nur einen Kilometer entfernten Holzheim wurde aus bislang unbekannten Gründen aufgegeben.

    Nun hatten die Kirchberger mit der Weitergabe ihres Erbes nicht immer Glück: 1298 erlosch die Seitenlinie Kirchberg-Brandenburg. Aber anstatt eine familieninterne Regelung treffen zu können, konfiszierten aus politischen Gründen kurzerhand die Habsburger die vakante Herrschaft. Dies mag ein wesentlicher Grund für die Übereignung des Neuhauser/Holzheimer/ Pfaffenhofer Gebietes an den Augsburger Bischof gewesen sein. Da sie umgehend ihre eigenen Territorien wieder als Lehen zurückerhielten, wähnten sich die Kirchberger in Rechtssicherheit. Allerdings kaufte im Jahr 1338 der Ulmer Ammann Konrad von Weißenhorn – interessanterweise ein illegitimer Spross des letzten Neuffen, des bedeutenden Grafen Berthold – die Burg Neuhausen. Auch in den folgenden Jahren glich das Schicksal des Ansitzes einem Wanderpokal. Bis 1743 wechselten sich verschiedene Ulmer Patrizierfamilien als Eigentümer ab. Vor allem in den Händen der Ehinger befand sich das zum Schlösschen umgebaute Anwesen des Öfteren. Kurzfristiger Besitz stellte gerade im ausgehenden Mittelalter im städtischen, patrizialen Umfeld eine gängige Methode der Wertanlage dar, ähnlich den heutigen Investitionen in Immobilien.

    Warum der Turm heute so bezeichnet wird, ist unklar

    Die heute noch sichtbaren Überreste dürften allem Anschein nach Teil jener Burg gewesen sein, welche um das Jahr 1480 umgebaut oder gar neu errichtet wurde. Dies dokumentiert ein detailgetreues Gemälde, das heute in der Neithartkapelle des Ulmer Münsters zu bewundern ist. Der letzte grundherrliche Besitzer war die Kartause Buxheim, die das Gebäude 1746 erwarb. Aber schon zehn Jahre später fiel das Anwesen einem Brand zum Opfer und wurde in der Folge nicht wieder aufgebaut. Im Gegenteil: Bauern aus den umliegenden Dörfern bedienten sich des Baumaterials, galten doch Steine in der hiesigen Lehm- und Schotterlandschaft als rar und daher extrem teuer.

    Es wäre heute nichts mehr von der einstigen Burg sichtbar, wenn nicht zu Beginn des 19. Jahrhunderts der Holzheimer Pfarrer Kerker die kümmerlichen Reste, die kaum noch aus mehr als einem Turm bestanden, von einem Neuhauser Bauern käuflich erworben hätte. Sich der Bedeutung dieses historischen Erbes bewusst, schenkte der Geistliche die Ruine dem Historischen Verein von Schwaben und Neuburg, der daraufhin mit der Konservierung des Mauerwerks begann.

    Weshalb sich letztendlich die Bezeichnung „Römerturm“ etabliert hat, ist nicht mehr nachzuvollziehen. Möglicherweise entsprang dieser Name ja der Fantasie eines Besuchers aus dem nahegelegenen, beliebten Biergarten. Wahrscheinlicher ist es aber wohl, dass die Benennung die Folge einer laiengeschichtlichen Interpretation war. Vielleicht war es auch ganz anders... Nur eines ist sicher: Ins Licht der Geschichte tritt die Burg erst gut 800 Jahre nach Abzug der Römer.

    Mehr Geschichten aus der jüngeren Vergangenheit von Holzheim und Neuhausen lesen Sie hier: Entspannung und Inspiration finden auf dem Leibipfad und Der „Promilleweg“ soll eine Beleuchtung bekommen.

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