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Unterallgäu: Hochwasser: Alle Kanäle nutzen, um die Bevölkerung zu warnen

Unterallgäu

Hochwasser: Alle Kanäle nutzen, um die Bevölkerung zu warnen

Melanie Lippl
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    Viele Menschen wurden vom Hochwasser überrascht. Unser Bild zeigt den Damm der Mindel bei Dirlewang, wo die ersten Überschwemmungen in unserer Region zu verzeichnen waren.
    Viele Menschen wurden vom Hochwasser überrascht. Unser Bild zeigt den Damm der Mindel bei Dirlewang, wo die ersten Überschwemmungen in unserer Region zu verzeichnen waren. Foto: Sabine Adelwarth

    Noch ist es an der Zeit, die Schäden zu beheben, die das Hochwasser angerichtet hat – und das wird dauern. Aber es wird die Zeit kommen, in der man sich anschauen muss, was gut lief und was man hätte besser machen können. Mit dem Pfingsthochwasser von 1999 ist dieses Hochwasser nicht zu vergleichen – es kam schneller und massiver, so die Einschätzung der Experten, etwa für die Mindel im Raum Dirlewang, der in unserer Region besonders hart getroffen wurde. Doch im Vergleich zu 1999 gibt es etwas, das besser geworden ist: Noch nie konnte man mit so wenig Aufwand so schnell so viele Menschen erreichen wie heute.

    Das Informationsverhalten der Menschen hat sich durch Smartphones verändert

    Mehr als 80 Prozent besitzen ein Smartphone, viele tragen es rund um die Uhr bei sich. Diese kleinen Dinger haben unser ganzes Informationsverhalten geändert, zumindest in weiten Teilen der Bevölkerung. Wenn heute die Sirene im Ort losgeht, beziehen die meisten Menschen das nicht auf sich, sondern denken, es sei ein Zeichen für die Feuerwehr, zum Einsatz zu kommen. Man läuft nicht mehr auf den Marktplatz oder zum

    Kommunen und Behörden stellt das vor Herausforderungen. Nicht jede Gemeinde hat eine professionelle Presseabteilung wie Landratsämter und größere Städte. Doch es gibt auch positive Beispiele aus der Region, wie man die moderne Technik für sich, aber vor allem für die Gesellschaft, nutzen kann: Türkheims Bürgermeister Christian Kähler etwa rief über Facebook-Gruppen dazu auf, Sandsäcke zu füllen. Über Whatsapp verbreitete sich diese Nachricht rasend schnell, sodass zu den genannten Terminen sogar so viele Helferinnen und Helfer kamen, dass sie wieder heimgeschickt werden mussten. Hingegen gibt es andere betroffene Gemeinden, in denen auf der Homepage unter "Aktuelles" noch nicht mal ein Wort zum Hochwasser und seinen Folgen zu finden ist.

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    In Dirlewang steht das Wasser, ein Teil des Ortes muss evakuiert werden. So sieht es aktuell in Dirlewang aus.

    Es kann aber eigentlich nicht sein, dass die Online-Affinität eines Bürgermeisters oder einer Bürgermeisterin sowie der dazugehörigen Verwaltung dafür ausschlaggebend ist, wie schnell die Menschen im jeweiligen Ort informiert werden und wie gut Hilfsmaßnahmen anlaufen. Natürlich ist das Internet nicht immer die einzig wahre Lösung: Manchmal kann eine durchgehend heulende Sirene, ein mit Martinshorn umherfahrendes Feuerwehrauto, das Klingeln an der Haustür oder eine ins Leben gerufene "Telefonkette" die bessere Variante sein, um Menschen zu warnen. Aber das Internet ist eben eine zusätzliche Möglichkeit, die genutzt werden sollte.

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    Beim Kieswerk Dachser in Türkheim wurden seit Freitag mehr als 20.000 Sandsäcke für den Landkreis Unterallgäu gefüllt. Ständig kommen neue Feuerwehren und holen Sand.

    Die Hochwasser und Naturkatastrophen werden mehr werden

    "Jahrhunderthochwasser" gab es in den vergangenen Jahren schon viele, und es werden aller Voraussicht nach eher mehr Naturkatastrophen werden, die plötzlich über uns kommen. Man wird sich also noch intensiver Gedanken darüber machen müssen, wie man professionell und planvoll auch auf lokaler Ebene Informationen verbreitet. Kommunikation will gelernt sein: Was gebe ich raus und wann? Wie erreiche ich auf schnellstem Weg möglichst viele? Wie informiere ich, ohne Panik zu schüren? Das sind Fragen, die man sich in jeder Gemeinde noch einmal stellen sollte – und zwar, bevor die nächste Katastrophe eintritt.

    Am Waldsee in Bad Wörishofen ist die Lage kritisch.
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    Der Dauerregen hat im Unterallgäu die Flüsse und Bäche überlaufen lassen. Helfer sind im Hochwasser-Dauereinsatz. Hier die ersten Bilder aus der Region

    Technisch gibt es ebenfalls noch Luft nach oben: Zwar können einzelne Berechtigte der Feuerwehren über die Leitstelle (oder im Katastrophenfall das Landratsamt) Warnmeldungen herausgeben, die dann auf den Handys ankommen: Allerdings nur bei jenen, die Warnapps wie Nina oder Katwarn auch installiert und richtig eingestellt haben. Auf das bundesweite System Cell Broadcast – Sie erinnern sich, die schrillen Warntöne beim Test – haben Einrichtungen vor Ort wie das Unterallgäuer Landratsamt (bisher?) keinen Zugriff. Zwar ist der Informationsgehalt von Meldungen über Cell Broadcast wegen der maximalen Textlänge von 500 Zeichen begrenzt – allerdings schrillt das Handy dabei so laut, dass man es selbst nachts kaum überhören kann. Und ein weiterer großer Vorteil: Es sendet die Warnmeldungen an alle Handys, die gerade im Gefahrenbereich sind, egal, ob eine Warnapp darauf installiert ist oder nicht.

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