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Mindelheim: Nach der WM: Handballer sollten im Gespräch bleiben

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Nach der WM: Handballer sollten im Gespräch bleiben

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    Wie sich die Bilder in der Enttäuschung gleichen: Handball-Nationaltorhüter Silvio Heinevetter kauert nach der Halbfinalniederlage gegen Norwegen ebenso am Torpfosten, wie einst sein Fußballkollege Oliver Kahn nach dem verlorenen WM-Finale 2002.
    Wie sich die Bilder in der Enttäuschung gleichen: Handball-Nationaltorhüter Silvio Heinevetter kauert nach der Halbfinalniederlage gegen Norwegen ebenso am Torpfosten, wie einst sein Fußballkollege Oliver Kahn nach dem verlorenen WM-Finale 2002. Foto: Soeren Stache/dpa

    „Wenn Handball leicht wäre, hieße es Fußball“ – ein Satz, den Handballer nicht nur gerne zitieren, sondern auch mitunter stolz auf T-Shirts tragen. Während der Weltmeisterschaft, die am Sonntag mit dem WM-Sieg der Dänen und Platz vier der Deutschen zu Ende ging, gab es immer wieder – auch aus dem Profifußball – lobende Worte für den Handballsport im Allgemeinen und die Spieler im Besonderen. Kein Lamentieren gebe es da, kein Zeitspiel, keine Schwalben. Das stimmt – und liegt an der konsequenten Regelauslegung. Würden Fußballschiedsrichter strikt nach den Regeln pfeifen und weniger das viel zitierte „Fingerspitzengefühl“ anwenden, dann wäre das auch im Fußball möglich.

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    Hierbei könnte sich der Fußball tatsächlich etwas vom Handball abschauen. Und doch bleibt die Frage, warum Handball seit jeher im Schatten von König Fußball steht. Was also könnte der Handball vom Fußball lernen?

    „Im Moment eigentlich nichts“, sagt Elmar Rimmel. Der Spielleiter des Fußballkreises Allgäu fragt sich stattdessen, „warum der Respekt auf dem Fußballplatz, egal ob gegenüber Schiedsrichtern oder Spielern, so in den Keller geworfen wurde“. Er plädiere für härtere Sanktionen, etwa einem Spiel Sperre nach einer Gelb-Roten Karte im Amateurbereich. „Aber es ist ein ganz langer Weg, bis so etwas entschieden wird.“

    Thomas Sailer fallen zur Frage, was der Handball vom Fußball lernen könnte, dagegen ein paar Sachen ein. Der 20-jährige Student spielt seit Jahren Handball beim TSV Mindelheim, trainiert die E- und die A-Junioren des Vereins. Nach kurzer Überlegung sagt er: „Vielleicht, wie man sich als Einzelner in Szene setzt. Fußballer zeigen eher: ’Das war jetzt mein Auftritt’. Und damit können sie sich besser vermarkten.“ Als Beispiel nennt er Facebook: „In der Fußball-Bundesliga ist fast jeder Spieler in den sozialen Medien unterwegs. Bei der Handballnationalmannschaft haben längst nicht alle eine Facebook-Seite.“

    Zudem gehe es im Fußballverband deutlich professioneller zu. „Überall ist man da breiter aufgestellt: Es gibt mehr hauptamtliche Funktionäre, mehr Trainer. Die Ligen sind gut durchstrukturiert.“ Und es gebe Apps für Vereine und Fans, die über Livespielstände berichten. Sailer wünscht sich, dass Handball auch nach der WM als „tolle Sportart“ im Gedächtnis bleibt. „Man muss daran arbeiten, dass das Interesse nicht so schnell wieder abflacht“, sagt er. Dazu brauche es innerhalb der Vereine Identifikationsfiguren, wie sie es in vielen Fußballvereinen gibt. „Ich kann mich gut an die Siegwart-Brüder beim TSV Mindelheim erinnern“, sagt Sailer, der dann aber doch beim Handball blieb.

    Mitko Pertemov ist in Mindelheim praktisch „Chef“ beider Lager. Der Vorsitzende des TSV Mindelheim hat eine große Fußball- und eine aktive Handballabteilung in seinem Verein. Auch er ist der Meinung, dass der Handball in Sachen Vermarktung vom Fußball lernen könnte. Die Grundvoraussetzungen blieben jedoch die gleichen: „Fußball kannst du halt überall spielen, dafür braucht es nicht viel. In jedem Dorf gibt es einen Sportplatz. Mit Hallen sieht das schon anders aus.“ Er selbst habe früher in der Schule Handball gespielt, er mag den schnellen Sport. Er ist dann aber letztlich doch beim Fußball gelandet, „weil ich da weniger laufen musste“, sagt er und lacht.

    Und wie sieht es zu guter Letzt ein Fußball-Trainer? Noch dazu einer, der mit einer Handballspielerin verheiratet ist? Benedikt Deigendesch ist Trainer des TSV Mindelheim und ein echter Fan des Handballsports – nicht nur, weil seine Frau seit Jahren in der Damenmannschaft des TSV Mindelheim spielt. „Es ist eine fiese Frage“, sagt er und lacht. „Ich mag Handball. Es ist ein ehrlicher und facettenreicher Sport.“ In manchen Dingen habe sich der Handballsport in seinen Augen auch schon am Fußball orientiert. „Es gab in den vergangenen Jahren immer wieder Regeländerungen, wie die schnelle Mitte oder den siebten Feldspieler.“ Regeln, die das Spiel schneller und spannender machen. Vergleichbar etwa mit der Rückpassregel im Fußball.

    Eine andere Chance, den Handballsport attraktiver zu machen, sieht Deigendesch in der Nachwuchsförderung. Hier sei der Fußball seit einigen Jahren wirklich ein Vorbild. Oder auch Eishockey mit seinen Förderlizenzen für talentierte Spieler. „Vielleicht wäre ja eine U23-Liga denkbar, in der hauptsächlich deutsche Spieler eingesetzt werden.“

    In erster Linie aber sollten die Handballer stolz auf ihren Sport sein. „Ich weiß, dass heute Jugendspieler schon mit den Handball-Pullovern des TSV Mindelheim in die Schule gehen“, sagt Thomas Sailer. Früher hätten das nur die Fußballer getan. „Die Jungen trauen sich mittlerweile mehr zu.“

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