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Gericht: Träne im Auge des Rockers

Gericht

Träne im Auge des Rockers

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    „Hüte Dich vor dem Hund“ ist einer der Leitsprüche der Black Jackets, die zudem die Bulldogge als ihr Wappentier wählten.
    „Hüte Dich vor dem Hund“ ist einer der Leitsprüche der Black Jackets, die zudem die Bulldogge als ihr Wappentier wählten. Foto: Anita Maric/dpa

    Ulm Mit einem überraschend milden Urteil endete gestern der Black-Jacket-Prozess gegen zwei Rocker-Anführer des Chapters (Club) Dornstadt. Wegen versuchter räuberischer Erpressung, Körperverletzung und eines Verstoßes gegen das Waffengesetz kam der Klubpräsident mit einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und neun Monaten davon, während sein Stellvertreter freigesprochen wurde.

    Damit ging nach viertägiger Verhandlung ein Prozess zu Ende, der hohe Wellen geschlagen hat und unter verschärften Sicherheitsmaßnahmen stattfand. Vorsitzender Richter Gerd Gugenhan sah nach einer umfangreichen Beweisaufnahme alle Anklagepunkte bestätigt, kam nur zu einem anderen Strafmaß als die Staatsanwältin, die für den Präsidenten eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten und für den Vizepräsidenten eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten gefordert hatte.

    2010 hatte der 31-jährige Mehmet T. in Dornstadt einen Ableger der bundesweit agierenden Black Jackets gegründet und in seinem nahen Umfeld in Lonsee, wo er wohnte, Mitglieder gesucht. Etwa 15 Männer traten dem Klub bei, dessen Motto „For ever Friends“ ist, darunter auch zwei Nachbarn des Präsidenten, die ebenso wie er aus der Türkei stammen. Die hatten sich unter der Mitgliedschaft Partys ohne Ende vorgestellt, die mit der Aufnahmegebühr und dem Monatsbeitrag von 50 Euro finanziert würden. Doch das Geld floss direkt an den Präsidenten und die zahlreichen Feste mussten aus der eigenen Tasche bezahlt werden. Das wurde den beiden befreundeten Neumitgliedern zu teuer, zumal sie ihre ganze Freizeit für den Klub opfern sollten. Eine dauerhafte Präsenzpflicht per Handy war eines der ungeschriebenen Gesetze der

    Die Austrittsgebühr wollten die Neulinge nicht zahlen

    Das wurde den Neulingen zu viel, zumal die Familienverpflichtungen und die Beziehung zu den Freundinnen darunter litten. So teilten sie im Sommer letzten Jahres bei einer der vielen Partys im Dornstadter Jugendhaus dem Präsidenten mit, dass sie die Mitgliedschaft kündigten. Der verlangte daraufhin eine sogenannte Austrittsgebühr von 2700 beziehungsweise 500 Euro.

    Da die beiden nicht zahlen wollten, wurden sie in der Folge massiv bedroht, was darin gipfelte, dass einer von ihnen zu einem abgelegenen Grillplatz gelockt und so heftig verprügelt wurde, dass er sich zwei Rippen brach. Nicht auszudenken, was geschehen wäre, wenn der mit anwesende Vizepräsident nicht seinen Boss von seinem am Boden liegenden Opfer weggerissen und den Verletzten zu seinem Auto gebracht hätte. Doch nicht diese Tat war ausschlaggebend für den Beschluss, zur Polizei zu gehen. Auch der Freund wollte die ständigen Bedrohungen geheim halten, obwohl vier Klub-Mitglieder in einer Nacht- und Nebelaktion sein

    Diese Bedrohung löste Todesangst bei den beiden aus und die blieb auch nach der Anzeige bestehen, als sie weiter bedroht wurden, um die Anzeige zurückzunehmen. Dabei schreckten die Black Jackets nicht davor zurück, beim Arbeitgeber eines der Opfer eine Entlassung wegen angeblichen Diebstahls zu fordern. Die Anwälte der beiden Angeklagten forderten für ihre Mandanten Freispruch. Sie hielten die Opfer für nicht glaubwürdig und wiesen auf einige Widersprüche in den Aussagen hin.

    „Woher sollen dann die Rippenbrüche kommen und welchen Sinn ergeben dann die Bedrohungen durch die SMS?“, konterte der Vorsitzende in seiner Urteilsbegründung. Gleichwohl sprach er den Vizepräsidenten frei, weil seine Beihilfe zwar durchaus denkbar gewesen, aber letztlich nicht bewiesen werden konnte.

    Das milde Urteil für den Hauptangeklagten begründete der Vorsitzende Richter mit der Tatsache, dass er nicht vorbestraft sei und in einem intakten sozialen Umfeld lebe. Das Gericht könne zwar nicht in die Zukunft schauen, aber es gehe davon aus, dass dieser Mann, der seit Jahren bei einer Firma beschäftigt ist, nicht rückfällig wird.

    Eine der Bewährungsauflagen ist, dass der Black-Jacket-Präsident jeglichen Kontakt mit seinen beiden Opfern meidet: Sei es persönlich, über SMS, Telefon oder über Dritte. Ansonsten wandert er sofort ins Gefängnis und muss die Reststrafe von einem Jahr und fünf Monaten nach Abzug von vier Monaten U-Haft abbüßen.

    Mit sichtbarer Erleichterung nahmen die beiden Angeklagten das Urteil auf und der hünenhafte Vizepräsident mit seinem markanten Gesicht hatte sogar Tränen in den Augen. Ein Freiheitsentzug hätte wohl die bürgerliche Existenz der beiden erheblich erschüttert. (bh)

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