Eine Frau ist auf der Eisenbahnbrücke in Neu-Ulm unterwegs, da fällt ihr das Handy aus der Hand und landet in der Donau. Die 31-Jährige steigt ihrem Telefon hinterher ins Wasser – zu diesem Zeitpunkt ist es kurz nach Mitternacht in der Nacht von Freitag auf Samstag. Die Frau versucht, im Fluss nach dem verloren gegangenen Gerät zu tauchen. Kurz bevor sie um einen Pfeiler der Brücke schwimmt, ist sie noch zu sehen, doch danach ist sie plötzlich verschwunden, verschluckt von der Nacht. Es wird eineinhalb Tage dauern, bis sie wohlbehalten wieder auftaucht.
Was genau in dieser Nacht und den Stunden danach passiert ist, ist noch immer ein wenig rätselhaft. Klar ist, dass die Person, die die Polizei alarmiert und über den gedankenlosen Sprung in die Donau informiert hat, an dem Abend mit der 31-Jährigen unterwegs war. Deswegen wusste die Polizei schnell, um wen es sich bei der Vermissten handelt. Diese hatte zudem ihre Kleidung ausgezogen und sie mitsamt einiger Dokumente liegen gelassen, bevor sie im Badeanzug in die Donau stieg, sagte ein Sprecher des Polizeipräsidiums Schwaben Süd/West in Kempten auf Nachfrage unserer Redaktion.
Dank des schnellen Notrufs konnten Polizei und Rettungskräfte auch sofort loslegen: Noch in der Nacht starteten sie eine groß angelegte Suchaktion. Auch Samstagfrüh kämmten die Helfer nochmals alles durch, Polizeistreifen sahen sich in der Stadt um. Am Sonntagmittag hatten die Einsatzkräfte aus verschiedenen Bereichen damit ein arbeitsreiches Wochenende hinter sich – aber eines mit positivem Ausgang: Der Frau geht es gut.
Die Aufklärung ist einem weiteren Zeugen zu verdanken, der sich wenige Stunden zuvor bei der Polizei gemeldet hatte. Er teilte den Einsatzkräften mit, wo sich die Frau zu diesem Zeitpunkt aufhielt. Dort fanden die Ermittler die gesuchte 31-Jährige. Wo das war, sagte die Polizei nicht.
Der Vorfall wirkt insgesamt etwas merkwürdig: Warum ging die Frau nicht zu ihrem oder ihrer wartenden Bekannten zurück, nachdem sie aus der Donau gestiegen war? Ungeklärt blieb etwa auch die Frage, warum die Vermisste sich über einen Zeitraum von etwa eineinhalb Tagen nicht gemeldet hatte. Kann es tatsächlich sein, dass die Frau nichts von dem Rummel um ihre Person mitbekam? Ihr Handy zumindest hat sie nicht mehr, das liegt offenbar noch immer auf dem Grund der Donau.
Wo auch immer sie sich aufhielt, ob bei Freunden oder Verwandten – wussten diejenigen nichts von der Suche, die deutschlandweit in den Medien thematisiert wurde? Zumindest einige Verwandte hatten Kenntnis vom Verschwinden der 31-Jährigen. Die Polizei hatte einige Bekannte und Freunde über soziale Medien ausfindig gemacht und versucht, sie zu kontaktieren, wie es übliches Muster bei Vermisstenfällen ist. Man müsse in solchen Fällen jedem Hinweis nachgehen, sagte ein Sprecher des Präsidiums. „Manchmal vergessen Vermisste auch, sich wieder zurückzumelden.“
Man werfe der 31-Jährigen nicht vor, dass sie mutwillig so gehandelt habe – zumindest am Anfang. Die zuständige Abteilung im Polizeipräsidium Schwaben Süd/West in Kempten prüfe aber routinemäßig, ob die junge Frau die Kosten des Einsatzes zahlen muss.
Diese dürften erheblich sein. Denn der Aufwand, den die Rettungskräfte betrieben haben, um die Frau zu finden, war gewaltig: Feuerwehr Neu-Ulm, Wasserwacht, Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft, Technisches Hilfswerk und der Rettungsdienst waren im Einsatz. Mit Booten, Sonargeräten und Tauchern wurde nach der Frau in der Donau gesucht. Zudem waren ein Hubschrauber und Streifen der Ulmer und Neu-Ulmer Polizei sowie Hundeführer an der Suche beteiligt.
Bis zuletzt habe ein Unfall mit tragischem Ende schließlich nicht ausgeschlossen werden können, sagte der Sprecher.
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