Rechtsstreit um Thermohalle für Geflüchtete geht vors Gericht
In Tussenhausen hat das Landratsamt eine Thermohalle für Flüchtlinge aufgestellt. Die Gemeinde hat dagegen geklagt und vorerst recht bekommen. Nun wird verhandelt.
Der Rechtsstreit um das Thermozelt für rund 80 Geflüchtete in Tussenhausen geht in die nächste Runde. Am Freitag wird vor dem Verwaltungsgericht in Augsburg die Klage des Marktes Tussenhausen gegen den Freistaat Bayern - also das Landratsamt Unterallgäu als Genehmigungsbehörde - verhandelt. Der Fall bewegt seit Sommer vergangenen Jahres die Menschen im Ort und hat auch eine längere juristische Vorgeschichte.
Das Landratsamt wollte in einer Thermohalle in Tussenhausen rund 80 Geflüchtete unterbringen, bekam aber Gegenwind aus der Gemeinde in Form einer Klage zu der Baugenehmigung. Erst hatte das Bayerische Verwaltungsgericht in einer Eilentscheidung diese Klage abgewiesen. Im Januar hatte dann wiederum der Bayerische Verwaltungsgerichtshof diese Entscheidung gekippt und damit der Gemeinde Tussenhausen in zweiter Instanz recht gegeben. Damit stand fest: Das Thermozelt, das bereits Ende 2023 errichtet worden war, kann vorerst nicht belegt werden. Nach den beiden Eilentscheidungen wird der Streit um den Bauantrag nun vor dem Verwaltungsgericht verhandelt - aber worüber genau?
Jetzt geht es vor Gericht um die Thermohalle von Tussenhausen
Geht ein Bauantrag für eine solche Notunterkunft bei einer Gemeinde ein, hätte sie einen Monat Zeit, um eine Stellungnahme dazu abzugeben. Meldet sich die Kommune nicht zu Wort, gilt das gemeindliche Einvernehmen automatisch als erteilt. Spricht eine Gemeinde ein deutliches Nein aus, könnte sich eine Behörde wie das Landratsamt dennoch darüber hinwegsetzen - doch dafür müsste das Landratsamt einen Prozess in Gang setzen, in dem auch die Gemeinde wieder informiert würde.
Das ist in Tussenhausen nicht der Fall gewesen. Denn aus Sicht des Landratsamts hatte die Gemeinde über den Bauantrag des Landkreises nicht innerhalb der einmonatigen Frist abgestimmt. Die Gemeinde klagte, da ihrer Ansicht nach für eine Entscheidung noch Daten zum Immissionsschutz gefehlt hatten. Bürgermeister Johannes Ruf hatte im Herbst in einer Gemeinderatssitzung ausführlich geschildert, dass am 27. September 2023 der Beschluss des Landratsamts bei der Gemeinde eingegangen sei, dass die Baugenehmigung erteilt wurde. Man setze das gemeindliche Einvernehmen voraus, weil auf den Bauantrag vom 21. Juni 2023 nicht innerhalb eines Monats reagiert wurde, hieß es darin unter anderem. Doch genau diese Monatsfrist war es, die Anlass zur Klage bot.
Womit die Gemeinde Tussenhausen ihre Klage begründet
Der von der Gemeinde beauftragte Rechtsanwalt Axel Weisbach hatte festgestellt, dass die Frist erst dann beginne, wenn der vollständige Bauantrag vorliege. Dies sei in Tussenhausen aber erst am 27. September der Fall gewesen, weil zunächst in dem Schreiben noch einige Ausnahmen vom Bebauungsplan genannt wurden, die ebenfalls genehmigt werden mussten. Diesen Formfehler hat die Gemeinde geltend gemacht und im Januar damit in zweiter Instanz Recht bekommen: Die Frist zur Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens sei nicht in Gang gesetzt worden und konnte daher auch nicht ablaufen, so die Begründung.
Vor dem Verwaltungsgericht Augsburg treffen am Freitag nun Gemeinde und Landratsamt aufeinander. Die Kammer des Gerichts hat zwei Möglichkeiten, zu urteilen: Weist sie die Klage der Gemeinde ab, bekommt das Landratsamt recht und könnte damit theoretisch Geflüchtete in der Halle unterbringen.
Die Gemeinde könnte aber noch in die nächste Instanz gehen und vor den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof ziehen, der ihr in der Eilentscheidung schon einmal recht gegeben hat. Gibt die Kammer in Augsburg hingegen der Klage aus Tussenhausen statt, wäre ein neues Baugenehmigungsverfahren für die Halle fällig. In diesem Fall könnte das Landratsamt in die nächste Instanz gehen. Soweit die Theorie.
Die Thermohalle für Geflüchtete soll Ende Mai wieder abgebaut werden
In der Praxis soll die Halle Ende Mai wieder abgebaut werden. Das hat der Landkreis kürzlich entschieden, denn das Grundstück, auf dem das große Zelt steht, hat er nur gepachtet, und wie Pressesprecherin Eva Büchele mitgeteilt hat, wurde dem Landkreis der Pachtvertrag zum Ende des Jahres gekündigt. Weil man im Landratsamt davon ausgehe, dass das Gerichtsverfahren bis dahin noch nicht abgeschlossen sein wird, habe man sich entschieden, die Halle so schnell wie möglich wieder abzubauen. Die anfallenden Kosten "bewegen sich im unteren sechsstelligen Bereich", heißt es auf Anfrage unserer Redaktion.
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