Der Start klappt beim ersten Mal noch nicht so ganz: Zu flach stößt sich Rückenschwimmer Benjamin Bähr unterhalb des Startblocks ab, um seine erste Bahn zu schwimmen. Doch es ist auch erst Samstagmorgen – und es ist nur für das Foto, noch nicht einmal richtiges Training. An diesem Wochenende muss und wird der Start für den 17-jährigen Schüler aus Mindelheim besser klappen. Dann stehen nämlich die bayerischen Meisterschaften in Bayreuth an.
Benjamin Bähr wird nicht alleine in Bayreuth sein. Sein drei Jahre älterer Bruder Sasha ist ebenfalls dabei, seine Spezialität ist die Bruststrecke. Außerdem vertreten noch Robert Bretschneider, Christoph Pfleger und Amelie Frei den TSV Mindelheim in Bayreuth. Nicht dabei ist Robin Bähr. Er ist 14 Jahre alt und damit der jüngste der drei Bähr-Brüdern. Auch er schwimmt für den TSV Mindelheim, auch er hat eine eigene Stärke, nämlich das Kraul-Schwimmen.
Die Brüder haben sich den TSV Mindelheim ausgesucht
Alle drei kamen dem TSV Mindelheim förmlich zugelaufen: Im Juni 2017 zog die Familie Bähr aus der Lutherstadt Wittenberg (Sachsen-Anhalt) dem Vater nach. Ihn hatte es beruflich ins Unterallgäu verschlagen und war schon eineinhalb Jahre vorher nach Mindelheim gezogen, um den Familiennachzug ordentlich vorzubereiten. Zu der Zeit schwammen die Bähr-Brüder noch bei ihrem Heimatverein in Wittenberg. „Wir haben alle mit dem Seepferdchen angefangen, Benni und ich 2006, drei Jahre später der Robin“, erzählt Sasha Bär. Der 20-Jährige macht gerade ein duales Studium. Wenn er nicht an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) in Ravensburg studiert, dann arbeitet er beim Modeunternehmen Peter Hahn in Stuttgart.
Obwohl das viel Zeit in Anspruch nimmt, ist er dennoch bei jedem Samstagstraining der Mindelheimer Schwimmer dabei. Unter der Woche trainiert er dann bei Vereinen in Ravensburg oder eben Stuttgart. „Aber ich bleibe dem TSV Mindelheim schon treu“, sagt er und lacht. Immerhin haben sich er und seine Brüder den Verein selbst ausgesucht. „Als klar war, dass wir nach Mindelheim ziehen, haben wir bei Wettkämpfen immer mal die Augen und Ohren offen gehalten und nach passenden Vereinen gesucht“, erzählt Sasha Bähr. Bei einem Wettkampf in Memmingen stach dann der TSV Mindelheim ins Auge.
Die Mama fördert ihre drei Sprösslinge
Dort sind die drei Schwimmer natürlich mit offenen Armen empfangen worden. „Es ist hier schon recht anspruchsvoll“, sagt Benjamin Bähr. Er besucht die Wirtschaftsschule in Memmingen. Im Vergleich zu ihrer Zeit in Wittenberg, wo es drei Mal die Woche ins Training geht, sind sie in Mindelheim fünf Mal pro Woche gefordert. „Vier Mal im Wasser, einmal im Kraftraum“, sagt der 17-Jährige. Doch das Trio zieht das Programm auch durch, selbst wenn doch mal die Lust etwas fehlt. „Aber dann ist unsere Mutti schon dahinter“, sagt Sasha Bär. „Sie ist damals auch wegen uns Trainerin geworden.“ Und fördert ihre Sprösslinge seitdem.
Als sie noch in Wittenberg lebten, hatte Benjamin Bähr immer wieder Anfragen des Landesstützpunktes Halle, ob er nicht auf die Sportschule gehen wolle. „Ich habe immer abgesagt. Das war nichts für mich“, sagt Benjamin Bähr. Die Vorstellung, jeden Tag vor und nach der Schule zu trainieren, habe ihm nicht gefallen. Weit schwerer aber wog die Tatsache, dass er ins Internat nach Halle gemusst hätte: „Ich wollte nicht weg von meiner Familie. Wir haben eine ganz enge Bindung untereinander.“
In Mindelheim halten die Bähr-Brüder manchen Vereinsrekord
So trainiert er eben mit seinen Brüdern in Mindelheim. Und die Zeiten auf ihren Paradestrecken können sich sehen lassen. So benötigt Sasha Bähr für die 50 Meter Bruststrecke 30,3 Sekunden. Bruder Benjamin schafft die 50 Meter Rücken in 28,5 Sekunden und bei Robin stehen über 50 Meter Kraul 28,8 Sekunden zu Buche. Wobei Robin von sich sagt: „Ich bin eher der Langstreckenschwimmer von uns.“ Hier krault er die 1500 Meter in unter 21 Minuten.
Neben einigen Vereinsrekorden beim TSV Mindelheim gab es für die beiden älteren Bähr-Brüder auch schon schwäbische Meisterschaften zu feiern. Doch genug haben sie noch nicht. „Bei den Bestzeiten geht schon noch einiges“, sagt etwa Benjamin Bähr. „Ich kann schon noch etwas rausholen, aber eineinhalb Sekunden in einem Jahr schneller zu werden, ist schwer.“ Und doch ist sein Ziel klar: die deutsche Jahrgangsmeisterschaft in Berlin. Dafür wollen er und sein Bruder Sasha in Bayreuth am Wochenende den nächsten Schritt machen und die Pflichtzeit schaffen.
Robin Bähr ist in Bayreuth nicht dabei. „Ich bin in einem richtig starken Jahrgang“, sagt er. Da habe es noch nicht ganz für die „Bayerische“ gereicht. „Aber er wird sich stetig verbessern. Er hat jetzt deutlich bessere Grundlagen als wir damals“, sagt Sasha Bär über seinen kleinen Bruder. Als junger Schwimmer werde man automatisch besser, weil man mit dem Alter auch größer und stärker wird. Irgendwann wächst man dann nicht mehr, dann sollte man genügend in Kraft und Technik investiert haben. Zieht Robin aber weiter das Trainingspensum mit seinen Brüdern durch, dann wird man auch bald einen dritten „Bähr“ auf der Startliste einer bayerischen Meisterschaft lesen.