Nach feiern ist wahrscheinlich den wenigsten zumute, die derzeit in die Partyhütte von Siegfried und Issi Wiedenmann in Unterrieden kommen. Sie sind aus der Ukraine geflohen und in der Hütte nun auf der Suche nach so manchem, was sie auf ihrer Flucht nicht mitnehmen konnten. Kleidung und Schuhe zum Beispiel, aber auch Spielzeug für die Kinder. All das haben Menschen aus Unterrieden und der Umgebung gespendet, um schnell und unbürokratisch zu helfen. Innerhalb weniger Tage hat sich die Partyhütte der Wiedenmanns so in eine Art Laden verwandelt, in dem sich die Geflüchteten kostenlos bedienen können. Weil der jedoch an seine Grenzen stößt, hat Siegfried Wiedenmann einen Wunsch.
Er hofft, dass es ähnliche Angebote möglichst schnell auch in anderen Gemeinden gibt. Denn die Menschen aus Unterrieden und der Umgebung spenden, was das Zeug hält, sodass der „Laden“ bereits aus allen Nähten platzt. Außerdem wäre es auch für die Geflüchteten, die nicht in Unterrieden wohnen, leichter, an die Spenden zu kommen, wenn es auch in anderen Orten Spenden-Läden gäbe.
Dank der Hilfe ukrainischer Frauen verwandelte sich das Spendenlager in Unterrieden in einen kleinen Laden
Gestartet hat das Ganze Olga Schaut, die ebenfalls in Unterrieden wohnt. Anfangs lagerten die Sachspenden alle in ihrer Garage. Weil daran aber noch das Tor fehlt, haben Marder den Raum geplündert und das Lager zog in die Partyhütte der Wiedenmanns um. Das hieß für sie: Partyhütte ausräumen und vom lokalen Getränkemarkt Biertischgarnituren besorgen. Kleiderbügel mussten auch angeschafft werden. „Dann waren wir nach zwei Tagen einsatzbereit“, sagt Siegfried Wiedenmann stolz.
Doch schon tat sich das nächste Problem auf: Alles lag einfach in Kisten da. Die Lösung dafür fand sich allerdings auch schnell. Tanja, eine der geflüchteten Frauen, die in Unterrieden untergekommen ist, erfuhr von dem Problem. Noch am selben Abend stand sie mit weiteren Frauen bei Wiedenmanns vor der Tür und bot an, das Sortieren zu übernehmen. Über Nacht verwandelte sich das Lager dann schon fast in einen richtigen Laden, wie Siegfried Wiedenmann sagt. Die Gemeinde hat auf seinem Grundstück mittlerweile auch einen Container aufgestellt, in dem zusätzlich viel gelagert werden kann.
Das Band zwischen den Menschen aus Unterrieden und denen aus der Ukraine wird immer enger
Die gesamte Organisation in Unterrieden findet über eine Whatsapp-Gruppe statt, in der schnell kommuniziert werden kann. Und mittlerweile arbeiten die Dorfbewohner eng mit den geflüchteten Frauen zusammen. Die Kinder bekommen Homeschooling von Lehrerinnen und Lehrern in der Ukraine, die ihre Dienste ehrenamtlich anbieten. Vergangene Woche trafen sich die Leute aus dem Dorf und die Ukrainerinnen, zusammen mit ihren Kindern auf dem Sportplatz. Es gab Kaffee und Kuchen, die Kinder spielten zusammen. „Das hat super funktioniert“, findet Wiedenmann. Viele der Kinder gehen mittlerweile auch regelmäßig zum Fußballtraining, die Sportkleidung wurde gespendet. Alle verstehen sich – und ihr Band wird immer enger. Kommuniziert wird, wie es eben möglich ist. Mal mit Übersetzungsapp, mal mit Hand und Fuß. Ukrainerinnen lernen deutsche Wörter, Unterriedenerinnen und Unterriedener ukrainische.
„Das ist ein Beispielprojekt, das andere Gemeinden auch organisieren können“, findet Ulrike Daufratshofer von der Gemeindeentwicklung der VG Pfaffenhausen. Sie hilft ebenfalls bei der Koordinierung mit und ist begeistert, wie gut die Hilfe vor Ort funktioniert. Wenn neue Geflüchtete ankommen, zeigen die, die schon etwas länger hier sind, wie die Abläufe aussehen.
Siegfried Wiedenmann hofft ebenfalls darauf, dass andere Gemeinden schnell dem Unterriedener Beispiel folgen. Denn zum einen ist die Hilfe einfach und unbürokratisch und zum anderen kann er nicht noch mehr Sachspenden annehmen. Er hat gelernt: „Fragen kostet nichts.“ Es sei erstaunlich, wie viele Menschen mithelfen, wenn man sie nur fragt. Jeder müsse einfach nur etwas aus seiner Komfortzone herausrücken, ist er sich sicher. „Dann kann was Großes entstehen.“