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Unterallgäu: Geldautomaten-Sprengungen im Unterallgäu: Bande gefasst

Unterallgäu

Geldautomaten-Sprengungen im Unterallgäu: Bande gefasst

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    Splitter und ein Schild mit der Aufschrift «Geldautomat» liegen auf dem Fußboden vor einem gesprengten Geldautomaten.
    Splitter und ein Schild mit der Aufschrift «Geldautomat» liegen auf dem Fußboden vor einem gesprengten Geldautomaten. Foto: Patrick Pleul/zb, dpa (Archivbild)

    Mehr als ein Jahr haben die Staatsanwaltschaft Bamberg, das Bayerische Landeskriminalamt und das Landeskriminalamt Baden-Württemberg gegen eine Gruppe von Geldautomatensprengern, denen mehr als 50 Straftaten zugeordnet werden, ermittelt. Jetzt ist dank enger Zusammenarbeit mit Polizei und Justiz in den Niederlanden und Belgien ein Durchbruch erzielt worden.

    In einer groß angelegten Festnahme- und Durchsuchungsaktion am Montag, 30. Januar 2023 in den Niederlanden und in Belgien gelang es, neun Haftbefehle zu vollziehen und 16 Objekte zu durchsuchen. Es handelt es sich hierbei um eine der größten Aktionen gegen Geldautomatensprenger in den Niederlanden, berichtet die Polizei. 

    Die Tat-Serie begann in Heimertingen

    Nach bisherigem Ermittlungsstand begann die Serie von Geldautomatensprengungen, die alle mit Festsprengstoff begangen wurden, am 5. November 2021. In Heimertingen im Landkreis Unterallgäu brachen an diesem Tag kurz vor 3 Uhr morgens mehrere zunächst unbekannte Täter den Geldautomaten der Sparkasse mit Brecheisen auf und setzten Festsprengstoff ein, um den Automaten zu zerstören und an das darin befindliche Geld zu gelangen. Anschließend flüchteten die Täter mit einem dunklen Audi RS6 Avant und konnten unerkannt entkommen. Zuletzt war die Sparkasse Erkheim Opfer.

    Von der Selbstbedienungsfiliale der Genossenschaftsbank in Stetten ist nach der Sprengung des Geldautomaten Anfang Dezember nicht mehr viel übrig geblieben.
    Von der Selbstbedienungsfiliale der Genossenschaftsbank in Stetten ist nach der Sprengung des Geldautomaten Anfang Dezember nicht mehr viel übrig geblieben. Foto: AOV

    Mit dem auffallend gleichen Vorgehen gab es alleine in Bayern bis heute 34 Geldautomatensprengungen, von denen 31 erfolgreich waren. Dabei verursachten die Täter einen Schaden von mehr als vier Millionen Euro und erbeuteten über 3,4 Millionen Euro. Der aktuellste Fall der Serie ereignete sich am 19. Januar 2023 in Erkheim.

    Die Staatsanwaltschaft Bamberg führte zentral die Ermittlungen. Für die polizeiliche Arbeit richtete das Bayerische Landeskriminalamt eine Ermittlungsgruppe im Bereich der Organisierten Kriminalität ein. In dieser waren an der Spitze über 15 Ermittlerinnen und Ermittler beschäftigt.

    Der Sachschaden war höher als die Beute wert ist

    In Baden-Württemberg ermittelte die Abteilung Organisierte Kriminalität und Rauschgiftkriminalität des dortigen Landeskriminalamtes gegen die Gruppierung. Dort beträgt der Sachschaden rund 2,7 Millionen Euro. Die Tatverdächtigen erbeuteten etwa 1,8 Millionen Euro. Auch im Landkreis Schwäbisch-Hall flüchteten die Täter mit einem dunklen und stark motorisierten Fahrzeug.

    Die Ermittlungen führten zu einer Gruppierung aus der niederländischen Stadt Roermond, Provinz Limburg, und in die Provinz Utrecht. Sie sind dringend verdächtigt, 34 Geldautomaten in Bayern und 17 in Baden-Württemberg sowie einen Geldautomaten in Thüringen gesprengt zu haben.

