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Kickboxen: Wie Schach, nur mit Schlägen und Tritten

Kickboxen

Wie Schach, nur mit Schlägen und Tritten

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    Wie Schach im Ring: Bei Wettkämpfen setzt der Ettringer Adrian Fuhrmeister Kicks und Schläge individuell zu seiner persönlichen Choreografie zusammen. Der 32-Jährige spielt mit dem Gedanken, auch im Profibereich um Titel zu kämpfen.
    Wie Schach im Ring: Bei Wettkämpfen setzt der Ettringer Adrian Fuhrmeister Kicks und Schläge individuell zu seiner persönlichen Choreografie zusammen. Der 32-Jährige spielt mit dem Gedanken, auch im Profibereich um Titel zu kämpfen. Foto: S. Habel

    Jetzt kommt es nur noch auf ihn und seine Konzentration an. Denn im Ring kämpft er eins gegen eins mit seinem Rivalen. Sein Tunnelblick schärft ihm die Sinne, ein „Augen zu und durch“ wäre hier fehl am Platz. Hat er die Außenwelt ausgeschaltet, spielt er das Duell in seinem Kopf durch. Und hört nur noch die Stimme des Trainers. Gerade der unmittelbare Kampf Mann gegen Mann macht für Adrian Fuhrmeister (32) den Reiz des Kampfsports aus.

    Kindheit und Jugend im Kampfsport - als Zwölfjähriger hat Fuhrmeister losgelegt

    Angefangen hat der gebürtige Münchner mit Kampfsport schon als Zwölfjähriger. „Damals war ich recht schmal“, erinnert er sich. „Meine Eltern haben mich also ins Judo-Training geschickt, damit ich Selbstvertrauen tanke.“ Zu seinen ersten Wettkämpfen trat er wenig später aber in einer anderen Sportart an: „Judo gefiel mir ganz gut, aber erst im Taekwondo bin ich so richtig durchgestartet.“ Noch zwei Mal wechselte Fuhrmeister in seiner Jugend die Disziplinen. Nach Erfolgen wie dem bayerischen Meistertitel mit der Mindelheimer Taekwondo-Schule Gruber versuchte er sich in der Augsburger Kampfsportschule Tigers Arena auch im Kickboxen und im Thaiboxen.

    „Kickboxen ist wie Schach, nur eben im Ring“, sagt Fuhrmeister über seine Paradedisziplin. „Es gibt unendlich viele Varianten und Kombinationen aus verschiedenen Kicks. Wer ein fest vorgeschriebenes Ablaufsystem sucht, wäre hier falsch.“ Viel mehr gehe es darum, sich mentale Stärke anzutrainieren und im Ring permanent auf der Höhe des Geschehens zu sein. Den Kampf bestreitet Fuhrmeister nach seiner individuellen Choreografie. Nichts überlässt er dem Zufall, seine Taktik legt sich der 32-Jährige vor jedem Wettkampf genau zurecht. Und doch muss er flexibel bleiben, sich auf die individuellen Bewegungen des Gegners einstellen und innerhalb von Sekunden die nächsten Bewegungen überdenken.

    Heute gehört Fuhrmeister zu den besten deutschen Kickboxern im Amateurbereich. Ende September hat der Ettringer bei der Deutschen Meisterschaft des Kickbox-Verbandes ISKA (International Sport Kickboxing Association) den Titel geholt und damit die Qualifikation für die WM 2017 in Italien geschafft. Bevor er sich Anfang Juni in Rimini mit den Besten der Welt misst, will der 32-Jährige bei der süddeutschen Meisterschaft am 22. Oktober in Windsbach noch einmal glänzen. Das ist in seiner Gewichtsklasse nicht immer leicht. Denn gerade in Süddeutschland ist die Konkurrenz in der Gruppe bis 78 Kilo zahlreich und gut.

    Alles andere als rohe Gewalt - Fairness ist wichtiges Gebot im Kampfsport

    Vor großen Wettkämpfen sieht sich Fuhrmeister ganz genau an, wie seine Gegner kämpfen. Anders als es Kritiker den Kampfsportarten vorwerfen, gehe es keineswegs um rohe Gewalt, betont er: „Beim Wettkampf geht es darum zu gewinnen und nicht darum, jemanden völlig umzuhauen.“ Das wäre übertriebene Härte und nicht im Sinne des Sports, sagt er: „Bei Turnieren haben wir mehrere Kämpfe. Wenn ich mich im ersten Duell gleich verausgabe, hat keiner etwas davon. Sowohl ich als auch mein Gegner müssen schließlich am nächsten Tag wieder arbeiten gehen.“

    So richtig eingesteckt hat Fuhrmeister noch nicht. „K.O. bin ich bisher nie gegangen. Aber das eine oder andere blaue Auge habe ich schon mitgenommen.“ Und einen Leberhaken musste Fuhrmeister hinnehmen. „Da ist mir ziemlich die Luft weggeblieben.“ Gerade in solchen Momenten muss sich der Kickboxer auf den Trainer verlassen können. Sein Coach Guido Fiedler ist die zentrale Figur in Training und Wettkampf. Seit eineinhalb Jahren trainieren die beiden zusammen, Fuhrmeister vertraut Fiedler „zu hundert Prozent“, wie er sagt: „Ihn möchte ich als Trainer nicht mehr hergeben.“ Fiedler hat Fuhrmeister zur Teilnahme an den bundesweiten Wettkämpfen motiviert.

    Nach dem ersten großen Titel bei der Deutschen Meisterschaft ist es nun wieder Fiedler, der mit Fuhrmeister gemeinsam darüber nachdenkt, ob der 32-Jährige vielleicht auch in der Profiklasse antreten soll. Fuhrmeister weiß, dass er nicht mehr der Jüngste ist. Aber Fiedler ist für ihn der Beleg, dass Erfolge im mittleren Alter noch möglich sind. Fiedler ist 43 Jahre alt, amtierender Weltmeister und Inhaber der Kampfsportschule Tigers Arena. Er denkt bisher nicht ans Aufhören.

    Kickboxen im Profibereich: Für Adrian Fuhrmeister ist es noch nicht zu spät

    Auch Fuhrmeister könnte eine sportliche Karriere als Profiboxer mit seinem Beruf gut vereinbaren: Er arbeitet seit zwei Jahren selbstständig als Fitnesstrainer und Ernährungsberater. Vier bis fünf Mal die Woche geht er deshalb zum Laufen und hält sich zudem mit Muskeltraining fit. Seit er deutscher Meister ist, habe er von vielen seiner Kunden und Bekannten im Unterallgäu Anfragen erhalten, ob er in der Region Kickbox-Training anbietet. In Absprache mit seinem Trainer Fiedler ist der 32-Jährige auf der Suche nach Trainingsstätten und würde gern noch dieses Jahr eine Filiale der Augsburger Tigers Arena in Bad Wörishofen eröffnen.

    Dazu treibt ihn auch eine ganz persönliche Motivation an: Seit Jahren interessiert sich seine zehnjährige Tochter Chantal für den Sport ihres Vaters. Ob der Ettringer seine Tochter selbst trainiert, muss er noch gut überdenken, sagt er: „Im Training bin ich ja der Trainer und zuhause der Papa. Das stelle ich mir etwas schwierig vor.“

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