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Unterallgäu: Landrat Eder wendet sich per Sprachnachricht an protestierende Landwirte

Unterallgäu

Landrat Eder wendet sich per Sprachnachricht an protestierende Landwirte

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    An der Autobahn-Anschlussstelle bei Bad Wörishofen haben demonstrierende Landwirte am Mittwoch für Verkehrsbehinderungen gesorgt.
    An der Autobahn-Anschlussstelle bei Bad Wörishofen haben demonstrierende Landwirte am Mittwoch für Verkehrsbehinderungen gesorgt. Foto: Kathrin Elsner

    "Liebe Landwirte, hier spricht euer Landrat Alex Eder", beginnt eine Sprachnachricht, mit der sich eben dieser Landrat am Donnerstag per WhatsApp an die Landwirte in der Region gewandt hat. Hintergrund waren die Protestaktionen, die der Kreisverband Unterallgäu des Bayerischen Bauernverbands (BBV) für Mittwoch im Landkreis geplant hatte: Wie deren Geschäftsführer Helmut Mader auf Nachfrage unserer Redaktion erklärt, wollten die Landwirte mit ihren Schleppern mehrere Autobahnauffahrten blockieren. Das aber lehnten die Sicherheitsbehörden ab und verwiesen auf die Allgemeinverfügung des Landkreises, die genau das untersagt. In den WhatsApp-Gruppen der Landwirte kursierte daraufhin eine Sprachnachricht, die den Eindruck vermittelte, als würde der Landkreis die Proteste unterdrücken – was Eder so nicht stehen lassen wollte und sich seinerseits mit einer Sprachnachricht an die Landwirte wandte. 

    "Bitte lasst mich dazu mal einiges klarstellen: Ich käme nie auf die Idee, euren Protest zu unterdrücken, allein schon, weil ich's richtig und wichtig finde, dass ihr auf eure Belange aufmerksam macht und auch ich persönlich in der Landwirtschaft einiges in Schieflage sehe. Ganz abgesehen davon gibt es die Versammlungsfreiheit", sagt Eder. Das Landratsamt sei aber auch Sicherheitsbehörde und dafür verantwortlich, dass durch die Versammlungsfreiheit der einen andere nicht über Gebühr in ihrer Freiheit eingeschränkt oder sogar gefährdet werden. "So viel Protest wie möglich, aber bei möglichst wenig Gefahr für alle anderen." Um alle Interessen abwägen zu können, gebe es in solchen Fällen Abstimmungsgespräche mit den anderen Behörden. 

    Landwirte werden dem BBV-Geschäftsführer vor, sich nicht genügend für ihren Protest eingesetzt zu haben

    Auch am Dienstagnachmittag gab es ein solches Kooperationsgespräch, an dem Vertreter der Polizei, der Autobahn, des Landratsamts als Straßenverkehrs- und Versammlungsbehörde und Helmut Mader vom BBV teilgenommen haben. Ihm werfen die Landwirte vor, sich nicht ausreichend für die Blockade der Autobahnauffahrten starkgemacht zu haben – was, wie Eder in seiner Sprachnachricht beteuert, aber nicht stimme: "Herr Mader hat sich natürlich für eure Belange eingesetzt und eure Pläne natürlich auch verteidigt. Aber am Ende musste er halt einsehen, dass die Fachstellen diese Bedenken zur Gefährlichkeit haben und musste akzeptieren, dass einfach kein anderes Ergebnis möglich war. Der Bauernverband und ihr selber hättet einen Riesenärger bekommen, wenn ihr eure Planungen einfach so umgesetzt hättet." 

    Demnach war wohl auch im Gespräch, dass die Landwirte nicht die Auffahrten an sich blockieren, sondern sich mit ihren Traktoren links und rechts davon auf den Grünstreifen postieren. Doch auch das wäre aus Sicht der Behörden zu gefährlich gewesen, weil eine Blockade der Auffahrten nicht auszuschließen gewesen wäre. Sie hätten zu Rückstaus auf die Autobahn und die zuführenden Straßen führen können – mit schlimmstenfalls verheerenden Folgen: Erst vor wenigen Wochen hat sich auf der A66 bei Fulda im Rahmen einer angemeldeten Versammlung ein Auffahrunfall am Stauende ereignet, bei dem ein Lkw-Fahrer ums Leben gekommen ist und ein weiterer schwer verletzt wurde. Eine solche Gefährdung für Leib und Leben der Verkehrsteilnehmer stehe nicht in angemessenem Verhältnis zum verfolgten Zweck, der zudem keinerlei inhaltlichen Zusammenhang zur Autobahn habe, so die Behörden.

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    Bauern protestieren am 31. Januar auch im Unterallgäu gegen geplante Subventionskürzungen. Traktoren rollten unter anderem an der A96-Auffahrt Bad Wörishofen an.

    Geeinigt hatte man sich in dem Kooperationsgespräch schließlich darauf, dass die Schlepper nicht an den Auffahrten stehen dürfen, aber zwischen 9 und 14 Uhr in Sichtweite auf öffentlichen Feldwegen entlang der Autobahn. In den WhatsApp-Gruppen wurde dann dazu aufgerufen, sich schon ab sechs Uhr morgens dort zu postieren. Weil die Polizei davon Wind bekommen hatte, war auch sie schon am frühen Morgen vor Ort – und schickte offenbar einige der Landwirte wieder nach Hause. 

    Zum Beginn der angemeldeten Demonstrationen um 9 Uhr blieb es an den Autobahnauffahrten sowie den Feldwegen entlang der Autobahn dann überwiegend völlig ruhig: In Erkheim standen um kurz nach 9 Uhr zwei Traktoren auf dem Parkplatz neben einer Kompostierungsfirma, in Stetten und Mindelheim hatten sich, anders als in Bad Wörishofen, keine Landwirte an der Autobahn eingefunden. "Das war denen zu langweilig, nur danebenzustehen, die wollten Rambazamba machen", sagt Mader, der die Enttäuschung seiner Berufskollegen nachvollziehen kann. Die Auffahrten zu blockieren, "das macht halt den Eindruck, das macht den Effekt". Nur danebenzustehen, bringe zu wenig. "Ich war auch enttäuscht, dass wir so wenig genehmigt bekommen haben", gibt Mader zu. Landratsamt und Polizei seien im Unterallgäu deutlich strenger gewesen als in anderen Landkreisen. 

    Landrat Eder ruft die Landwirte dazu auf, auch wieder ins Gespräch zu kommen

    Aus der Sprachnachricht von Landrat Eder kann man folgern, dass das auch mit den unangemeldeten Straßenblockaden vom 8. Januar zu tun haben könnte: "Ihr macht einen superwichtigen Job für uns alle. Ihr leistet echt viel und ihr bekommt die Rahmenbedingungen für eure Arbeit seit Jahrzehnten immer weiter erschwert. Also klar, demonstriert, macht auf euch aufmerksam. Aber am 8. 1. um Mindelheim rum waren halt ein paar Situationen, da haben ein paar wenige von euch es leider übertrieben und es gab teilweise massive Beschwerden. Deshalb haltet euch bitte an die Regeln und lasst uns gemeinsam gute und sichere Wege für eure Proteste finden, dann bewahrt ihre euch auch den Rückhalt aus der Bevölkerung", so Eder. 

    Er rät den Landwirten zudem, den richtigen Zeitpunkt zu finden, um vom Demonstrieren auf allen politischen Ebenen auch wieder ins Gespräch zu kommen. "Weil man mögliche Lösungen halt auch nicht auf der Straße findet, sondern mit Gesprächen."

    Ganz ohne Rambazamba blieben die Demonstrationen am Mittwoch indes nicht: Durch die Memminger Innenstadt fuhr ein Korso aus rund 850 Traktoren und anderen Fahrzeugen. Es kam zu großen Verkehrsbehinderungen und Staus, etwas mehr als zwei Stunden führte kaum ein Weg aus der und in die Memminger Innenstadt. Anlass der Proteste war die BR-Sendung "jetzt red i“, die in der Stadthalle aufgezeichnet wurde. Die Veranstaltung stand unter dem Motto „Bauernwut und Ampelfrust – Wie viel ist uns unsere Landwirtschaft wert?“ Vor der Stadthalle versammelten sich 150 Demonstranten mit zehn Traktoren.

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