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Türkheim: Kult-Wirt Bodo knipst im "Paparazzi" in Türkheim das Licht aus

Türkheim

Kult-Wirt Bodo knipst im "Paparazzi" in Türkheim das Licht aus

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    Bogdan "Bodo" Dzierzynski  vor seinem "Paparazzi", die seit Jahrzehnten die Kult-Kneipe in Türkheim war.
    Bogdan "Bodo" Dzierzynski vor seinem "Paparazzi", die seit Jahrzehnten die Kult-Kneipe in Türkheim war. Foto: Sabine Schaa-Schilbach

    Er sitzt zum letzten Mal auf seiner Terrasse und genießt die Frühlingssonne: Bogdan Dzierzynski. In Türkheim und darüber hinaus kennen ihn die 18- bis 80-Jährigen nur als Bodo. Aber so habe ihn, den jetzt 61-Jährigen, auch schon seine Mama gerufen. Bodo und seine Bar „Paparazzi“ waren in

    Der Türkheimer Kult-Wirt "Bodo" macht sein "Paparazzi" schweren Herzens zu

    Bodo stammt aus Warschau, wo er seine Kindheit und Jugend verbrachte. Er hat zwei Schwestern, die eine davon sogar sein Zwilling. Das Gastronomie-Gen hat er von seinem Papa und seiner Oma mitbekommen. Verwandte hatten Anfang des vorigen Jahrhunderts sogar ein Café mit Feinkost in den USA. Doch erst einmal drückte den jungen Bodo das damalige kommunistische Regime in Polen. Mit 24 Jahren verließ er seine Heimat. Nach Zwischenstationen in Schweden und Deutschland kam er ins Unterallgäu.

    Bogdan "Bodo" Dzierzynski beim Aufräumen im "Paparazzi" Aga (links) und Aneta.
    Bogdan "Bodo" Dzierzynski beim Aufräumen im "Paparazzi" Aga (links) und Aneta. Foto: Sabine Schaa-Schilbach

    Im Golfclub am Ludwigsberg arbeitete er neun Jahre an der Bar. Und machte gleichzeitig eine Ausbildung in der Gastronomie in Bad Wörishofen, mit dem Ziel eines eigenen Betriebs. Da kam das ehemalige mexikanische Speiselokal an der Türkheimer Hauptstraße gerade richtig. „Ich hab mir Zeit gelassen, um etwas zu finden, das zu mir passt“, erinnert er sich an die Anfänge.

    Das ist jetzt schon 25 Jahre her. Während der ersten Jahre wurde „das Paparazzi“ um einen Wintergarten und dann um eine Sonnenterrasse an der Maximilian-Philipp-Straße erweitert. „Ich hatte ja meine Basis in Türkheim. Deshalb musste ich beim Paparazzi nicht bei null anfangen“, sagt Bodo. Es sei für ihn ein Glücksfall gewesen, in seinem Ort und in dieser Lage das Lokal zu finden, das zu ihm passte. Die Verbindung zu den Gästen des Golfclubs riss nie ab. Es habe eine gute Zusammenarbeit gegeben. Sein Publikum sei immer schon gemischt gewesen. „Gleiche Wellenlänge“: das war es.

    Bogdan Dzierzynski alias "Bodo" und ein sonniger Frühlingstag auf seiner Terrasse.
    Bogdan Dzierzynski alias "Bodo" und ein sonniger Frühlingstag auf seiner Terrasse. Foto: Sabine Schaa-Schilbach

    „Ich bin immer Einzelkämpfer gewesen.“ Angestellte habe es viele gegeben, aber wie das heutzutage so sei, „sie kommen und sie gehen.“ Das sei eine andere Generation als zu seiner Zeit. „Heute werde viele jungen Leute von den Eltern unterstützt, sie brauchen das Geld nicht mehr so sehr.“ Zu seiner Zeit sei das noch anders gewesen.

    Bodo erzählt von seinem Vater, der im Krieg im Widerstand war. Trotzdem habe der Vater seinen Buben immer daran erinnert, dass es „keine schlechten Deutschen und keine schlechten Polen“ gibt. Als der Vater merkte, dass sein Sohn ins Ausland wollte, habe er ihm etwas Deutsch beigebracht, ganz bewusst und gezielt. 

    Wenn man einen Gastwirt fragt, wie sich die schwierige Corona-Zeit auf den Betrieb ausgewirkt hätte, bekommt man sehr unterschiedliche Antworten. „Die Bars hat es am härtesten getroffen“, sagt Bodo. Sie mussten als erste schließen und durften erst als letzte, Wochen später, wieder aufmachen. Er habe keine staatliche Unterstützung während des Lockdowns in Anspruch genommen. „Ich musste aber alle meine Ersparnisse ausgeben.“ Nach Covid hatte er nur noch von Donnerstag bis Samstag geöffnet. Aber zum Glück habe es weiterhin auch private Veranstaltungen wie Weihnachts- und Betriebsfeiern gegeben.

    Für Bogdan Dzierzynski war jetzt der richtige Zeitpunkt das "Paparazzi" zu schließen

    Jetzt ist das Paparazzi ab dem 1. April endgültig geschlossen. Für Bodo war es der richtige Zeitpunkt zum Aufhören. Die letzte Zeit hätte ihn viel Kraft gekostet. Mit Helfern und Helferinnen wird noch aufgeräumt und sauber gemacht. Damit ist eine Türkheimer Ära Vergangenheit. „Es tut mir richtig leid, dass ich jetzt gehe“, sagt Bodo nachdenklich, „ich hab das selber nicht gewusst, wie sehr ich daran hänge… es war mehr als ein Wohnzimmer für mich. Es war Heimat.“ Für alles Engagement bedankt er sich besonders bei Tobi, Christina, Rosalie und Fanny, seinem Team.

    Einen Nachfolger für das Paparazzi gibt es noch nicht. „Das steht in den Sternen“, sagt Bodo dazu. Er belässt das nostalgische Inventar seiner Bar an Ort und Stelle. „Damit es bei einem neuen Pächter nicht ganz fremd aussieht – für diejenigen, die schon seit 25 Jahren kommen. „Ich würde es einem Nachfolger auch nicht empfehlen, etwas Neues zu machen – wenn er geschäftlich denkt. Das Paparazzi soll auch ohne mich überleben!“

    Als einen Menschen von großer Herzlichkeit beschreiben ihn die zwei Frauen, die beim Aufräumen helfen: "Auch wenn es manchmal ein bisschen chaotisch war, aber da war immer eine Harmonie. Wir sind alle traurig, dass er geht. Bodo ist einfach ein herzensguter Mensch.“

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