    Vor Medienvertretern machten beim Landeskriminalamt in München Polizei und Staatsanwalt deutlich, dass es weitere Gruppierungen geben dürfte. Die Motivation für die Täter sei sehr hoch, weil es bei den Geldautomaten viel Beute zu machen sei, sagte Baden-Württembergs Präsident des Landeskriminalamtes, Andreas Stenger.

    Pressekonferenz zum Schlag gegen Geldautomaten-Sprenger (von links): Harald Pickert, Präsident des Bayerischen Landeskriminalamtes (BLKA), Joachim Herrmann (CSU), Innenminister von Bayern, Georg Eisenreich (CSU), Justizminister von Bayern, und Andreas Stenger, Präsident des Landeskriminalamtes Baden-Württemberg.
    Pressekonferenz zum Schlag gegen Geldautomaten-Sprenger (von links): Harald Pickert, Präsident des Bayerischen Landeskriminalamtes (BLKA), Joachim Herrmann (CSU), Innenminister von Bayern, Georg Eisenreich (CSU), Justizminister von Bayern, und Andreas Stenger, Präsident des Landeskriminalamtes Baden-Württemberg. Foto: Sven Hoppe, dpa

    Den Tätern wird insbesondere schwerer Bandendiebstahl, Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion und Zerstörung eines Bauwerkes in mehreren Fällen vorgehalten. "Aufgrund der Skrupellosigkeit und außerordentlichen Gefährlichkeit bei der Ausführung der einzelnen Taten" ermittelt die Staatsanwaltschaft Bamberg in zehn Fällen auch wegen versuchter Tötung. Hier handelt es sich jeweils um Fälle, bei denen zwei Frauen in besondere Gefahr gebracht worden waren. 

    Der Kopf der Bande ist noch nicht ermittelt

    Bei den neun Festgenommenen handelt es sich um Männer im Alter von 25 bis 41 Jahren mit Wohnort in den Niederlanden. Sie sind niederländische, marokkanische, afghanische, türkische und rumänische Staatsangehörige mit Aufenthalt in den Niederlanden und Belgien. Nach drei weiteren Mittätern wird aktuell noch gefahndet. Ein Kopf der Bande konnte bisher noch nicht ermittelt werden.

    Die Polizei hat umfangreiches Beweismaterial gesichert, darunter auch Handys. Sie werden nun ausgewertet. Es wurden mehrere zehntausend Euro an Bargeld, Maskierungsgegenstände, Luxuskleidung und Luxusuhren konfisziert. Der Leitende Oberstaatsanwalt aus Bamberg, Bernhard Lieb, geht davon aus, dass die Täter binnen drei Monaten nach Deutschland ausgeliefert werden. Verhandelt werden die Taten am Landgericht Bamberg, mutmaßlich vor der Großen Strafkammer. Den Tätern drohen Freiheitsstrafen von mehreren Jahren, sagte Bayerns Justizminister Georg Eisenreich. 

    Jetzt sind die Banken gefordert

    Polizei und Staatsanwaltschaft sehen Banken und Automatenindustrie in besonderer Verantwortung. Die Geldautomaten müssten besser gesichert werden, forderten sie. Farbpatronen und Verklebungstechniken seien sehr wirkungsvoll. Wenn Geldautomaten in Gebäuden untergebracht sind, in denen Menschen wohnen, sollten diese abgebaut werden. Foyers sollten nachts geschlossen werden. 

    Im Jahr 2022 kam es in Bayern zu 37 versuchten und vollendeten Sprengungen von Geldautomaten. Dabei entstand ein Sachschaden von über vier Millionen Euro. Die Täter erbeuteten insgesamt ca. 3,1 Millionen Euro.

    Im Jahr davor wurden in Bayern 17 Geldautomaten gesprengt, dabei entstand Sachschaden in Höhe von über einer Million Euro. Die Tatbeute war etwas weniger als eine Million Euro.

    Bundesweit wurden im Vorjahr nach Angaben des Leitenden Staatsanwalts Lieb 493 Geldautomaten gesprengt. Im Jahr 2023 kam es bislang zu zwei Sprengungen von Geldautomaten in Bayern.

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