Das 49-Euro-Ticket sollte längst Millionen Fahrgäste in Deutschland finanziell entlasten. Doch der Start des Verkehrs-Vorhabens wird sich wohl weiter verzögern. Ursprünglich sollte der Nachfolger des 9-Euro-Tickets, das offiziell Deutschlandticket heißt, schon zum Anfang des Jahres 2023 starten. Der Plan wurde bereits im November verworfen, später peilte man offiziell den 1. April an. Nun scheint es nicht einmal mehr sicher, dass das Ticket zum 1. Mai kommt, den Termin also, den Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) als den spätesten bestimmt hatte.
Die Länder werfen Wissing vor, die Einführung zu verzögern. Kritik kommt unter anderem von Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU): "Herr Wissing spricht zwar oft davon, dass das Deutschlandticket bald starten soll, ist aber immer noch viele Antworten schuldig." So habe der Bund die Fragen des Beihilferechts noch nicht abschließend mit der EU-Kommission geklärt. Brüssel überprüft dabei, ob eine Wettbewerbsverzerrung vorliegt, wenn private Unternehmen Geld vom Staat bekommen.
Verkehrsminister Wissing will das 49-Euro-Ticket nur digital anbieten
Höchst umstritten ist aber vor allem Wissings Plan, das Ticket lediglich digital anbieten zu wollen. Aus den Ländern kommt die Forderung, zumindest übergangsweise auch Fahrkarten aus Papier anzubieten. "Das Deutschlandticket darf es nicht nur digital geben", fordert Bernreiter. Längst nicht alle Menschen hätten ein Smartphone, etwa ältere Personen oder kleinere Schulkinder. Zudem wolle man auch Gelegenheitsnutzer ansprechen, die keine App für den Nahverkehr auf dem Handy hätten. "Der Bund muss diese Fragen rasch klären", sagt Bernreiter.
Das fordert auch der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV). Es werde noch einige Zeit dauern, bis das geplante 49-Euro-Ticket ausschließlich digital angeboten werden könne. "Wir brauchen eine Übergangsphase bis Ende des Jahres mit Papierlösungen", sagte Verbandspräsident Ingo Wortmann. "Wir wären sonst zu Beginn nicht in der Lage, allen Menschen, die ein Ticket wollen, eines zu verkaufen." Hinzu kommt: Zahlreiche Verkehrsverbünde in Deutschland können digitale Tickets nicht anbieten oder kontrollieren.
Branchenvertreter setzen sich für eine Übergangsfrist mit Papiertickets ein
Der Augsburger Verkehrs- und Tarifverbund (AVV) spricht sich ebenfalls für eine Übergangsfrist aus. Das als Abo angelegte Ticket aber dauerhaft als Papierticket auszugeben, "erscheint uns wenig sinnvoll", teilte AVV-Pressesprecherin Irene Goßner unserer Redaktion mit. Der AVV sei auf einen Start im Mai vorbereitet, jedoch warte man auf die fehlenden politischen Beschlüsse.
Auch andere Fragen sind weiterhin ungeklärt. Ein weiteres Beispiel ist die Genehmigung der Tarife. "Im ÖPNV können wir nur mit genehmigten Tarifen fahren", erläuterte VDV-Hauptgeschäftsführer Oliver Wolff. "Die erfolgt in aller Regel regional durch die Regierungspräsidien." Der Verband fordert eine bundesweit einheitliche Genehmigung. Sonst drohe ein Flickenteppich. "Wir wollen auf gar keinen Fall, dass es irgendwelche Räume gibt, in denen das Ticket gar nicht gilt, oder auch nicht verkauft werden kann, weil es an der Tarifgenehmigung scheitert", betonte Verbandspräsident Wortmann.
Hier kann man das 49-Euro-Ticket kaufen
Schon jetzt können Fahrgäste das Deutschlandticket vorbestellen. Wenn das Startdatum einmal beschlossen ist, sollen die Tickets sowohl online als auch an den Schaltern der Bahn erhältlich sein. Hierfür soll es auch eine Plastikkarte im Scheckkarten-Format geben, die digital lesbar ist. Ursprünglich war das Ticket als Jahresabo geplant – nun soll es aber doch monatlich gekündigt werden können. Das Ticket ist deutschlandweit im Nahverkehr gültig. Alle lokalen und regionalen Bahnen, Busse, S- und U-Bahnen sowie Straßenbahnen können damit genutzt werden. Lediglich Fernzüge wie ICE und IC sind ausgenommen.
Der VDV geht in ersten Prognosen davon aus, dass mehr als elf Millionen ÖPNV-Abokunden ihren Tarif ändern und auf das günstige 49-Euro-Ticket wechseln werden. Der Freistaat will zusätzlich zum Deutschlandticket auch ein 29-Euro-Ticket für Studierende, Auszubildende und freiwillig Dienstleistende einführen.