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Erhitzte Gemüter bei der Bürgerversammlung in Tussenhausen
![Das Asylthema zog 250 Bürgerinnen und Bürger zur Bürgerversammlung in die Tussenhausener Mehrzweckhalle. Das Asylthema zog 250 Bürgerinnen und Bürger zur Bürgerversammlung in die Tussenhausener Mehrzweckhalle.](https://www.augsburger-allgemeine.de/resources/1715673836705-1/ver1-0/img/placeholder/16x9.png)
Spätestens nachdem ein Sarg vor der geplanten Asylunterkunft in Tussenhausen aufgestellt wurde, stand das Top-Thema der Bürgerversammlung in Tussenhausen fest.
![Erhitzte Gemüter bei der Bürgerversammlung in Tussenhausen Benedikt Dahlmann](https://www.augsburger-allgemeine.de/img/bilder/crop65122126/2733051890-cv1_1-w40-owebp/Dahlmann-Benedikt?t=.jpg)
Es war wie das Warten auf den großen Knall. Gut eine Stunde lang stellte Tussenhausens Bürgermeister Johannes Ruf zusammen mit seinen Räten und Verwaltungsmitarbeitern die Jahresbilanz der Gemeinde vor. Es ging um die neu- beziehungsweise umgebauten Kindertagesstätten in Zaisertshofen und Tussenhausen, um die Finanzen, um die Umgestaltung des Friedhofs und um die Arbeit der Quartiersmanagerin zur Betreuung der Senioren. Hier und da gab es ein paar Rückfragen, aber eigentlich warteten alle im Saal nur darauf, dass endlich Tagesordnungspunkt sieben an die Reihe kam: Asyl. Als es so weit war, kam er, der Knall.
"Wer zahlt die Schäden?", wollte Armin Rösch als Erster von Walter Schmid von der Polizei Bad Wörishofen wissen. Als der darauf nicht so recht antworten konnte, sprang ihm Bürgermeister Ruf zur Seite: "Wenn jemand einen Schaden verursacht, muss er dafür aufkommen." Großes Gelächter im Saal. "Das geht ja noch weiter mit Personenschäden", entgegnete Rösch. Tosender Applaus. Der Ton war gesetzt für einen Abend, an dem viele Sorgen und Ängste geäußert wurden - aus allen Richtungen. Mal wurden sie bedacht vorgetragen, mal wütend, mal verzweifelt, mal konkret, mal pauschalisierend, fast immer vernünftig, manchmal aber auch menschenfeindlich. Am Ende standen ein paar konstruktive Vorschläge, viel Frust und wenig Aussicht auf Besserung im Raum. Das lag auch an einem unvorbereiteten Polizist und an einem abwesenden Landrat, den sich viele Bürgerinnen und Bürger vor Ort gewünscht hätten.
Die geplante Alu-Thermohalle für Asylbewerber war das Hauptthema in Tussenhausen
"Der hat durchweg schlechte Erfahrungen gemacht, wenn er irgendwo hinkommt. Der wird nur beschimpft", erläuterte Johannes Ruf die Entscheidung des Landrates Alex Eder, nicht in Tussenhausen vorstellig zu werden. Genau das stieß vielen Tussenhausenern aber sauer auf. "Niemand spricht mit uns. Wir sind überrannt worden. Er müsste hier herkommen und sagen, er beschützt uns. Wir Deutsche wollen beschützt werden", sagte Bernd Linke. Josef Lechner empfand ähnlich: "Ja, die anderen sind schutzbedürftig, aber wer schützt uns? Wie lange müssen wir noch die Füße stillhalten?" Bernd Linke ergänzte: "In dieser Polizei sehe ich keinen Schutz."
Da ergriff Johann Gubo das Wort: "Beschimpfungen der Polizei kann ich nicht verstehen. Ich bin selbst ein Flüchtlingskind. Ich weiß, was Zuflucht ist. Mein Vater und mein Großvater sind vertrieben worden, die wurden hier auch nicht nur freundlich empfangen." Immer wieder wurde er in seinem Wortbeitrag unterbrochen. Aber er ließ sich nicht abbringen. "Ich erzähle diese Geschichte, weil sie wichtig ist. Die Angst speist sich daraus, dass es dunkle Männer sind. Das geht mir auch so. Aber ich bitte euch: Geht hin zu den Menschen. Die sind genau wie wir."
Im Anschluss gab es weitere Beiträge, die Gubo widersprachen. Die einen drückten Ängste aus, andere sagten, dass die Menschen nicht hierher passten, und wieder andere sprachen von Schmarotzern, die es auf das Steuergeld abgesehen hätten. Immer wieder kamen Bürgerinnen und Bürger auf die Kriminalitätsrate unter Flüchtlingen zu sprechen. Walter Schmid konnte jedoch keine konkreten Angaben dazu machen. "Mal mehrmals am Tag, mal gar nicht" würde die Polizei zu den Sammelunterkünften in Bad Wörishofen fahren, aber "eine Statistik habe ich nicht vorliegen", sagte er. Und immer wieder hieß es: "Dazu kann ich keine Aussage treffen." Irgendwann hatte Schmid, immerhin stellvertretender Dienststellenleiter in Bad Wörishofen, den Satz so oft gesagt, dass aus dem Publikum nur noch Gelächter kam. "Das darf man alles nicht sagen", rief einer.
Die Jahresbilanz der Gemeinde Tussenhausen fällt positiv aus
Johannes Ruf war zu diesem Zeitpunkt bereits sichtbar angefasst von der Debatte. "Wenn du mir sagst, wie ich das Problem lösen soll, dann sehen wir uns morgen Vormittag im Rathaus", sagte er zu Christian Holzmann, der anbrachte, dass jetzt auch mal die anderen Gemeinden an der Reihe seien, Flüchtlinge aufzunehmen. Armin König, Dritter Bürgermeister, fing die Diskussion daraufhin wieder ein: "Das ist hier grade Plenum gegen Gemeinderat", sagte er, "aber wir haben nun mal Rechte, an die wir uns halten müssen." Stefan Leinsle schlug vor, eine richtige Unterkunft zu bauen und im Nachhinein sozialen Wohnungsbau daraus zu machen.
Dagmar Lukas-Edelmann war derweil erschüttert über viele der Aussagen ihrer Vorredner. "Ich bin schockiert darüber, wie hier geredet wird. Wir können doch nicht das Recht auf Asyl abschaffen. Ich habe auch Ängste, das ist doch normal, aber wir können doch nicht so tun, als wären das alles Straftäter, Vergewaltiger und Kriminelle." Außerdem sei man - bezogen auf den Wohlstand, die Freiheit und die Möglichkeiten in Deutschland - auf einem sehr hohen Niveau.
Tatsächlich ergab das im Großen und Ganzen auch die vorangegangene Versammlung. Viele Senioren nehmen die Angebote von Quartiersmanagerin Birgit Möller an, auf dem Friedhof sollen - ähnlich wie in Markt Wald - Baumgräber entstehen und die Gemeinde hat über die vergangenen Jahre viele Schulden abgebaut. Zwar werden in naher Zukunft keine großen Investitionen möglich sein, dafür hat die Gemeinde mit den Kindergärten in Tussenhausen und Zaisertshofen, mehreren neuen Brücken sowie drei neuen Feuerwehrautos und einer sanierten Kläranlage auch kräftig investiert. Im Gegensatz zur Asyldebatte schienen andere Themen an diesem Abend jedoch offenbar nicht so sehr zu interessieren. Für den achten Tagesordnungspunkt waren 100 der 250 Versammlungsteilnehmer bereits wieder gegangen.
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