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Türkheim: Dreifache Mutter hat genug vom Homeschooling und fragt: Warum, Herr Söder?

Türkheim

Dreifache Mutter hat genug vom Homeschooling und fragt: Warum, Herr Söder?

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    „Es wird nichts nutzen, aber immer nur zu Schweigen ist auf Dauer auch keine Lösung mehr“Post aus Türkheim bekommt Ministerpräsident Markus Söder (CSU) in diesen Tagen. Eine dreifache Mutter hat sich ein Herz gefasst und auf die Sorgen und Nöte der Familien in der Corona-Krise hingewiesen. „Wann öffnen Sie die Schulen und Kitas wieder? Viele Mütter sind an ihre Grenzen gekommen“
    „Es wird nichts nutzen, aber immer nur zu Schweigen ist auf Dauer auch keine Lösung mehr“Post aus Türkheim bekommt Ministerpräsident Markus Söder (CSU) in diesen Tagen. Eine dreifache Mutter hat sich ein Herz gefasst und auf die Sorgen und Nöte der Familien in der Corona-Krise hingewiesen. „Wann öffnen Sie die Schulen und Kitas wieder? Viele Mütter sind an ihre Grenzen gekommen“ Foto: oH

    „Es wird nichts nutzen, aber immer nur zu schweigen ist auf Dauer auch keine Lösung mehr“, sagt eine Türkheimerin, Mutter von drei Kindern im Alter von sechs, acht undneun Jahren. Nachdem es nun den Eltern wieder „zugemutet“ werde, mindestens drei weitere Wochen zuhause die Lehrer ihrer Kinder zu „mimen“, platzte ihr der Kragen und sie schrieb einen Brief an Ministerpräsident Söder. „Ich bekomme mit, dass immer mehr Mütter an ihre Grenzen kommen“, sagt die Türkheimerin. Man müsse sich auch mal trauen, etwas zu sagen: „Und wenn es nur dazu dient, dass andere sehen, dass sie nicht alleine sind“, ist die Mutter überzeugt.

    Mutter aus Türkheim hat Angst, wegen ihrer Kritik angefeindet zu werden

    Ihren Namen will sie aber lieber nicht in der Zeitung lesen, denn: „Ich werde teilweise von anderen schon angefeindet, dass man sich nicht aufregen braucht und schon alles seinen Sinn haben wird, was entschieden wird“, so ihre Begründung.

    In ihrem Schreiben stellt sie ihre Fragen an Ministerpräsident Söder und jede Frage beginnt dabei gleich: „Warum, Herr Söder...?“.

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    Zunächst kritisiert die Türkheimerin eine Ungerechtigkeit: „Warum dürfen Kinder nicht in die Schule/Kita gehen und zur gleichen Zeit starten vom Münchner Flughafen während der verlängerten Weihnachtsferien rund 4000 Flüge mit rund 200.000 Passagieren nach Mexiko, Namibia, Südafrika, Südamerika, auf die Malediven, in die Dominikanische Republik usw.?“

    Und warum seien „20 Kinder im Klassenzimmer mit Mund-Nasen-Schutz zu viele, in den Flugzeugen aber 200 Personen aus einem deutlich größeren Einzugsgebiet auf noch engerem Raum in Ordnung?“, fragt die Mutter.

    Schnelltests am Flughafen und im Leistungssport seien möglich – warum aber nicht in den Schulen? Bei ihrer nächsten Frage weist die Mutter auf ihre „bewusst provokante Wortwahl hin: „Darf daraus gefolgert werden, dass „Reiselust“ und „Sportvergnügen“ wichtiger sind als die Bildung der nächsten Generation und der Friede in den Familien?“, will sie wissen.

    So werde etwa die Quarantäne von Schülern vom Gesundheitsamt per Briefpost angeordnet, die Quarantäne von Reiserückkehrern gar nicht erst weiter verfolgt, bemängelt sie. „Wie ist ohne eine Erfassung an den Grenzen die Einhaltung der Quarantäneverordnung nachvollziehbar? Wird davon ausgegangen, dass sich alle Rückkehrer eigenverantwortlich in Quarantäne begeben?“ Eher sarkastisch fügt sie dann dazu: „Hoffentlich gelingt dies besser, als beim Umgang mit Tagesausflügen“.

