Posaunen, Trompeten, Blockflöten und Akkordeons zieren die Wände im neuen oder auch alten Ladenlokal des „Instrumentenstüble“ in Biberachzell. Inhaberin Karin Binder ist mit ihrem Geschäft aus der Weißenhorner Hauptstraße wieder aufs Dorf gezogen, auch wegen Corona. Diesen Schritt bereut sie nicht.
Von Weißenhorn nach Biberachzell: Eine gute Idee
„Ich bin hier total zufrieden“, sagt Karin Binder und sieht sich in ihrem rund 70 Quadratmeter großen Laden in der Bäckerbergstraße um. Im Juli hat sie die Räume in der Weißenhorner Innenstadt verlassen und ihren Laden wieder im Eigenheim, im 1000-Seelen-Ort Biberachzell, untergebracht. Dort hatte sie bereits 15 Jahre lang Instrumente, Noten und Musik-Zubehör verkauft, bevor sie ihr Geschäft in die Stadt verlegte.
Die Kunden kommen auch nach Biberachzell, berichtet Binder, „es sind sogar mehr als vorher, das hätte ich nie gedacht“. Immerhin ist der neue Standort gut etabliert – und viele Kunden fahren ohnehin gezielt zu ihr, zum Teil von weit her. Anders als in der Stadt hat sie jetzt Parkplätze direkt vor der Tür. Und das Stüble hat im Umkreis nur noch wenig Konkurrenz. „Der Musikalienhandel stirbt aus“, sagt Binder. In den vergangenen Jahren hätten immer mehr Händler schließen müssen. Kleine Geschäfte werden von großen Online-Anbietern verdrängt, die mit Billigware punkten. Sie hingegen setzt auf persönlichen Service statt Paketdienst: „Ein Instrument muss man ausprobieren, es muss einen ansprechen“, meint sie. Und das Testen passiert hier ausführlich. Nur Noten können sich die Musikanten in ihrem Onlineshop bestellen.
Sie ließ ein eigenes Akkordeon bauen
Wegen des Lockdowns musste sie ihre Kunden acht Wochen lang aussperren, danach lief es schleppend. Letztlich hätten mehrere Faktoren zu dem Entschluss geführt, aus der Hauptstraße wegzugehen, sagt Binder, für die aber klar war, dass sie den Laden weiterführen will. „Ich mach das einfach wahnsinnig gerne“, berichtet die gelernte Fachangestellte für Rechtsanwälte, die bereits vor zwei Jahrzehnten mit der eigenen Musikalienhandlung ihre Leidenschaft fürs Musizieren zum Beruf gemacht hat. Seither bietet sie Blas- und Saiteninstrumente an, Schlagwerk und Akkordeons.
Akkordeon spielt Karin Binder schließlich selbst, schon als kleines Mädchen habe sie diese Passion gepackt, berichtet die heute 60-Jährige. Von ihrer Begeisterung zeugt, dass sie sogar ein eigenes Instrument bauen lässt und vertreibt: ein Akkordeon für Kinder. „Akkordelina“ heißt das 3,7 Kilo leichte Stück mit 32 Bässen, das in verschiedenen Holz-Ausfertigungen zu bekommen ist. „Es gab einfach kein Akkordeon für Kinder in Deutschland“, berichtet die Musikerin über die Idee, die sie 2017 in die Tat umsetzte. Gebaut wird das Instrument nach Binders Wünschen beim Akkordeon-Hersteller Fismen in Italien.
Ein Multitalent: Karin Binder ist Theatermacherin, Sängerin und Moderatorin
Im Verkauf stellte sich heraus, dass das handliche Stück nicht nur Kinder anspricht. „Ich habe sie für Kinder bauen lassen, aber verkaufe meist an Erwachsene“, berichtet sie. An Bandmitglieder etwa, die das Instrument für längere Auftritte nutzen. Schließlich ist die Akkordelina, die nach Binders Enkeltochter Paulina benannt wurde, zwar klein, aber keineswegs leise. „Die Kleine mit dem großen Sound“, schmunzelt die Erfinderin.
Am Fenster stehen noch viele andere Instrumente, Trommeln zum Beispiel und Klangschalen, die sie aus Indien importiert. Binder hat sich allerdings der Volksmusik verschrieben und ist vielen Konzertbesuchern als Akkordeonistin, Sängerin und auch Moderatorin bekannt. Und als Theatermacherin, schließlich ist sie seit vielen Jahren Spielleiterin der Theatergruppe Biberachzell. Dass diese sämtliche Auftritte absagen musste, stimmt Binder traurig. Sie hofft, dass die Abende im Frühling nachgeholt werden können und der Kulturbetrieb bald wieder läuft, „das fehlt schon sehr“.
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