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So schnell sind die Feuerwehren im Unterallgäu am Einsatzort
![Wie schnell die Feuerwehren am Einsatzort sind, hängt auch von der Fläche einer Gemeinde ab. Unser Bild zeigt einen Brand in Hohenreuten im Dezember 2021. Wie schnell die Feuerwehren am Einsatzort sind, hängt auch von der Fläche einer Gemeinde ab. Unser Bild zeigt einen Brand in Hohenreuten im Dezember 2021.](https://www.augsburger-allgemeine.de/resources/1715674498059-1/ver1-0/img/placeholder/16x9.png)
Eine Studie zeigt: Einige Feuerwehren benötigen fast eine halbe Stunde bis zum Einsatzort. Im Unterallgäu muss man keine Angst haben. Hier ist der Spitzenreiter in knapp zwei Minuten vor Ort.
Wenn eine Kerze erst die Dekoration und dann ein ganzes Zimmer in Brand setzt oder wenn ein kleiner technischer Defekt zu einem großen Feuer führt, sollte die Rettung schnellstmöglich eintreffen. Doch hier schlägt das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Alarm. „In einigen Regionen Deutschlands braucht die Feuerwehr fast eine halbe Stunde bis zum Einsatzort“, heißt es in ihrer aktuellen Studie, die auch detaillierte Aussagen über die Anfahrtszeiten der Wehren in den Gemeinden im Unterallgäu trifft. Wir haben die Lage in der Region mit Kreisbrandrat Alexander Möbus unter die Lupe genommen.
29.000 Brände meldete der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft zuletzt bundesweit. Im Unterallgäu kam es 2020 zu 311 Brandeinsätzen, teilt Kreisbrandrat Alexander Möbus auf Anfrage unserer Redaktion mit; aktuelle Zahlen für 2021 liegen noch nicht vor. Löscharbeiten machten aber im Unterallgäu jedoch nur rund 14 Prozent der Einsätze aus.
Technische Hilfeleistungen kommen bei den Unterallgäuer Wehren am häufigsten vor
Am häufigsten mussten die Frauen und Männer der Freiwilligen Feuerwehren bei ihren insgesamt 2167 Einsätzen zu technischen Hilfeleistungen ausrücken: Insgesamt 1076 Mal sicherten sie beispielsweise Unfallstellen ab, retteten Kleintiere oder öffneten Türen im Notfall. 56 Mal tauchen in der Statistik ABC-Einsätze auf, die – gottseidank – spektakulärer klingen, als sie es häufig sind: Wenn Flüssigkeit oder Gas austreten, wird das unter diesem Punkt zusammengefasst.
Insgesamt verfügt Bayern über ein dichtes Netz mit mehr als 7700 Feuerwehren, sieben davon sind Berufsfeuerwehren, 156 Werkfeuerwehren und 53 Betriebsfeuerwehren. Aktiv im Dienst sind bei diesen Wehren mehr 325.000 Frauen und Männer. Auch die Zahlen im Unterallgäu können sich sehen lassen. „Wir haben 129 Freiwillige Feuerwehren und eine Werkfeuerwehr bei Salamander in Türkheim“, sagt Kreisbrandrat Möbus. Insgesamt gibt es 5500 Aktive – eine Zahl, die seit Corona ziemlich gleichgeblieben und sogar leicht gestiegen ist.
Das Institut für Wirtschaft hat die Geokoordinaten von tausenden Feuerwehren ausgewertet
Doch wie schnell sind diese Ehrenamtlichen am Einsatzort? Für die Beantwortung dieser Frage berücksichtigten die Experten des IW in ihrer Studie nach eigenen Angaben die Geokoordinaten von rund 26.000 Feuerwehren. Sie berechneten, wie lange die Fahrt ohne Stau oder andere Hindernisse zu 95 Prozent der Haushalte in der jeweiligen Region dauert. Für die IW-Auswertung wurde von jedem Punkt zu den drei geografisch nächstgelegenen Feuerwachen die Fahrzeit ausgerechnet.
