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Zaisertshofen: Ein Ort voller Geschichte und kurioser Geschichten

Zaisertshofen

Ein Ort voller Geschichte und kurioser Geschichten

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    Anja und Reinhard Simon führten in Zaisertshofen durch Kirche und Pfarrhof. Unser Foto entstand im Tafelzimmer im ersten Stock des Pfarrhofes mit den Gemälden von Johann Baptist Enderle an der Wand.
    Anja und Reinhard Simon führten in Zaisertshofen durch Kirche und Pfarrhof. Unser Foto entstand im Tafelzimmer im ersten Stock des Pfarrhofes mit den Gemälden von Johann Baptist Enderle an der Wand. Foto: Ulla Gutmann

    Einmal hinter die Kulissen des Pfarrhofs und der Kirche in Zaisertshofen blicken, das konnten Besucherinnen und Besucher, die an einer Führung von Kirchenpfleger Reinhard Simon und seiner Frau Anja teilnahmen. Dabei erfuhren sie auch so manch kurioses Detail, etwa über den „hochherrschaftlichen Schweinestall“ oder zwei Toilettentürme, und was es damit auf sich hat.

    Die Kirche, ursprünglich ein spätgotischer Bau aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts, wurde immer wieder umgestaltet, Altes wurde herausgerissen und durch Neues ersetzt. So findet man hier Stilelemente von der Gotik bis ins Barock ebenso wie modernere Elemente. 1758 wurde sie im Inneren von Michael Stiller umgestaltet, doch die Rokokoausstattung und die Fresken von Johann Baptis Enderle aus dem Jahr 1759 wurden 1864/1865 wieder entfernt. Die barocken Elemente verschwanden 1954, als Michael Kunz die Kirche im Inneren völlig veränderte. 1955 malte der Augsburger Künstler Karl Radinger neue Altarbilder, Decken- und Wandfresken eher schlicht und moderner in Pastelltönen. 

    Der Zaisertshofer Pfarrer Gelb ließ einen Schweinestall errichten

    Der Zaisertshofer Pfarrer Johann Maria Gelb schuf vor etwa 250 Jahren für sich und seine Kirche ein Denkmal, investierte dabei auch viel eigenes, ererbtes Geld und dies nicht nur in die Kirche, sondern auch in den Pfarrhof. Er ließ den alten Pfarrhof komplett abreißen und errichtete übergangsweise einen Schweinestall, über dem sich die Wohnräume des Pfarrers und seiner Haushälterin befanden. „Ein hochherrschaftlicher Schweinestall“ witzelten die Dorfbewohner. Der neue Pfarrhof, erbaut nach den Vorstellungen von Pfarrer Gelb, erinnert an ein Schloss. Zwar ist er gar nicht so groß, aber durch die erhöhte Position und die vielen zusätzlich aufgemalten, dreidimensional-realistisch gestalteten Fenster wirkt er größer, als er ist.

    So sah die Pfarrkirche vor den Neuerungen um 1950 aus.
    So sah die Pfarrkirche vor den Neuerungen um 1950 aus. Foto: Ulla Gutmann

    Die zwei Türme dienten, wie die Simons wussten, als Toilettenräume und noch heute erinnert eine Inschrift in einem der Türme daran: „Daß du hinter dir Thust Sloch zudöcken – So därff Mann im Hauß dein – gstankh nit schmöcken“ als Hinweis, das Abortloch abzudecken. Einer der Türme war dabei für den Pfarrer, den anderen benutzte nur die Haushälterin.

    Bereits der Eingangsbereich im Pfarrhof ist großzügig gestaltet, mit einer breiten Treppe in den ersten Stock. Über dem Treppenaufgang prangt ein wichtiges Gemälde von Johann Baptist Enderle, mit der Darstellung von Maria Heimsuchung, und im ersten Stock im Tafelzimmer sind weitere Szenen von ihm zu sehen. Opulente Festgelage mit tödlichem Ausgang sind die Themen, wie an der Decke der Tanz Salomes beim Gastmahl des Herodes. Anja Simon erklärte dazu auch für die Kinder verständlich: „König Herodes hat die Salome tanzen lassen und sie hat das so super gemacht, dass er hin und weg von ihr war und ihr versprach, einen Wunsch zu erfüllen, egal was.“ Salome hat dabei auf ihre Mutter gehört und sich den Kopf von Johannes dem Täufer gewünscht, einem Widersacher ihrer Mutter. Im Eck des Gemäldes ist ein Diener zu sehen, der den abgetrennten Kopf auf einem Tablett hereinträgt.

    Die Geschichte von Salome und dem geköpften Johannes der Täufer ist als Gemälde zu sehen.
    Die Geschichte von Salome und dem geköpften Johannes der Täufer ist als Gemälde zu sehen. Foto: Ulla Gutmann

    Ganz klein, in den vier Ecken der Decke, malte Enderle für Pfarrer Gelb Kartuschen in violetter Tonfarbe aus, jede mit der Inschrift: „sic vos, non vobis“ (so seid ihr, nichts gehört euch), als Mahnung bei all dieser hemmungslosen Völlerei. Die kleinen Bilder in den Kartuschen zeigen einen pflügenden Bauern mit Ochsen, einen Schäfer beim Scheren der Schafe, Vögel, die ihre Jungen füttern, und einen Imker mit Bienenstock.

    Welche Bilder in der Kirche und im Pfarrhof Zaisertshofen zu sehen sind

    Auch Pfarrer Gelb selbst ist in einer Darstellung zu sehen: Ganz in christlicher Tradition sah er sich als guten Hirten, verewigt in grüner Tonmalerei über dem mittleren Fenster. Begleitet von Schafen, rastet er vor seiner Kirche. 

    Das Tafelzimmer kann für standesamtliche Trauungen genutzt werden, in anderen Räumen trifft sich inzwischen die Mutter-Kind-Gruppe, ein Chor probt regelmäßig im Gebäude. Reinhard Simon und seine Frau finden es gut, dass das Gebäude genutzt und mit Leben gefüllt wird. Und den Besuchern gefiel die anschaulich gestaltete Führung gut und auch, wer schon einmal hier war, lernte wieder Neues dazu.

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