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Leichtathletik: Christoph Bischlager will 2022 zu den Deaflympics nach Brasilien

Leichtathletik

Christoph Bischlager will 2022 zu den Deaflympics nach Brasilien

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    Christoph Bischlager hat ein aufregendes Sportjahr hinter sich. Der größte Erfolg gelang dem Gehörlosensportler, der aus Warmisried stammt, jedoch im privaten Bereich: Seit einigen Wochen ist er Vater einer Tochter.
    Christoph Bischlager hat ein aufregendes Sportjahr hinter sich. Der größte Erfolg gelang dem Gehörlosensportler, der aus Warmisried stammt, jedoch im privaten Bereich: Seit einigen Wochen ist er Vater einer Tochter. Foto: Anton Schneid

    Es war ein Jahr, das für den Warmisrieder Christoph Bischlager nicht besser hätte Enden können. Trotz Corona. Trotz ausgefallener oder verschobener Wettkämpfe. Trotz einer schiefen Kugelstoß-Anlage im polnischen Lublin, die ihn womöglich eine Medaille kostete. Nein, den größten Erfolg feierte Bischlager nicht in einem Leichtathletikstadion, sondern in einem Krankenhaus.

    „Ich bin seit einigen Wochen frischgebackener Papa einer wunderschönen Tochter“, schreibt Bischlager. Der Warmisrieder, der seit Jahren in München lebt und dort als Sportpädagoge in verschiedenen Einrichtungen arbeitet, gehört seit Jahren zu den besten gehörlosen Leichtathleten Deutschlands. Zahlreiche Titel, national wie international, konnte der 38-Jährige bereits gewinnen.

    Als Kaderathlet durfte Bischlager trotz Lockdown trainieren

    In diesem Jahr sollte die Gehörlosen-WM im polnischen Lublin sein Wettkampf werden. Für die Disziplinen Kugelstoßen und Diskuswerfen hatte er die Qualifikation in der Tasche. Dank seines Status’ als Kaderathlet durfte er nach dem wochenlangen Stillstand im Frühjahr wieder am Olympiastützpunkt in München trainieren. „Wettkämpfe wurden am Anfang auch viele gestrichen und verschoben, später sind die teilweise ausgefallen“, sagt Bischlager. „Da mein Heimtrainer zugleich Bundestrainer ist und für Kaderathleten Testwettkämpfe organisiert hat, konnte ich mit anderen Bundeskaderathleten Wettkämpfe bestreiten.“

    Von den Wettkämpfen, die stattfanden, kehrte Bischlager diesmal mit leeren Händen zurück. Bei den bayerischen Meisterschaften in Erding gewann er im Kugelstoßen mit einer Weite von 15,06 Metern Bronze, im Diskuswurf wurde er mit 44,58 Metern Sechster. Bei der süddeutschen Meisterschaften in Walldorf belegte er mit 43,42 Metern im Diskuswerfen Rang acht. Im Kugelstoß-Wettbewerb wurde er Sechster (14,58 Meter).

    Vierter Platz im verregneten Lublin

    Trotzdem machte sich Bischlager Ende August gut vorbereitet auf den Weg ins polnische Lublin, wo die Gehörlosen-WM stattfand. „Dort hat es fast die ganze Woche nur geschüttet und es war sehr kalt. Viele technische Disziplinen mussten mehrmals verschoben werden“, schreibt Bischlager. Auch am Tag des Diskuswurfs sei es regnerisch gewesen. „Aber die Verhältnisse waren für alle gleich.“ Bischlager kam mit seinem weitesten Versuch auf 43,24 Meter am Ende auf den vierten Platz. Gold ging an den Iraker Sajjad Piraygharchaman mit 55,57 Metern. Silber holte der Russe Dmitrij Kalmykov (53,15 Meter) und Bronze gewann der Litauer Paurys Mazvydas (47,48 Meter).

