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Turnen: Der Mann mit den schnellen Augen

Turnen

Der Mann mit den schnellen Augen

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    Ausgestattet mit Klemmbrett, Kugelschreiber und Aktenordner: So geht Simon Prestel in einen Turn-Wettkampf.
    Ausgestattet mit Klemmbrett, Kugelschreiber und Aktenordner: So geht Simon Prestel in einen Turn-Wettkampf. Foto: Axel Schmidt

    Die Turngemeinschaft Allgäu hat den letzten Liga-Wettkampf in dieser Saison klar gewonnen. Den Turnern vom USC München waren die Allgäuer vor eigenem Publikum in Wiggensbach klar überlegen und gewannen am Ende mit 68:13. Das klingt hoch und deutlich. Doch ist es das wirklich? Wie setzen sich eigentlich die Punkte zusammen? Und wer entscheidet letztlich über Abzüge?

    Simon Prestel kennt die Antworten auf diese Fragen ganz genau. Der gebürtige Markt Walder ist Kampfrichter und sitzt bei jedem Turnwettkampf der TG Allgäu in der ersten Reihe. Jedoch nicht allein. „Es gibt insgesamt fünf Wettkampfrichter“, sagt er und zählt auf: „Zwei Vereinskampfrichter, die von den beteiligten Vereinen gestellt werden, zwei neutrale, von der Deutschen Turnliga gestellte Kampfrichter und den Oberkampfrichter.“ Prestel zählt zu den Vereinskampfrichtern, „sein“ Verein ist die TG Allgäu.

    So unterschiedlich die Zusammensetzung des Wettkampfgerichts, so differenziert sind auch die Aufgaben. „Ich bin mit dem anderen Vereinskampfrichter für die Bestimmung des Schwierigkeitsgrads einer Übung zuständig“, sagt der 29-jährige Wirtschaftsinformatiker. Anhand eines komplexen Punktesystems mit Zehntelwertung werden einzelne Turnelemente, wie etwa ein Rückwärtssalto, sowie die jeweilige Elementgruppe bewertet. Die meisten Übungen der TGA-Turner kennt er. „Ich weiß, wenn jemand an einer bestimmten Stelle Probleme hat. Im Wettkampf hofft man dann, dass der Turner da gut durchkommt“, sagt er. Denn Mitfiebern ist ihm erlaubt, in gewisser Weise sogar erwünscht. „Wenn es Diskussionen gibt, setzt sich jeder für seinen Verein ein“, sagt er.

    Mit den Ausführungsnoten, also den Punktabzügen, haben die Vereinskampfrichter jedoch nichts zu tun. Dafür sind die neutralen Kampfrichter zuständig. Der Oberkampfrichter rechnet dann alle Wertungskomponenten, bestehend aus Schwierigkeit und Ausführung, zusammen und ist bei Unstimmigkeiten die Schlichtungsinstanz. „Wenn es beispielsweise um den Aufstieg geht, dann kommt meist ein sehr guter Oberkampfrichter. Und der beendet Diskussionen meist innerhalb weniger Sekunden“, sagt Prestel. Kein Wunder, schließlich sollen die Ergebnisse innerhalb von 60 Sekunden nach Abschluss einer Übung vorliegen. Und bei einem Bundesligawettkampf stehen immerhin 48 Einzelübungen an: An sechs Geräten (Boden, Pferd, Ringe, Sprung, Barren und Reck) treten pro Team jeweils vier Turner gegeneinander an. Für die Zuschauer bedeutet dieser Duell-Charakter zusätzliche Spannung. Für die Kampfrichter bedeutet das volle Konzentration. „Es gibt schon Momente, wo man sich fragt: Was hat der jetzt gerade geturnt?“, gibt Prestel zu. Das komme aber eher bei Geräten vor, die nicht in das eigene Spezialgebiet fallen. „Seitpferd ist nicht so meine Spezialität. Und es ist sehr schnell“, sagt der ehemalige Turner des TSV Markt Wald und der TG Allgäu. Ihm liegen der Barren und das Reck – die Geräte, an denen er zu seiner aktiven Zeit schon Erfolg hatte. Immerhin wurde er im Einzel- und im Mannschaftswettbewerb mehrmals bayerischer Meister. „Bei diesen Geräten tue ich mir als Kampfrichter leichter“, sagt er. Die Erfahrung macht’s.

    Mit 16 Jahren hat Simon Prestel den ersten Kampfrichterschein gemacht. „Mich hat es interessiert und es hat Spaß gemacht“, sagt er. Alle vier Jahre muss er diesen Schein erneuern, mittlerweile ist er bei der A-Lizenz angelangt und könnte in der Bundesliga tätig sein. Doch das wären für Prestel, der mittlerweile in München wohnt, zu weite Strecken zu fahren.

    Zu den Heimwettkämpfen der TG Allgäu nimmt er die rund 150 Kilometer lange Wegstrecke gerne auf sich. „Spannende Heimwettkämpfe machen einfach am meisten Spaß“, sagt er. Am kommenden Wochenende wird Simon Prestel dann erneut im Einsatz sein. Dann geht es für „seine“ TG Allgäu am Samstag, 13. Dezember, in Bergisch Gladbach gegen die Nordstaffel der 3. Bundesliga, den NTT Vinnhorst, um den Aufstieg in die 2. Bundesliga Süd. „Es wird spannend“, sagt Prestel. „Es wird auf die Tagesform ankommen.“ Auf die der Turner natürlich, nicht die der Kampfrichter.

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