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Neu-Ulm: 500 Kilo Kokain in Bananenkisten: Fall kommt vor Gericht

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500 Kilo Kokain in Bananenkisten: Fall kommt vor Gericht

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    Bei einer Pressekonferenz wurden die 500 Kilo Kokain ausgestellt.
    Bei einer Pressekonferenz wurden die 500 Kilo Kokain ausgestellt. Foto: Sven Hoppe, dpa

    Es ist vermutlich einer der spektakulärsten und spannendsten Kriminalfälle der vergangenen Jahre in Neu-Ulm: Bei einer Routinekontrolle im Fruchthof Nagel in Schwaighofen werden knapp 500 Kilogramm Kokain in Bananenkisten gefunden. Die Polizei stellt eine Falle und legt sich auf die Lauer. Sechs Männer werden bei einem Großeinsatz in der Nacht festgenommen. Noch Tage danach durchforsten Beamte die Gegend. Ein siebter Tatverdächtiger verschwindet. Am 15. Oktober startet nun der Prozess am Landgericht Memmingen.

    Als Mitglieder einer Bande sollen die sechs albanischen Staatsangehörigen die Drogen nach Deutschland gebracht haben, um sie dort gewinnbringend zu verkaufen. Den Männern im Alter zwischen 23 und 40 Jahren wird vorgeworfen, die genau 498,571 Kilogramm Kokain von Ecuador aus auf dem Wasserweg erst in die Niederlande eingeführt zu haben. Mit einem Lkw sei das in Bananenkisten versteckte Kokain dann zum Obsthändler nach Neu-Ulm verbracht worden, der nichts von dem versteckten Rauschgift wusste.

    Kokain-Fund in Neu-Ulm: Bei Fruchthof Nagel ging die Angst um

    Ein Mitarbeiter hatte an einem Freitagnachmittag bei der Qualitätskontrolle die in grüner Folie verpackten Kokain-Päckchen entdeckt. „Zum Glück“, sagte damals der Fruchthof-Geschäftsführer, der seinen Namen nicht in den Medien lesen will. Es würden nicht alle Kartons kontrolliert, sondern lediglich Stichproben aus jeder Lieferung, bevor die Bananen in eine der insgesamt 24 Reifekammern kommen. Die Polizei wurde informiert. Im Betrieb ging nach dem Fund die Angst um.

    Das bayerische Landeskriminalamt (LKA) klügelte daraufhin einen Plan aus. Zu genauen Details des Einsatzes halten sich die Ermittler auch auf erneute Nachfrage unserer Redaktion noch immer bedeckt. In der Nacht von Samstag auf Sonntag, 14. auf 15. Dezember 2019, kreiste stundenlang ein Polizeihubschrauber über den südlichen Stadtteilen Neu-Ulms, mit Scheinwerfern und im Tiefflug ging es immer wieder die Straßen im Industriegebiet entlang.

    Fünf der Angeklagten seien in die Betriebsräume des Fruchthofs eingebrochen. Gezielt sollen sie nach den Kisten mit dem Kokain gesucht haben. Eine Reifekammer für Bananen wurde aufgebrochen. Ein Bild davon veröffentlichte das LKA kurz nach dem Einsatz.

    An den Bananen hatten die Einbrecher in Neu-Ulm kein Interesse, wohl aber an den knapp 500 Kilo Kokain, das aus Ecuador stammt und über die Niederlange nach Neu-Ulm kam.
    An den Bananen hatten die Einbrecher in Neu-Ulm kein Interesse, wohl aber an den knapp 500 Kilo Kokain, das aus Ecuador stammt und über die Niederlange nach Neu-Ulm kam. Foto: Bayerisches Landeskriminalamt, dpa (Archiv)

    Polizei hatte das Kokain vor dem Zugriff in Neu-Ulm gegen Imitate ausgetauscht

    Das vermeintliche Kokain - die Ermittler hatten es zwischenzeitlich gegen Imitate ausgetauscht - sollen die Männer dann in mitgebrachte Taschen in einen wartenden Pkw verbracht haben. Das Auto soll von einem der sechs Angeklagten geführt worden sein. Ihr Ziel sei es gewesen, das Rauschgift zu einem Zwischenlager zu verbringen, um es von dort an Zwischenhändler weiter zu verkaufen. Doch daraus wurde nichts.

    Das Kokain hätte, rein vom Gewicht, einen Straßenverkaufspreis von etwa 50 Millionen Euro gehabt. Aufgrund der "ausgezeichneten Qualität" hätte es aber auf ein Mehrfaches der Menge gestreckt werden können, wodurch sich der Endverkaufspreis entsprechend erhöht hätte, erklärt Jürgen Brinkmann, Sprecher des Landgerichts Memmingen. Die Angeklagten machen zum Sachverhalt entweder keine Angaben oder erklären, dass sie nichts von dem Kokain gewusst hätten, und aus anderen Gründen am Tatort gewesen seien.

    Mehrere Polizisten suchten nach dem spektakulären Einsatz an Straßen und in Garagen in Ludwigsfeld und Schwaighofen.
    Mehrere Polizisten suchten nach dem spektakulären Einsatz an Straßen und in Garagen in Ludwigsfeld und Schwaighofen. Foto: Heckmann

    Nach einem siebten Tatverdächtigen wurde und wird vermutlich noch immer gesucht. Angaben dazu machen auf Nachfrage weder die Staatsanwaltschaft noch das LKA und verweisen auf laufende Ermittlungen. Auch zu möglichen Hintermännern bleiben Fragen aus taktischen Gründen unbeantwortet. Mit Spannung dürfte daher der Prozessauftakt am 15. Oktober erwartet werden.

    Prozess um 500-Kilo-Kokain findet wegen Corona in der Stadthalle Memmingen statt

    Insgesamt neun Verhandlungstage sind angesetzt. Das Gesetz für bandenmäßiges unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sieht eine Freiheitsstrafe zwischen zwei und 15 Jahren vor. Mit einem Urteil wird Ende Dezember gerechnet.

    Der Prozess vor der großen Strafkammer am Landgericht Memmingen wird aufgrund der Corona-bedingten Vorsichtsmaßnahmen im großen Saal der Stadthalle Memmingen stattfinden. Ein Novum, das mit einem hohen zeitlichen, personellen und finanziellen Aufwand verbunden sei, so Brinkmann. Die sechs Angeklagten werden von 13 Rechtsanwälten vertreten. Zudem seien auch immer Dolmetscher und Sachverständige anwesend. Im großen Sitzungssaal des Landgerichts könnten so die nötigen Mindestabstände nicht eingehalten werden.

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