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Ski-Inline Alpin WM 2023 in Barcelona: Japans Nationalteam trainiert in Deutschland

Tussenhausen

Ski-Inline Alpin-WM: Japans Nationalteam trainiert in Tussenhausen

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    WM-Kader der japanischen Ski-Inline Alpin-Mannschaft zu Besuch in Tussenhausen:
(v. l.) Tomoya Hashimoto, Sho Takahashi, Natsuki Nagashima, Patrick Stimpfle, Francis Stimpfle und Yuichi Takahashi.
    WM-Kader der japanischen Ski-Inline Alpin-Mannschaft zu Besuch in Tussenhausen: (v. l.) Tomoya Hashimoto, Sho Takahashi, Natsuki Nagashima, Patrick Stimpfle, Francis Stimpfle und Yuichi Takahashi. Foto: Benedikt Dahlmann

    Sie tritt ihre Skates zweimal fest in den Startblock, holt tief Luft, und schmeißt sich den geteerten Abhang hinunter. Mit ihren Stöcken knallt sie die Hindernisse aus dem Weg. Ihre Knie wippen von links nach rechts, immer im Takt der Stangen, die ihr im Weg stehen. Nach zwanzig Sekunden ein langer Grätschschritt - und schon ist Natsuki Nagashima im Ziel. Die 22-jährige japanische Nationalfahrerin im Ski-Inline Alpin hat soeben ihre erste Trainingsfahrt auf dem Angelberg in Tussenhausen absolviert. Hier begleite ich sie bei ihrer Vorbereitung auf die Weltmeisterschaft in Barcelona.

    Vom Gefühl her findet Nagashima ihre Fahrt in Ordnung, aber bis zur WM will sie gerne noch etwas schneller werden. Dafür trainieren sie und ihr Team, zu dem neben Trainer Yuichi Takahashi noch der 22-jährige Sho Takahashi und der gerade einmal 14-jährige Tomoya Hashimoto gehören, gemeinsam mit den Tussenhausener Ski-Inline-Profis Patrick und Francis Stimpfle: Völkerverständigung auf Inlineskates.

    Ski-Inline Alpin, das ist so etwas wie die Sommervariante des alpinen Skifahrens auf hochmodernen Rollschuhen. Anders als normale Inlineskates haben Ski-Inliner größere und dafür weniger - meistens vier - Rollen. Je weniger Rollen, desto mehr ähnelt das Fahrverhalten dem des alpinen Skifahrens, weil die Schuhe dann schneller, aber auch weniger wendig sind.

    Die meisten Ski-Inliner kommen vom alpinen Skifahren

    Die 22-jährige Natsuki Nagashima bereitet sich auf dem Angelberg in Tussenhausen auf ihre WM-Teilnahme vor.
    Die 22-jährige Natsuki Nagashima bereitet sich auf dem Angelberg in Tussenhausen auf ihre WM-Teilnahme vor. Foto: Benedikt Dahlmann

    Die beiden Stimpfle-Brüder waren Anfang der 2000er-Jahre das Nonplusultra im deutschen Ski-Inline-Sport. "2004 hat unser Verein in allen Disziplinen die Meister gestellt", sagt Patrick Stimpfle. Er selbst war damals Vize-Europameister und mehrfacher deutscher Meister. Auch heute noch ist er Masters-Europameister in der Altersklasse ab 35 Jahren. Für die japanischen Fahrerinnen und Fahrer ist er also ein guter Mentor.

    Trotzdem will Stimpfle im Training auf dem Angelberg nicht als Oberlehrer daher kommen. "Wir haben für uns herausgefunden, dass die Grätsche im Ziel nicht das Beste ist", erklärt er den dreien, "wir waren jedes Mal schneller, wenn wir uns mit dem Oberkörper nach vorn geworfen haben. Aber ihr müsst gucken, wie es für euch am besten ist." Also fährt Nagashima wieder nach oben zum Start und probiert es erneut: Auftreten, Luftholen, Abfahrt.

    Wie die meisten Ski-Inliner kommt auch sie ursprünglich vom alpinen Skifahren. Wie beim alpinen Skifahren gibt es die Disziplinen Slalom und Riesenslalom. Zwischen 30 und 50 Km/h kriegen die Fahrerinnen und Fahrer beim Slalom auf die Asphaltpiste, beim Riesenslalom sogar bis zu 70 Km/h. Was als Sommer-Alternative zum Wintersport begann, ist heute eine eigene Sportart - mit großem Wachstumspotenzial. 

    Durch die Klimakrise hat Ski-Inline Alpin langfristig einen Vorteil gegenüber alpinem Skifahren

    Patrick Stimpfle erklärt den japanischen Ski-Inline Alpin-Fahrern, wie ihm eine perfekte Zieleinlauf gelingt.
    Patrick Stimpfle erklärt den japanischen Ski-Inline Alpin-Fahrern, wie ihm eine perfekte Zieleinlauf gelingt. Foto: Benedikt Dahlmann

    Denn durch die Klimakrise wird es bald immer weniger schneesichere Skigebiete geben. Schon heute gibt es viele Diskussionen über die Zukunft des Wintersports. So fordert Alexander Stöckl, seines Zeichens Skisprung-Trainer Norwegens, schon seit Jahren ein Überdenken des Begriffs Wintersport und Offenheit, beispielsweise für ganzjähriges Skispringen auf Matten.

    Dass Ski-Inliner das ganze Jahr über fahren, ist auch das erklärte Ziel von Patrick Stimpfle: "Ski-Inline Alpin wird den Stellenwert bekommen, davon bin ich überzeugt", sagt er. Für dieses Ziel richtet Stimpfle seinen Verein, die RG Wertachtal, auch auf Breiten- und nicht auf Spitzensport aus - obwohl er alles über Sponsoren finanziert. "Ich suche mir nicht die besten aus, sondern, die die am besten ins Team passen", sagt er. Dazu gehören Fahrer aus Serbien, Tschechien, Polen, der Schweiz und Kolumbien. 

    "Wenn du Lust hast, kannst du es auch direkt ausprobieren", bietet Patrick Stimpfle mir wie zum Beweis an, "für Skifahrer ist es nicht so schwierig." Tatsächlich fahre ich schon sehr lange Ski, mein letztes Mal Inline-Skating liegt jedoch schon viele Jahre zurück. Trotzdem schnalle ich mir die Schoner und Schuhe an, greife mir die Stöcke und fahre den Anfängerteil des Trainings-Parcours ab.

    Ohne Skating-Erfahrung ist der Unterschied zum Skifahren größer als gedacht

    Patrick Stimpfle springt beim Training in Tussenhausen vom Startblock ab.
    Patrick Stimpfle springt beim Training in Tussenhausen vom Startblock ab. Foto: Benedikt Dahlmann

    Das heißt, zunächst falle ich ihn mehr ab, als dass ich ihn abfahre. Doch nachdem ich zu Beginn noch ungeschickt auf den Hintern plumpse, wird es von Mal zu Mal besser. Erst stürze ich kontrolliert nach vorn auf die Schoner, ehe ich die Wiese zum Bremsen nutze. Nach ein paar Minuten gelingen mir die ersten Kurven, und ich fahre den Hügel runter und wieder hoch, ohne von meinen Schonern Gebrauch zu machen. Wie Skifahren ist es für mich allerdings noch lange nicht. Also räume ich schnell das Feld für die eigentlichen Protagonisten.

    Natsuki Nagashima ist wieder an der Reihe und zelebriert ihre Routine: Auftreten, Luftholen, Abfahrt. Während ihre Teamkollegen das erste Mal außerhalb von Japan reisen, war sie schon häufiger in Deutschland: "Das erste Mal war sehr aufregend", sagt sie, "ich war ganz alleine unterwegs und bin mit dem Zug von Frankfurt über Stuttgart zu meinem ersten Weltcup nach Tuttlingen gefahren. Es ist sehr schön jetzt wieder in

    Bei der Ski-Inline-WM in Barcelona sollen Top 10-Plätze rausspringen

    Japanisches Nationalteam zu Besuch in Tussenhausen
Yaichi Takahashi, Sho Takahashi, Tomoya Hashimoto und Natsuki Nagashima (v. l.) vor dem Tussenhausener Rathaus
    Japanisches Nationalteam zu Besuch in Tussenhausen Yaichi Takahashi, Sho Takahashi, Tomoya Hashimoto und Natsuki Nagashima (v. l.) vor dem Tussenhausener Rathaus Foto: Francis Stimpfle

    Der Kontakt zwischen ihrem japanischen Team und den Stimpfle-Brüdern kam über Instagram. Patrick Stimpfle hatte den japanischen Worldskate Organisator in Oberstdorf kennengelernt. Über ihn ist er via

    Direkt auf das gemeinsame Training folgt vom 06. bis 09. Juli die WM in Barcelona. Dann wollen alle in ihren Sparten vorn mit dabei sein. Patrick Stimpfle hofft bei den Herren auf die Top 10, ähnlich wie Tomoya bei den Junioren. Sho will eines Tages auf dem Treppchen stehen, auch wenn es bei dieser WM wohl noch nicht reichen wird. Und Natsuki? "Beim letzten Weltcup bin ich Zehnte geworden. Wenn ich das bei der WM schaffe, bin ich sehr zufrieden." Dann heißt es für sie wieder: Auftreten, Luftholen, Abfahrt. 

    Die Ski-Inline-WM wird ab dem 06. Juli 2023 unter www.worldskate-alpine.org Live im Internet übertragen. Los geht es um 9:00 Uhr mit dem ersten Durchgang des Riesenslaloms. Highlight ist der Parallelslalom am Sonntag, 09. Juli, ab 9:00 Uhr.

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