Startseite
Icon Pfeil nach unten
Mindelheim
Icon Pfeil nach unten

Unterallgäu: Das Unterallgäu schrumpft in der Statistik: Es drohen Millioneneinbußen

Unterallgäu

Das Unterallgäu schrumpft in der Statistik: Es drohen Millioneneinbußen

    • |
    • |
    Leben im Unterallgäu doch weniger Menschen als eigentlich gedacht? Falls ja, könnte sich das auch auf die Finanzen auswirken.
    Leben im Unterallgäu doch weniger Menschen als eigentlich gedacht? Falls ja, könnte sich das auch auf die Finanzen auswirken. Foto: dpa

    Eigentlich, so denkt man ja, ist eine Volkszählung dazu da, um anschließend zu wissen, wie viele Menschen an einem Ort oder in einer Region leben – also etwas, das eine gewisse Sicherheit vermittelt. Im Unterallgäu ist genau das Gegenteil der Fall: Seit die ersten Ergebnisse des Zensus 2022 öffentlich wurden, ist die Überraschung groß und die Unsicherheit erst recht. Sind wir etwa gar nicht so viele, wie wir denken? Oder wurde womöglich „falsch“ gezählt? Klar ist: Die geschrumpfte Bevölkerungszahl könnte millionenschwere Folgen für die Region haben.

    Wieso und weshalb, erklärte Sebastian Seefried, Kämmerer des Landkreises, jüngst bei einem Treffen aller Unterallgäuer Rathauschefs und Bürgermeisterinnen. Bislang war man davon ausgegangen, dass zum 31. Dezember 2022 insgesamt 150.068 Menschen im Unterallgäu lebten, am Stichtag genau ein Jahr darauf sollen es 151.838 gewesen sein. So lauten zumindest die amtlichen Einwohnerzahlen, die der Kreis vom Landesamt für Statistik bekommen hat. In die Statistik fließen alle Personen mit alleinigem oder Hauptwohnsitz im Unterallgäu ein.

    Die Einwohnerzahl wirkt sich auch auf die Schlüsselzuweisungen aus

    Die amtliche Einwohnerzahl bildet laut dem Landesamt für Statistik die Grundlage für allgemeine Planungsaufgaben, sie ist etwa die Grundlage für die Verteilung der Länderstimmen im Bundesrat, für den Länderfinanzausgleich oder auch die Einteilung der Wahlkreise und die Größe der Wahlbezirke. Auch für die Schlüsselzuweisungen ist die Einwohnerzahl entscheidend – und genau an dieser Stelle könnte es teuer werden für den Landkreis Unterallgäu, aber auch seine Gemeinden.

    Denn der Zensus 2022, der gemacht wurde, um die Einwohnerzahl zu überprüfen, hat für das Unterallgäu eine deutlich niedrigere Zahl ergeben: Nur 142.261 Menschen sollen zum Stichtag 15. Mai 2022 im Landkreis gelebt haben und damit rund 7800 Menschen weniger als es für Ende 2022 laut der offiziellen Statistik der Fall war. Es wird also damit gerechnet, dass die Einwohnerzahlen angepasst werden.

    Was für den einen eine bloße Zahl auf dem Papier ist, kann sich auf die Schlüsselzuweisungen, die die Kommunen bekommen, gravierend auswirken, erläuterte Kämmerer Seefried anhand einer Modellrechnung, die er für das Jahr 2024 erstellt hatte.

    Die Einnahmen im Unterallgäu würden um 14 Prozent sinken

    Bisher habe der Landkreis 23,74 Millionen Euro an Schlüsselzuweisungen erhalten. Würden die neuesten Ergebnisse des Zensus einbezogen, wären es nur noch 20,31 Millionen. Das wäre ein Minus von fast dreieinhalb Millionen Euro. Auch auf die Kassen in den Landkreisgemeinden hätte die verringerte Bevölkerungszahl Auswirkungen, vereinfacht gerechnet könnten auch hier die Schlüsselzuweisungen sinken - von insgesamt 19,51 Millionen Euro auf 16,69 Millionen. Beide Male würden die Einnahmen um 14 Prozent sinken.

    Weil sich das auch auf Kreis-, Bezirks- und Krankenhausumlage auswirken würde, würden die Gemeinden am Ende rund 1,81 Millionen Euro weniger in der Tasche haben, der Landkreis 4,01 Millionen, so Seefrieds Bilanz. „Das ist schon eine Hausnummer“, sagte er – zumal es sich nicht um eine einmalige Sache handeln würde, sondern sich das Ganze ja entsprechend fortsetze. Für Landrat Alex Eder sind das „keine guten Neuigkeiten“. Aber das sei so „wie eine Schiedsrichter-Entscheidung: Die ist so gefallen, wie sie gefallen ist“, kommentierte er den Zensus 2022.

    Es besteht aber noch Hoffnung: Nämlich dann, wenn auch der gesamtbayerische Bevölkerungsstand niedriger ist als ursprünglich gedacht. „Wenn auch er sinkt, relativiert sich die Problematik ein wenig“, so Kämmerer Seefried. Nach derzeitigem Stand könnte das durchaus der Fall sein.

    Der Unterallgäuer Landrat Eder ärgert sich über die Statistik

    Warum die Zahlen so sind wie sie sind, das konnte keiner in der Runde beantworten - und auch nicht, wieso sie sich so stark von den bisher bekannten unterscheiden. „Mich hat‘s schon sehr erstaunt für eine Industrienation wie Deutschland“, so Landrat Eder. „Zwischen dem Zensus 2011, den Hochrechnungen dazwischen und dem Zensus jetzt muss irgendwo etwas schiefgelaufen sein. Das ist ärgerlich, gerade, wenn es sich so finanziell auswirkt.“

    Auch einige Unterallgäuer Bürgermeister hatten die Erfahrung gemacht, dass sie die Zahlen des Landesamts nicht nachvollziehen konnten. Der Ottobeurer Bürgermeister German Fries zweifelte die Richtigkeit der Berechnung sehr stark an. „Ist da noch etwas zu machen, rechtlich oder über den politischen Weg, oder müssen wir das jetzt schlucken?“, fragte er. Eine Einspruchsmöglichkeit besteht laut Frank Rattel vom Landratsamt dann, wenn die Zahlen im kommenden Jahr endgültig festgesetzt würden. Der Landkreis habe beim Zensus 2022 wie vom Landesamt vorgegeben die Haushalte befragt, hatte dabei aber kein großes Mitspracherecht. „Wie die anderen Zahlen erhoben und berechnet wurden, erschließt sich leider auch nicht.“

    Mindelheims Zweiter Bürgermeister Roland Ahne, selbst damals Zensusbeauftragter, erklärte, dass die Einwohner beim Zensus 2022 nur stichprobenartig erfasst worden seien. „Ich denke, der Zensus ist sehr ungenau und meines Erachtens nicht repräsentativ“, so Ahnes Fazit. Landrat Alex Eder schloss die Diskussion mit den Worten: „Wir harren mal der Dinge und schauen, was da so rauskommt.“ Wer sind wir und wenn ja, wie viele? Auf diese Frage wird es im Unterallgäu vermutlich so schnell keine eindeutige Antwort geben ...

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare

    Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.

    Registrieren sie sich

    Sie haben ein Konto? Hier anmelden