    Türkheimerin lädt Ministerpräsident Söder zu sich nach Hause ein

    „Warum“, so die Türkheimerin, „müssen alle Menschen darauf achten, ihre Kontakte zu reduzieren, aber mobile Pflegedienste dürfen ihren oft hochbetagten Patienten jeden Tag eine andere Pflegekraft schicken. Diese kämen „oftmals aus Osteuropa und seien die Weihnachtsfeiertage in ihrer Heimat gewesen, glaubt die Türkheimerin zu wissen. „Warum waren Jahrzehnte lang zwei Staatsexamen als Voraussetzung für das Unterrichten von Kindern notwendig, und nun kann jeder mit Unterstützung einer Lehrkraft via Mail und Wochenplan Kinder zum Unterricht anleiten“, fragt sie weiter.

    Vor allem in den Jahrgangsstufen 1 bis 6 sei „Homeschooling nur mit immenser Beteiligung der Eltern möglich“, betont die dreifache Mutter.

    Und sie lädt den Ministerpräsidenten auch ein: „Warum besuchen Sie nicht einfach mal gemeinsam mit Herrn Piazolo eine Familie im Homeschooling-Alltag?“ Am besten vielleicht eine Familie mit einer alleinerziehenden Mutter, oder eine Familie mit systemrelevantem Vater, der ganztags in der Arbeit ist, ab drei Kinder unter zehn Jahren im Haushalt, so die Forderung der Türkheimerin: „Dann wird es umso spannender“, sagt sie und fügt hinzu: „Die Belastung für Mütter steigt nochmals massiv an, wenn der Vater der Kinder tagsüber nicht greifbar ist“.

    Nicht angemessen findet sie auch, dass Eltern auf die Medienhygiene ihrer Kinder und dabei auf den üblichen Rahmen maximal zwei Stunden am Tag achten sollen, aber „für den Distanzunterricht in den weiterführenden Schulen Kinder von 8 bis 13 Uhr vor den Computern sitzen müssten.

    Aus Sicht der Türkheimerin werden „Kinder in der Notbetreuung stigmatisiert“, weil ihre Eltern es nicht anders managen können, alles unter einen Hut zu bekommen. „Oftmals sind es nur einzelne Kinder vor allem in ländlichen Gebieten, die notbetreut werden. Oftmals Kinder von Alleinerziehenden. Wie sich diese Kinder wohlfühlen?“, so die rhetorische Frage der Mutter. Der Ministerpräsident habe schließlich gesagt, dass „alle, die es brauchen“, die Notbetreuung der Kindergärten nutzen dürfen. Dem hält sie dagegen: „Warum zählt die Betreuung von schulpflichtigen Kindern zuhause nicht als ,Arbeit’, sodass die Mütter im Homeschooling wenigstens ihre Kindergartenkinder betreut wissen“.

    Experten würden immer wieder „sagen, dass die Frauen die Verlierer der Krise sind“. Und trotzdem gebe es weiterhin keinen Präsenz-unterricht, der es den berufstätigen Müttern erlaubt, ihrer Erwerbstätigkeit nachzugehen“, kritisiert die dreifache Mutter. Arbeitgeber seien vor der

    Eine betroffene Mutter aus Türkheim sagt: Ich bin komplett am Ende"

    Nur bei Schülern werde von der „Corona-Dunkelziffer“ gesprochen, nicht aber „von der Dunkelziffer der psychischen Schäden“, kritisiert die Türkheimerin weiter. „Wie viele Kindertränen wohl im Lauf der Krise schon getrocknet, wie viele Stunden des Trostes gespendet werden mussten?“, fragt sie. Und: „Gibt es eventuell auch eine Dunkelziffer bei Reiserückkehrern?“

    Aus Sicht der Türkheimerin sind zwar „viele Maßnahmen notwendig und sinnvoll“. Andere Maßnahmen aber erscheinen ihr widersprüchlich. Sie will daher direkt vom Ministerpräsident Söder wissen: „Wann öffnen Sie die Schulen und Kitas wieder“, denn sie ist überzeugt: „Viele Mütter sind an ihre Grenzen gekommen. Geld allein hilft nicht,“ sagt sie und beruft sich dabei auch auf zahlreiche Aussagen von anderen Müttern aus ihrem Bekanntenkreis. Eine davon sagt: „Ich bin komplett am Ende!“

    Mit einer Antwort aus München rechnet die Türkheimerin nicht wirklich: „Maximal mit einem Standardschreiben voller Allgemeinplätze“. Sollte Söder aber ihre Einladung tatsächlich annehmen, dann sei er „jederzeit zwischen 8 und 13 Uhr“ willkommen, um sich selbst mal ein Bild des „Schulwahnsinns Zuhause“ zu machen.

    Besser wäre es noch, Söder würde ab 6 Uhr dabei sein, sagt die dreifache Mutter: „Dann würde er auch sehen, dass ein Tag ohne Vor-Ort-Schule gar nicht erst startet, wie ein Tag in der Schule“.

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