Zwei Tage nach dem Hochwasser, das weite Teile des Unterallgäus unter Wasser gesetzt hat, sind die Aufräumarbeiten im Landkreis in vollem Gange. Davon zeugen unter anderem die zahlreichen Autos und Traktoren mit Anhängern, die am Montag seit dem frühen Morgen die Umladestation in Breitenbrunn sowie das Wertstoffentsorgungszentrum (WRZ) Hörger in Stetten anfahren, um all das loszuwerden, was die Wassermassen zerstört haben. Und das ist eine ganze Menge.
Auf dem Anhänger einer Dirlewangerin türmen sich Schränke, Bettgestelle, Schubladen, nasse Kartons und jede Menge mehr. Allein die Möbel zweier Schlafzimmer, die im Keller gelagert waren, fielen dem Wasser zum Opfer, das den kompletten Keller füllte. Die Heizung ist auch kaputt und noch nicht absehbar, ob der Boden des Neubaus herausgerissen werden muss, weil darin verlegte Leitungen beschädigt worden sein könnten. Die junge Frau, die anonym bleiben möchte, schätzt den Schaden auf mindestens 100.000 Euro. Unbezahlbar ist dagegen der Verlust all der Erinnerungsstücke, die das Wasser zunichte gemacht hat.
Die Bürger in Dirlewang wurden offenbar nicht über die Öffnung des Notablasses informiert
Zweimal hat die Feuerwehr, der sie ebenso wie den anderen Helfern aus der Nachbarschaft unheimlich dankbar ist, den Keller leergepumpt. So ist wenigstens das Erdgeschoss trocken geblieben. Auch die junge Frau selbst hätte gerne mit angepackt und zum Beispiel Sandsäcke gefüllt, "aber es gab ja keine Infos", kritisiert sie.
Informationen hätte sich auch Franz Biechele gewünscht, dessen Schwiegereltern in Dirlewang ebenfalls vom Hochwasser überrascht wurden. Sie hatten sich nach dem Bau des Hochwasserdamms sicher gefühlt - und mussten am Samstag hilflos mit ansehen, wie sich erst der Keller und dann auch noch ein Zimmer im Erdgeschoss mit Wasser füllte. "Wenn die Leute informiert worden wären, bevor der Damm geöffnet wurde, hätte man sich drauf vorbereiten können", glaubt er.
Martin Jall aus Mindelheim liefert an diesem Morgen bereits die zweite Fuhre aus dem Haus seiner Schwiegereltern in Attenhausen an. Die Möbel auf seinem Hänger riechen nach dem Öl, das in deren Keller ausgelaufen ist, als die Kellerfenster dem Druck des Wassers nicht mehr standgehalten haben. Die Familie hatte gerade noch genug Zeit, um ein paar Instrumente und andere Dinge zu retten, die ihr wichtig sind, doch vieles wie etwa die Kisten mit Dias ist unwiederbringlich dahin.
In Attenhausen trat die Schwelk übers Ufer und flutete zahlreiche Keller
Andreas Ballwieser ist ebenfalls aus Attenhausen und hat wie Jalls Schwiegereltern nicht damit gerechnet, dass die Schwelk übers Ufer treten könnte. Immerhin war der sonst so harmlose Bach in der Vergangenheit bereits verbreitert worden, um weitere Hochwasser zu verhindern. Doch am Freitagabend füllte sich der Keller dann eben doch. Das Wasser stand rund einen Meter hoch, knapp unter dem Schaltschrank. Mit 16 Pumpen und einem Traktor mit Güllefass war die ganze große Familie im Einsatz und konnte so Schlimmeres verhindern. Da die Heizung noch funktioniert, hält sich der Schaden nach bisherigem Stand in Grenzen. Auch Markus Bickel aus Albishofen bei Lachen hatte Glück im Unglück: Das Wasser drang zwar durch die Dichtung der Kellerfenster ins Innere, doch die Fenster selbst hielten stand. "Die 20 Zentimeter, die da standen, sind zu verkraften", sagt er.
Peter Gorlitt aus Mindelheim hilft einem Freund, "der absolut abgesoffen ist", während sein eigenes Haus nur eine Straße weiter trocken geblieben ist. Das Wasser sei gekommen, als am Damm in Dirlewang der Notablass geöffnet wurde, sagt er. Auf dem Anhänger liegen zerlegt Möbel, ein Nachttisch, eine Weidentruhe, durchweichte Sitzpolster, nasse Kartons und Kisten und Gorlitt glaubt, dass es nicht die letzte Fuhre gewesen sein wird.
An den beiden Anlieferstationen hat man sich auf den Andrang vorbereitet: Die Umladestation in Breitenbrunn öffnet diese Woche bereits eine Stunde früher als sonst um 8 Uhr und schließt ein halbe Stunde später als üblich um 17 Uhr. Zwischen 11.30 und 13 Uhr ist die Station geschlossen, damit die Container ausgetauscht und aufgeräumt werden kann.