Startseite
Icon Pfeil nach unten
Mindelheim
Icon Pfeil nach unten
Lokalsport
Icon Pfeil nach unten

Pfaffenhausen: Wie Anna Kutter nach ihrer Babypause durchstartete

Pfaffenhausen

Wie Anna Kutter nach ihrer Babypause durchstartete

    • |
    Hoch und weit: Anna Kutter, die aus aus Pfaffenhausen stammt, hat nach der Geburt ihrer Tochter Marie eine persönliche Bestmarke nach der anderen geknackt. Dafür trainierte sie mal in Mindelheim, mal am Strand in Italien.
    Hoch und weit: Anna Kutter, die aus aus Pfaffenhausen stammt, hat nach der Geburt ihrer Tochter Marie eine persönliche Bestmarke nach der anderen geknackt. Dafür trainierte sie mal in Mindelheim, mal am Strand in Italien.

    2019 hat Anna Kutter einen grundlegenden Vorsatz gebrochen. „Ich habe immer gesagt: Wenn ich die 100 Meter unter 13 Sekunden laufe, höre ich auf. In diesem Jahr habe ich es geschafft, an Aufhören denke ich aber überhaupt nicht“, sagt Kutter. Warum auch? Die 31-jährige Leichtathletin, die aus Pfaffenhausen stammt, war 2019 so gut wie noch nie – und das trotz einer Babypause. Vielleicht aber auch gerade deswegen.

    Im September 2017 kam Tochter Marie auf die Welt. Die Freude über das Mädchen war groß, und doch schwang eine leichte Sorge mit. „Ich dachte, der Sport wäre vorbei“, erinnert sich Mehrkämpferin Anna Kutter. Sie stammt aus einer sportbegeisterten Familie und versuchte sich als Jugendliche in den verschiedensten Sportarten, von Reiten und Voltigieren über Turnen bis hin zur Leichtathletik. „Ich wollte immer Sport machen, das gehört zu meinem Leben“, sagt Kutter, die mit 22Jahren aktiv mit Leichtathletik-Training begann. Und das sollte nun vorbei sein?

    Nach der Babypause tastete sich Anna Kutter aus Pfaffenhausen heran

    Drei, vier Monate pausierte Kutter nach der Geburt komplett, dann begann die frischgebackene Mutter wieder mit leichtem Krafttraining. Das kostete Überwindung. „Klar, man ist schon in seiner Komfortzone“, beschreibt die 31-Jährige die Zeit nach der Geburt. „Aber wenn man die Kollegen bei den Wettkämpfen sieht, dann will man da wieder dabei sein.“ Langsam steigerte Kutter ihr Pensum und ergänzte das Krafttraining um Laufeinheiten, die eher Tempoläufe waren als lockere Jogging-Touren. „Dafür bin ich nicht der Typ“, sagt Kutter und lacht.

    Über kleinere Wettkämpfe tastete sie sich wieder an ihr ursprüngliches Leistungsniveau heran, im Herbst 2018 ging sie wieder an ihre körperlichen Grenzen. Anna Kutter steckte sich zum Ziel, 2019 wieder in ihrer Disziplin, dem Siebenkampf, an den Start zu gehen. Die Teilnahme an der bayerischen Meisterschaft der Aktiven – also aller Frauen über 18 Jahre – wird ihr aber verwehrt, weil sie auch wegen der Baby-Pause an der Qualifikation nicht teilnehmen konnte und ein Härtefall-Antrag erfolglos blieb. Die Lösung: Starts im Fünfkampf, für den in der Regel keine Qualifikation notwendig ist. Hauptsache Mehrkampf: „Ich war nie überragend in einer Disziplin, aber gut in verschiedenen, deshalb war Mehrkampf immer meins“, sagt Kutter.

