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Neu-Ulm: Die Toten Hosen machen Wiley zur Südkurve

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Die Toten Hosen machen Wiley zur Südkurve

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    Einer, der die Massen begeistert: Campino, der Sänger der Toten Hosen. 20000 Menschen kamen auf das Neu-Ulmer Wileygelände um insbesondere die Düsseldorfer sowie Bad Religion, ZSK und „Wölli & Die Band des Jahres“ zu sehen.
    Einer, der die Massen begeistert: Campino, der Sänger der Toten Hosen. 20000 Menschen kamen auf das Neu-Ulmer Wileygelände um insbesondere die Düsseldorfer sowie Bad Religion, ZSK und „Wölli & Die Band des Jahres“ zu sehen. Foto: Kaya

    Andreas Frege – genannt Campino – hat seinen Ringelpullover längst ausgezogen, als er um 21.48 Uhr einen „historischen Moment“ ankündigt: „Es ist das erste Mal, dass wir Uli Hoeneß einen Song widmen.“ Der gebürtige Ulmer solle nicht unter seiner „Verarsche“ leiden müssen. Und dann erklingt „Steh auf, wenn Du am Boden bist.“ Hohn und Spott aus gefühltermaßen 20000 Kehlen für den „Würstle-Fabrikanten“.

    Die Toten Hosen wissen, wie sie die Massen auf ihre Seite bekommen. Und auch bei ihrem Open-Air-Auftritt im Neu-Ulmer Wiley Sportpark zeigte die fünfköpfige Band, warum die aktuelle Tour „Krach der Republik“ mit nach Veranstalterangaben einer Million verkauften Tickets für bisher 62 Termine als eine der größten Konzertreihen der Republik in die Geschichtsbücher eingehen wird.

    Konzerte der Toten Hosen sind Selbstläufer: Campino stimmt die ersten Töne an, den Rest besorgt das Publikum: Songs wie „Hier kommt Alex“, „Wünsch Dir was“ oder „Sascha“ sind fester Bestandteil deutschen Liedguts. Neue Stücke wie „Tage wie diese“ auf dem besten Weg dorthin. Die Show ist perfekt: Das messerscharfe Bild von drei meterhohen Bildschirmen lässt auch beim Bierholen (die Maß für satte zehn Euro) einen Blick auf den gestählten Oberkörper des 52-jährigen Frontmans zu.

    Die Toten Hosen werden übergroß als Videoclip inszeniert, farblich verfremdet und mit bewegten Bildern kombiniert. Bei „Schrei nach Liebe“ sind es Springerstiefel, die im Hintergrund der politischen Botschaft Ausdruck verleihen – ein Cover der Ärzte, denen ein bestens gelaunter Campino das Prädikat „drei Jungs mit Talent“ verleiht.

    Wiley Open Air: Eine Stimmung wie im Fußballstadion

    Vier Jahre nach der Open-Air-Premiere der Toten Hosen in Neu-Ulm enttäuschten die Düsseldorfer ihre immer größer werdende Fangemeinde bei der Rückkehr nicht. Dass der angekündigte Dauerregen ausbleibt, versetzt der Stimmung einen zusätzlichen Kick in Richtung Sommermärchen. Als um kurz vor elf der letzte Akkord von „You’ll Never Walk Alone“ verstummt, haben sie alle erreicht: Rentner, Junge, Fans der alten Punk-Zeit, Hannes-Wader-Anhänger, Mitgröhler und Skeptiker. Die Toten Hosen sind in ihrem Segment einfach gut.

    Ein Gassenhauer jagt den anderen – „Bonnie and Clyde“, „Paradies“, „Opel-Gang“, „Zehn kleine Jägermeister“. Der Wiley-Sportpark wird zum Fußballstadion inklusive Fanchöre und Fahnenschwingen. „Und immer wieder, sind es dieselben Lieder, die sich anfühlen, als würde die Zeit stillstehen“, singt Campino und trifft damit ins Herz von 20000 Menschen.

    „Bierzeltpunk“ nennen die Hosen-Hits etwas despektierlich jene Besucher, die eher wegen der Vorgruppe Bad Religion 46 Euro für das Ticket investierten. Eine Vereinigung der beiden Welten findet um kurz nach halb zehn statt, als die Punk-Rock-Band aus Los Angeles zusammen mit den Toten Hosen auf der Bühne „Should I Stay or Should I go “ zelebrieren. Allerdings ohne ihren Frontman Greg Graffin, der mit seiner Band vor den Toten Hosen eine Dreiviertelstunde zeigen darf, warum Bad Religion seit 30 Jahren Erfolg hat.

    Es ist die monotone, aber unverwechselbare Stimme, kombiniert mit treibenden Gitarrenriffs von Songs wie „American Jesus“, die Bad Religion längst einen Platz im Olymp des Rocks gesichert haben. Die wenigen Haare von Greg Graffin sind grau und in seinem schwarzen Poloshirt sieht er nicht nur aus wie ein promovierter Evolutionsbiologe – das Multitalent ist tatsächlich einer.

    Sachlich, fast kühl gibt er Songs wie „This is just a Punkrock-Song“ zum Besten, der Verzicht auf jegliche Rockstar-Posen ist aber gerade Markenzeichen einer Band, die damit in Neu-Ulm die Massen zum wilden Pogen brachte.

    Jung, wütend unangepasst – so wie die Toten Hosen früher – gibt sich die zweite Vorgruppe ZSK. Campino persönlich kam um 18.30 Uhr auf die Bühne, um „seine Freunde“ anzusagen. Eine Art Familienzusammenführung war auch die andere Vorband: Hinter „Wölli & Die Band des Jahres“ verbirgt sich Wolfgang Rohde, genannt Wölli, der von 1986 bis 1999 Schlagzeuger der Hosen war.

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