    Christoph Bischlager hat ein aufregendes Sportjahr hinter sich. Bei der WM der Gehörlosen in Polen schrammte er zwei Mal knapp an einer Medaille vorbei.
    Christoph Bischlager hat ein aufregendes Sportjahr hinter sich. Bei der WM der Gehörlosen in Polen schrammte er zwei Mal knapp an einer Medaille vorbei. Foto: Anton Schneid

    Zwei Tage danach folgte das Kugelstoßen – die Paradedisziplin Bischlagers. Doch die Anlage im Stadion machte den 18 Teilnehmern das Leben schwer. „Die war nicht professionell und auch noch schief gelegen“, so Bischlager. Alle Teilnehmer hätten Schwierigkeiten gehabt, keiner habe seine Bestleistung erreicht. „Mein beste gültige Weite im zweiten Versuch waren 14,37 Meter“, so Bischlager, der im dritten Versuch volles Risiko ging und die Kugel auch weiter stieß. „Aber ich konnte nach dem Umspringen anschließend nicht standhalten und übertrat leider den Ring.“ Sein weitester Versuch – um die 15 Meter – war damit ungültig. So beendete Bischlager den Wettkampf als Sechster, neuer Weltmeister wurde der favorisierte Litauer Vytenis Ivaskevicius mit 16,82 Metern.

    Obwohl er keine Medaille gewann, sei die WM eine sehr gute Wettkampferfahrung für die Deaflympics gewesen, die im kommenden Mai in Caxias do Sul/Brasilien ausgetragen werden, meint Bischlager. Auf diese Weltspiele der Gehörlosen freue er sich schon riesig.

    Titel gewann Bischlager bei nationalen Wettkämpfen

    Zurück in Deutschland nahm Bischlager noch an zwei deutschen Meisterschaften teil. Bei der deutschen Senioren-Meisterschaft in Baunatal nahm er zwangsweise nur im Kugelstoßen teil – Diskus wurde zugunsten des Hammerwerfens aus dem Programm gestrichen. „Im Kugelstoßen wollte ich mir den deutschen Meistertitel zurückholen“, lautete Bischlagers Ziel. Und das gelang: Mit 14,89 Metern gewann er einmal mehr den Titel in der Altersklasse M35.

    Christoph Bischlager hat ein aufregendes Sportjahr hinter sich. Bei der WM der Gehörlosen in Polen schrammte er zwei Mal knapp an einer Medaille vorbei.
    Christoph Bischlager hat ein aufregendes Sportjahr hinter sich. Bei der WM der Gehörlosen in Polen schrammte er zwei Mal knapp an einer Medaille vorbei. Foto: Anton Schneid

    Einen kompletten Medaillensatz nahm Bischlager dann bei den deutschen Gehörlosen-Meisterschaften mit. In Essen startete er in vier Disziplinen – und holte vier Medaillen. Natürlich Gold in seinen beiden starken Disziplinen Kugelstoßen (14,37 Meter) und Diskuswurf (41,64 Meter): „In den beiden Wurfdisziplinen bin ich seit 2011 ungeschlagen“, so Bischlager. Ferner holte er Silber im Speerwurf (39,98 Meter) und Bronze über die 100 Meter (13,27 Sekunden). „Ich wollte das Wurf-Triple holen, das hole ich nächstes Jahr wieder zurück.“

    Ein Highlight 2022: die European Championships in München

    Doch das ist nur eines der Ziele, die Bischlager für 2022 hat. Sportlich wären da noch die Hallen-Europameisterschaft in Braga/Portugal im Februar sowie die Deaflympics im Mai in Brasilien. Zudem freut er sich auf die European Championships in Münchenim August 2022, einer Art gemeinsamer Europameisterschaft von neun Sportverbänden. Dort ist er im organisatorischen Bereich tätig, macht informelle Videodrehs in Gebärdensprache zu Themen wie „Welche Tickets gibt es wo“ oder „Welche Sportarten finden wo statt“.

    Mit diesen Videos werden dann die offizielle Homepage sowie die Social-Media-Kanäle bestückt. „Ich will für Gehörlose und Hörgeschädigte eine barrierefreie EM anbieten“, beschreibt er seine Motivation für diese Arbeit.

    Bis dahin gilt für Bischlager: Das Jahr 2021 gesund zu überstehen („Bislang war ich noch nicht Corona-positiv und hoffe, dass das so bleibt.“) – und die ersten Monate als frischer Vater zu genießen.

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