    Leichtathletin Anna Kutter übertrifft viele Bestmarken

    Mit dem Ziel einer möglichst erfolgreichen Comeback-Saison vor Augen trainierte Anna Kutter hart und überwiegend alleine, um möglichst flexibel zu sein. Doch ganz ohne Hilfestellung ging es nicht: Tipps holte sie sich bei Bernhard Ruf, Leichtathletik-Trainer beim TSV Mindelheim, und Dieter Duttke, der seit Jahrzehnten bei der TSG Thannhausen erfolgreich Leichtathleten trainiert. Thomas Vogt, Handballtorwart beim TSV Mindelheim, unterstützte sie bei Tempo-Läufen. Über Monate quälte sich die 31-Jährige in den Einheiten, von denen die meisten im Mindelheimer Julius-Strohmayer-Stadion stattfanden. Doch sollte Kutters Körper trotz aller Bemühungen wieder auf sein früheres Leistungslevel kommen?

    Nein – denn Kutter war 2019 sogar besser als je zuvor. In verschiedenen Wettkämpfen übertraf die 31-Jährige reihenweise persönliche Bestleistungen: Nie war sie schneller gelaufen über 100 Meter (12,99 Sekunden), 100 Meter Hürden (15,7 Sekunden) und 60 Meter Hürden (Halle, 9,68 Sekunden). Auch im Weitsprung übertraf sie ihre bisherige Bestmarke mit 5,41 Metern deutlich. Ein besonderes Highlight war der Saisonabschluss am 21. Juli in Aichach: Im Fünfkampf wurde Kutter nicht nur schwäbische Meisterin der Aktiven, sondern auch gleichzeitig Zweite in der bayerischen Meisterschaft der Frauen über 30 Jahre. Dass es in dieser Klasse wegen eines schwachen 800-Meter-Laufs äußerst knapp nicht zum Titel reichte, sei zwar ärgerlich, sagt Kutter. „Letztlich ist das aber egal. Es geht nicht um Titel, sondern Leistungen – und die haben in diesem Jahr gepasst.“

    Dass die inzwischen zweijährige Marie auch ihren Anteil an der Leistungssteigerung hat, daran zweifelt ihre Mutter nicht. „Früher war mein Kopf nicht so frei. Jetzt habe ich ein tolles Kind, das mich anstrahlt, wenn ich heimkomme“, sagt Kutter. „Dieses Krampfhafte, unbedingt gut sein zu müssen, ist weg. Ich kann den Sport mehr genießen.“ Auch ihr Freund, der beim TSV Mindelheim Handball spielt, unterstütze sie, wo er könne.

    Anna Kutters Tochter Marie ist bei Leichtathletik-Wettkämpfen dabei

    Als besondere Motivation war Marie schon bei Wettkämpfen ihrer Mutter dabei. „Ihr macht das Spaß. Sie ist gerne dabei und läuft auch mal unter den Hürden durch“, erzählt Kutter. „Sie sagt schon immer ,Mama, Sport’ oder ,Papa, Sport’.“ Sie werde nicht selten von Kolleginnen auf ihre Tochter angesprochen, zuletzt etwa von Alexandra Burghardt, die 2016 als Ersatzläuferin bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro dabei war. „Sie meinte: ,Ich sollte auch ein Kind kriegen, wenn ich dann so schnell bin wie du’“, sagt Kutter.

    Ob die zweijährige Marie eines Tages in die Fußstapfen ihrer sportaffinen Eltern schlüpft? Druck will Anna Kutter ihrer Tochter jedenfalls nicht machen. „Klar würde uns das freuen, aber man weiß ja nie.“ Wie es für sie selbst sportlich weitergeht, lässt Kutter, die an der Berufsschule in Kempten Milchtechnologie unterrichtet und inzwischen in Durach lebt, offen. Ein fernes Ziel könne der internationale Seniorenbereich sein, sagt sie. Dieser beginnt aber erst ab 35 Jahren. Bis dahin wolle sie fit bleiben – und mithilfe einer weiteren Babypause zu neuen Höhenflügen ansetzen? Kutter lacht und sagt: „Wir werden sehen. Beim ersten Mal hat es jedenfalls gut funktioniert.“

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden