Startseite
Icon Pfeil nach unten
Mindelheim
Icon Pfeil nach unten
Lokalsport
Icon Pfeil nach unten

Radsport: Wohnhaft in Stetten, auf dem Radsattel zuhause

Radsport

Wohnhaft in Stetten, auf dem Radsattel zuhause

    • |
    Die Trophäensammlung von Josef Hämmerle ist beeindruckend. Ihr hat der 80-jährige Radrennfahrer in seinem Haus einen Raum gewidmet.
    Die Trophäensammlung von Josef Hämmerle ist beeindruckend. Ihr hat der 80-jährige Radrennfahrer in seinem Haus einen Raum gewidmet. Foto: Marius Scheitle

    „Ein Leben für den Radsport“ – auf kaum jemanden passt dieser Satz wohl besser als auf Josef Hämmerle. Der Stettener ist seit 1953 begeisterter Radfahrer im Velo Club Mindelheim und seit 26 Jahren Rennsportabteilungsleiter. Inzwischen 80 Jahre alt, blickt er auf ein bewegtes, vom Radsport geprägtes Leben zurück. Trotz seiner beeindruckenden Pokalsammlung möchte sich Hämmerle aber noch einen großen Wunsch erfüllen.

    Stolz zeigt Josef Hämmerle auf seine Pokalsammlung: „Es sind 85“, sagt er mit einem Grinsen im Gesicht. Man merkt sofort: Dieser Mann ist mit sich im Reinen und zufrieden über das, was er in seinem Leben erreicht hat. Dabei begann alles eigentlich durch einen Zufall. Der damals 16-Jährige wurde am Oberen Tor in der Mindelheimer Altstadt vom damaligen Vorstand des Mindelheimer Velo Clubs, Hans Müller, angesprochen. Müller sah nämlich, dass Hämmerle ein umgebautes Tourenrad besaß, was damals unüblich war. „Rennräder oder dergleichen waren zu der Zeit sehr selten, man konnte sie eigentlich nur im Katalog kaufen“, erzählt Hämmerle.

    Neben der Arbeit noch drei Mal Training pro Woche

    Nach diesem Treffen trat er noch im selben Jahr, 1953, dem Velo Club bei. Neben seiner anstrengenden Arbeit auf dem Bau trainierte er von da an mindestens dreimal in der Woche zweieinhalb bis drei Stunden. „Nachbarn und Gleichaltrige konnten mich nicht verstehen, weil man nach neun bis zehn Stunden Arbeit auf dem Bau ja eigentlich müde ist“, erzählt der mittlerweile 80-Jährige von der damaligen Zeit. Doch für ihn sei das Radfahren nach Feierabend immer Entspannung gewesen: „Da konnte ich den Kopf frei kriegen, war in der freien Natur und bin viel umher gekommen!“

    Über die Jahre wurde Hämmerle natürlich immer besser. Sein größter Erfolg ist für ihn der Gewinn des Bodenseecups 1975, bei dem er drei von vier Rennen gewann und am Ende Erster der Gesamtwertung wurde. Aber auch der erste Platz im Zeitfahren von Hindelang nach Hinterstein als ältester Teilnehmer 1982 bleibt ihm besonders im Gedächtnis. Gern erzählt Hämmerle von seinen vielen Erlebnissen, wie seiner Teilnahme beim Rennen am Kitzbühler Horn, dem „schwersten Bergrennen Europas“, oder als er beim Welt-Cup Straßenrennen in St. Johann mitfuhr. Seine aktive Karriere beendete der Stettener 1995, weil er seiner Tochter beim Hausbau half und er daher keine Zeit mehr für regelmäßiges Training hatte. Doch Hämmerle blieb dem Velo Club natürlich weiterhin erhalten. Seit 1990 ist er Rennsportabteilungsleiter. Dabei organisiert er unter anderem das bekannte alljährliche Altstadtkriterium in Mindelheim. „Die Organisation von so einem Rennen ist natürlich mit enorm viel Arbeit verbunden“, sagt Hämmerle.

    Hämmerle baut die Special-Olympics-Gruppe auf

    Doch nach 26 Jahren sind die Treffen etwa mit Sponsoren oder dem Ordnungsamt Routine für den 80-Jährigen. Außerdem trainiert Hämmerle die Mitglieder der Special-Olympics Abteilung des Velo Clubs. Dabei treffen sich jeden Mittwoch insgesamt neun Menschen mit Behinderung unter seiner Aufsicht zum Radfahren.

    Eine wichtige Rolle spielt natürlich auch seine Frau Elisabeth, die ihn jedes Jahr bei der Organisation des Altstadtrennens unterstützt und in ihrem Leben bei vielen Radrennen ihres Mannes – ob in Italien oder Frankreich – zuschaute. Teilweise wurden solche Rennen zu großen Familienausflügen, weil auch die drei Kinder am Streckenrand ihren Vater anfeuerten. An die nächtlichen Trainingseinheiten gewöhnte sich Elisabeth Hämmerle über die Zeit. „Da ist er dann immer mit seiner Stirnlampe losgezogen“, erzählt sie und lacht. Natürlich gab es in den 60 Jahren Radrennsport auch weniger amüsante Momente für das Ehepaar. Seine schlimmste Verletzung zog sich Josef Hämmerle in der Steiermark zu, als er nach einem schweren Sturz von Kopf bis Fuß blutete. „Damals war noch kein Sanitäter neben der Strecke, deswegen musste ich selber ins Ziel fahren“, erzählt der 80-Jährige.

    Doch allgemein habe er sich glücklicherweise selten Verletzungen zugezogen. „Heute wird auch noch schneller bei Radrennen gefahren, da ist die Verletzungsgefahr natürlich auch höher“, sagt Hämmerle. Der größte Unterschied zu früher sei aber vor allem das Material: „Heute haben alle die gleiche Ausrüstung, sonst hat man keine Chance, das war früher anders.“

    Einen Traum hat er sich erfüllt - und will diesen noch einmal erleben

    Einen ganz besonderen Wunsch hat sich Josef Hämmerle übrigens 2009 erfüllt, als er den Mont Ventoux, einen der legendären Anstiege vieler Tour-de-France-Rundfahrten, bei 38 Grad hochfuhr. „Die Aussicht von dem Berg aus ist einfach grandios“, erzählt er. Allgemein ist Hämmerle ein großer Fan der Tour de France. „Er schaut sich den ganzen Tag die Tour im Fernsehen an und abends dann noch einmal die Wiederholung“, berichtet seine Frau Elisabeth. Live vor Ort war Josef Hämmerle viermal. Gut möglich, dass auch noch ein fünftes Mal hinzukommt: „Ich möchte noch einmal auf den Mont Ventoux fahren, um die Aussicht und die Atmosphäre noch mehr zu genießen, als letztes Mal.“ Über 1300 Höhenmeter mit über 80 Jahren also – wenn es aber jemand schafft, dann wohl Josef Hämmerle.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden