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Herrlingen: Ein Jahr Theaterei: Ihr Traum hat 120 Sitzplätze

Herrlingen

Ein Jahr Theaterei: Ihr Traum hat 120 Sitzplätze

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    Normalerweise sitzt Edith Ehrhardt nicht allein im Zuschauerraum der Theaterei Herrlingen. Die Direktorin ist mit dem Besucherzuspruch in ihrem ersten Jahr mehr als zufrieden.
    Normalerweise sitzt Edith Ehrhardt nicht allein im Zuschauerraum der Theaterei Herrlingen. Die Direktorin ist mit dem Besucherzuspruch in ihrem ersten Jahr mehr als zufrieden. Foto: Alexander Kaya

    Fast jeder Stuhl in der Garderobe der Theaterei ist schon zu Bühnenehren gekommen. Der Bürosessel, erklärt Direktorin Edith Ehrhardt, gehört zum Loriot-Abend, die weiße Sitzbank zu „Altes Land“. Es geht eng zu in dem kleinen Theater über dem Gasthof Rössle in Herrlingen, da wird jeder Quadratmeter als Lagerfläche gebraucht. Seit einem Jahr gebietet die 44-jährige Ehrhardt über dieses kleine Reich – und ist glücklich über das, was sie schon erreicht hat: „Was ich mir erträumt habe, ist eingetroffen.“

    Ende Januar 2018 hatte Wolfgang Schukraft, Gründer und mehr als 30 Jahre lang „Prinzipal“ der Theaterei, sein Baby in die Hände der Regisseurin, Dramaturgin und Autorin Ehrhardt übergeben. Und die legte gleich los: Fünf Stücke für Erwachsene und eines für Kinder inszenierte sie in den ersten zwölf Monaten, ein Riesenpensum. Aber die Arbeit hat sich gelohnt. Die Auslastung liege bei 60 bis 65 Prozent, sagt die Direktorin, „das ist gut“. Bei „Altes Land“, nach dem Bestseller von Dörte Hansen, sitzen auch nach einem Jahr immer 80 bis 90 Zuschauer in dem 120 Personen fassenden Saal. „Das Stück ist ein Glücksgriff“, schwärmt Ehrhardt. Und das Loriot-Programm „Das Frühstücksei“ sei – auch für sie selbst überraschend – auch bei jüngeren Zuschauern beliebt.

    Den Lorbeer für diese Erfolge will sich Ehrhardt, die von 1999 bis 2003 Regieassistentin am Theater Ulm war und dort ihren Ehemann kennenlernte, aber nicht selbst aufsetzen, sondern ihren Darstellern, die Großartiges leisteten. Ganz so, wie es die Chefin erhofft hatte. Denn Ehrhardts Ziel ist es, dem Publikum „bestes Schauspieltheater“ zu präsentieren, professionell und mit Herzblut. Wenn die Qualität stimmt, funktioniere das auch, ist sich die 44-Jährige sicher. Sie habe das Gefühl, dass nicht nur viele alte Theaterei-Freunde weiterhin zu den Vorstellungen kämen, sondern auch neues Publikum. Auch die Sonntagsmatineen zögen immer mehr Menschen an.

    Das Theaterei-Zelt am Bad Blau gibt es 2019 nicht mehr

    Ganz reibungslos verlief das erste Jahr als Theaterchefin aber – natürlich – nicht. Ehrhardt gibt das gerne zu. Die dritte Premiere „Eine Sommernacht“ sei leider etwas untergegangen. Was auch an den Vorstellungsterminen lag. „Wenn Oster- und Pfingstferien sind, braucht man hier kein Theater zu spielen“, hat die Direktorin gelernt. Auch das Zwei-Personen-Stück „Das Original“ habe im Theaterei-Zelt am Bad Blau nicht so funktioniert wie erwünscht. Spektakeltheater im Zirkuszelt, das sei einfach nicht ihr Ding, sagt Ehrhardt, und sie habe unterschätzt, wie viel Arbeit ein zweiter Spielort bedeute. Deswegen hat sie das Kapitel beendet: Das Zelt wurde im Herbst verkauft, innerhalb von 24 Stunden war es komplett abgebaut.

    Also Schluss mit Sommertheater für die Theaterei? Nein, betont die Direktorin. Aber sie habe andere Ideen, die ab 2020 Realität werden könnten. Die Stadt Blaustein habe schon gefragt, ob sie sich eine Bühne an der Villa Lindenhof vorstellen könne. Ehrhardt selbst liebäugelt mit dem Schloss Klingenstein – und dem Hof hinter dem Rössle. Dort steht auch das baufällige alte Brauhaus, das mit seinen hohen Fenstern fast wie eine Kirche wirkt. Würde man es herrichten, es wäre eine tolle Spielstätte, sagt die Theatermacherin. Aber das sind Visionen – und die Theaterei alleine könnte so ein Projekt nicht stemmen. Obwohl die Bühne nicht nur von Land, Kreis und Stadt gefördert wird, sondern auch viele Unterstützer hat. 2018, so Ehrhardt, seien mehr als 20000 Euro an Spenden zusammengekommen. „Das ist enorm.“

    Die nähere Zukunft bringt erst einmal eine weitere Premiere: Die Komödie „Hamlet for you“ (16. März), in der erstmals der Ehemann der Direktorin, Frank Ehrhardt, mitwirkt. Der Schauspieler, lange Jahre an der Württembergischen Landesbühne Esslingen engagiert, unterstützt seine Frau auch sonst im Betrieb. Die Theaterei wird immer mehr zum Familienunternehmen. Im September sind die Ehrhardts von

    Edith Ehrhardt muss sich nun nicht mehr um Dinge wie Flyerverteilung oder Heizöleinkauf kümmern, für sie eine große Erleichterung. Sechs eigene Inszenierungen in einem Jahr müssen es in Zukunft aber trotzdem nicht sein. Sie muss schließlich auch ein Theater führen. So ein Traum macht viel Arbeit.

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