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Augsburg/Senden: Wie zwei Schwestern mit Kissen und Amazon groß geworden sind

Augsburg/Senden

Wie zwei Schwestern mit Kissen und Amazon groß geworden sind

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    Die beiden Schwestern Elisabeth Schneider aus Senden und Angelika Semsch aus Augsburg (von links) haben besondere Reisekissen entwickelt, damit ihre Kinder sicher im Auto schlafen können. Mit der Idee machten sie sich selbstständig und verkaufen diese Kissen nun sehr erfolgreich.
    Die beiden Schwestern Elisabeth Schneider aus Senden und Angelika Semsch aus Augsburg (von links) haben besondere Reisekissen entwickelt, damit ihre Kinder sicher im Auto schlafen können. Mit der Idee machten sie sich selbstständig und verkaufen diese Kissen nun sehr erfolgreich. Foto: Alexander Kaya

    Kein Händler ist größer als Amazon, weil der Internetriese für Kunden ganz offensichtlich attraktiv ist: Waren für 17 Milliarden Euro verkaufte das Unternehmen im vergangenen Jahr. Damit ist Amazon mit großem Abstand die Nummer eins vor Otto. Für viele Händler und Produzenten hingegen ist Amazon ob seiner dominanten Stellung eher ein rotes Tuch.

    Amazon erweiterte ihren Kundenkreis

    Doch es gibt auch eine andere Sichtweise: „Ohne Amazon wären wir nie so bekannt geworden“, sagt Elisabeth Schneider, die zusammen mit ihrer Schwester Angelika Semsch das Unternehmen Sandini aufgebaut hat. Einen Umsatz, der „die Million überschritten“ habe, erzielte die Firma mit innovativen Kissen. Einen guten Teil davon auf Amazon als Verkaufspartner des Unternehmens. Auch wenn bei Amazon von den 44,99 Euro für ein Nackenkissen des Typs „Sleep Fix“ mehr hängen bleibe als im Unternehmen mit Sitz in Senden und Büro in Augsburg. Aber erst Amazon habe es den beiden Schwestern ermöglicht, einen großen Kundenkreis anzusprechen.

    Weltweit generierten Verkaufspartner wie Sandini 58 Prozent des über Amazon erwirtschafteten Bruttowarenumsatzes. Etwas gelöst hätten sich die Schwestern aber inzwischen vom US-Riesen. Im stationären Einzelhandel sind die Produkte auch erhältlich – etwa in den bundesweit vertretenen Baby-One-Fachgeschäften.

    Idee entstand auf einer Autofahrt

    Geplant war dieser Verkaufserfolg, der Sandini jüngst eine Nominierung als „Amazon-Verkaufspartner des Jahres“ einbrachte, nicht. Über 20 Jahre ist es her, als die Idee auf dem Heimweg von einem Ausflug in den Freizeitpark „Tripsdrill“ im über 100 Kilometer entfernten Cleebronn geboren wurde. Die insgesamt fünf Kinder der beiden Schwestern schliefen total erledigt in ihren Kindersitzen ein. Alle Eltern kennen das: Die Köpfe hängen dann in scheinbar unmöglichen Positionen nach vorne und zur Seite. Für Semsch und Schneider kaum zu ertragen, weil es nicht um Bequemlichkeit, sondern Sicherheit geht: Bei Unfällen könnten so Kindersitze und Gurte ihre Funktion nicht mehr erfüllen. „Out of Position“-Unfall nennen das Experten. Klassische Nackenhörnchen gab es damals schon, doch die seien für Kinder unbequem und auch von der Größe ungeeignet.

    So funktioniert das Kissen von Sandini

    Und so tüftelten die Schwestern, die in Ludwigsfeld aufwuchsen, im Keller von Angelika Semsch in Senden-Höll an der Lösung eines Alltagsproblems, bis die erste Variante vom heutigen „Sleep Fix“ fertig war: Die Konstruktion verhindere das ungestützte Abkippen des Kopfes des Kindes im Schlaf. Die aufrechte Schlafposition beuge Verletzungsgefahren bei Unfällen vor und das Kind sei vor dem Austrittsbereich des Seitenairbags geschützt. Die Eigenproduktionen trafen im Freundeskreis derart auf Nachfrage, dass die Schwestern im Jahr 2000 ein Gewerbe anmeldeten. So nebenbei. Semsch, die Pädagogin aus Augsburg, und ihre Schwester, Zentraleinkäuferin in einem Großunternehmen, behielten ihr Jobs. Erst mal. Irgendwann kam die Idee, die Kissen auf Amazon anzubieten. Und die Nachfrage konnte kaum bedient werden.

    Die Produktion ist inzwischen ausgelagert. „In ein Land in Europa“, wie Schneider betont. Billigproduktion in China oder Bangladesch wollen die Schwestern nicht, wollen jederzeit den Produktionsort besuchen können. Ihr Kissen fliegen längst um die ganze Welt. Auch, weil etwa Fluglinien sie als Werbeträger erkannt haben.

    Weitere Produkte folgten: Reisekissen in allen Formen, Farben und Variationen: mit Kapuze für besondere Gemütlichkeit oder im Stein-Design als „Outdoor“-Variante. Geboren als Unternehmen für Kinder-Kissen haben die Schwestern mit ihren sieben Angestellten als Reaktion auf einen Kundenwunsch sogar ein Kissen für Rollatoren im Angebot. „Macht auch Bierbänke sehr bequem“, sagt Schneider. „Die Lösung von Alltagsproblemen mit viel Liebe“, haben sich die Schwestern auf die Fahnen geschrieben. Und dazu gehört auch die Verbesserung des Ambientes im Auto, weshalb Sandini inzwischen auch die altbewährte Autovase vertreibt, wie sie aus alten VW-Käfern bekannt ist.

    „Made in Germany“ sind die bunten Sitzkissen im Fotodruck-Design – vom Querschnitt einer Kiwi bis hin zur Zwiebel. Auch hier wird familiäres Know-how genutzt: Die Mandala-Version hat die eigene Nichte entworfen: Die Sach- und Kinderbuchautorin Bine Brändle ist Schöpferin des bekannten Kinderbuchs „Flusi das Sockenmonster“ und Absolventin der Augsburger Hochschule.

    Ein Familienbetrieb ist Sandini auch, weil zwei der Kinder, für die Semsch und Schneider einst das erste Kissen entwarfen, heute selbst im Unternehmen mitarbeiten. Auch hier wird die Verbindung von der Fuggerstadt und der Region deutlich: Sohn Alexander und Tochter Elena studierten in Neu-Ulm und Augsburg.

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