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Bruch und Verdrängung

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Bruch und Verdrängung

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    Gisela Montero i Garcia und Juliane Nawo in einer Tanzszene des "Ballet chanté" von Bertold Brecht nach der Musik von Kurt Weill. Foto: Jochen Klenk
    Gisela Montero i Garcia und Juliane Nawo in einer Tanzszene des "Ballet chanté" von Bertold Brecht nach der Musik von Kurt Weill. Foto: Jochen Klenk Foto: Jochen Klenk

    Manche Verbindung gibt es zwischen beiden Stücken inhaltlich wie musikalisch: In beiden Werken wird von den Protagonistinnen erwartet, sich der Erwartungshaltung von Instanzen zu beugen. Während Brechts Anna ihre Träume und Ideale verdrängt und sich in zwei Persönlichkeiten aufspaltet, um dem elterlichen Druck standhalten zu können, während sie sich im tatsächlichen und übertragenen Wortsinn verkauft, bricht Hindemiths Nonne Susanna radikal mit der sexualfeindlichen klösterlichen Erwartungshaltung und verweigert Reue und Buße, was letztlich für sie todbringend ist.

    Roberto Scafati setzt bewusst für Brechts Ballet chanté den weiblichen Teil seiner Compagnie ein, um Annas innere Auseinandersetzung zu symbolisieren, während er in Hindemiths Einakter (der bis zur Mitte der Siebziger nicht aufgeführt werden durfte) den männlichen Teil der Compagnie verführerisch, aber gefährlich nah am Rand des Abgrunds agieren lässt. Den Ausbruch der jungen Susanna gegen die klösterliche Leibfeindlichkeit und ihr obsessives sinnliches, auf den Gekreuzigten gerichtetes Begehren spiegelt Britta Lammers dunkles Bühnenbild mit den riesigen Orgelpfeifen im Hintergrund, während Oxana Arkaeva ihrer Kehle orgelähnliche, lang anhaltende Töne von faszinierender Klarheit entlockt.

    Ihre enorme musikalische Bandbreite zeigt Gillian Crichton in den "Sieben Todsünden", sie beherrscht auch den Brechtschen Duktus. Ob der Verfremdungseffekt in der Inszenierung allerdings so weit getrieben werden musste, dass der chinesische Bass Jie Mei das weibliche Oberhaupt von Annas Familie spielt, bleibt angesichts der nah am Tuntigen angesiedelten Optik fraglich. (Besprechung siehe auch überregionaler Teil. (köd)

    Infos auch im Internet unter

    www.theater.ulm.de

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