Die daraus resultierenden kürzesten Fahrzeiten wurden für die Berechnungen auf Gemeindeebene verwendet. Gemessen wurde demnach nur die reine Fahrzeit, keine Anreise zur Wache und keine Rüstzeit. „Wie lange der einzelne Freiwillige im Alarmfall dann beispielsweise von seiner Arbeit zum Feuerwehrhaus braucht, konnten wir natürlich nicht berechnen“, erklärt Dr. Henry Goecke, der Leiter der Forschungsgruppe Big Data Analytics des IW.
In Fellheim ist die Feuerwehr am schnellsten vor Ort
Demnach schneiden die Großstädte mit Werten zwischen sechs und acht Minuten mittelmäßig ab, teilte das IW mit. Insgesamt brauchen die Retter in rund zwei Prozent der deutschen Kommunen länger als 12,5 Minuten. Im Unterallgäu ist das nirgendwo der Fall. Spitzenreiter im Landkreis laut der IW-Studie ist die Gemeinde Fellheim, wo die Feuerwehr eine Anfahrt von 1,8 Minuten hat. Allerdings gehört Fellheim mit nur fünf Quadratkilometern Fläche auch zu den kleinsten Gemeinden im Landkreis. Die meisten Gemeinden, die besonders gute Werte erzielen, sind eher kompakt. In flächenmäßig größeren Kommunen mit vielen Ortsteilen und Weilern wird das schon schwieriger.
Wenn sich der Unterallgäuer Kreisbrandrat Alexander Möbus die bunte Deutschlandkarte der Studie ansieht, stellt er vor allem eines fest: „Wir sind in Bayern noch gut aufgestellt, da die Zehn-Minuten-Hilfsfrist hier tief verankert ist und wir sie als Planungsgröße verwenden.“ Das heißt: Grundsätzlich muss jede an einer Straße gelegene Einsatzstelle von einer gemeindlichen Feuerwehr in höchstens zehn Minuten nach Eingang des Notrufs erreicht werden können.
Diese Hilfsfrist setzt sich zusammen aus der Gesprächs- und Dispositionszeit der alarmauslösenden Stelle, für die eineinhalb Minuten eingeplant werden, sowie der Zeit von der Alarmierung bis zum Ausrücken der Feuerwehr, für die vier Minuten berechnet sind, und die Anfahrt, für die viereinhalb Minuten übrig bleiben. Damit erreiche man innerhalb der Hilfsfrist etwa einen Radius von fünf Kilometern, erklärt Möbus.
Die nächste Feuerwehr wird immer als erstes alarmiert
Alarmiert werde nach dem „Helfer vor Ort“-Prinzip immer die nächstgelegene Feuerwehr – egal, welche Ausrüstung sie hat; zusätzlich weitere Wehren, die für den jeweiligen Einsatz nötig sind und die entsprechende Ausrüstung und Ausbildung besitzen. Eine Statistik darüber, wie schnell die ersten Helfer tatsächlich vor Ort sind, gibt es im Unterallgäu laut Möbus nicht.
Er geht davon aus, dass es den Rettern nicht an jeder Stelle im Landkreis möglich ist, binnen der Hilfsfrist anzukommen. „Wir sind ein Flächen-Landkreis, da werden wir die zehn Minuten nicht überall einhalten können“, erklärt er. Es sei aber auch eine Frage der Verhältnismäßigkeit, so Möbus: „Braucht man das bis zum hintersten Zipfel im Niemandsland oder im Wald?“ Wichtig sei eine schnelle Hilfe vor allem im besiedelten Gebiet und dort, wo es Industrie oder stark befahrene Straßen gibt. Darauf werde bei Baugenehmigungsverfahren auch geachtet.
Besonders untertags sind weniger Einsatzkräfte in den Unterallgäuer Wehren verfügbar
„Wichtig für die Einsatzstärke ist aber auch das Thema Tagesalarmverfügbarkeit“, sagt Möbus. Das heißt: Wie viele Einsatzkräfte können während der normalen Tageszeit zum Einsatz ausrücken? Weil viele für die Arbeit aus ihren Dörfern auspendeln, seien die Wehren tagsüber wesentlich schlechter aufgestellt als nachts. Das Problem löst man im Unterallgäu dadurch, dass tagsüber mehr Wehren alarmiert werden, erklärt der Kreisbrandrat.
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