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Fußball: Tore und Nudeln satt

Fußball

Tore und Nudeln satt

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    Aufbruchstimmung im Reich der Mitte: Der chinesische Fußballverband lässt sich die Entwicklung seines Fußball-Nachwuchses einiges kosten und lädt deutsche Nachwuchsmannschaften zu Testspielen ein.
    Aufbruchstimmung im Reich der Mitte: Der chinesische Fußballverband lässt sich die Entwicklung seines Fußball-Nachwuchses einiges kosten und lädt deutsche Nachwuchsmannschaften zu Testspielen ein. Foto: FC Memmingen/Archiv Miroci

    Auf die Pizza im Restaurant seines Onkels hat sich Mergim Miroci ganz besonders gefreut. Elf Tage lang war der zwölfjährige Realschüler über die Herbstferien in China – und konnte Nudeln und Reis irgendwann nicht mehr sehen. Seinen Mannschaftskameraden vom FC Memmingen ging es ähnlich. Und doch wird der Trip nach China bei allen 18 Nachwuchsspielern des FC Memmingen lange im Gedächtnis bleiben.

    „Es war schon etwas Besonderes“, sagt Mergim Miroci. Und sein Vater Besim, Trainer des A-Klassisten FC Loppenhausen, ergänzt: „Wann kommt man als zwölfjähriger Fußballer denn schon mal nach China?“ Denn so global das Denken und Handeln mittlerweile ist – eine Reise nach China ist noch immer etwas Besonderes. Vor allem, wenn es eine solche ist, wie sie 18 Nachwuchsfußballer im Alter von zwölf und 13 Jahren mit ihren Trainern Thomas Neudecker, Serkan Aktepe und Florian Frasch vom FC Memmingen erlebten. Mit dabei waren auch 18 C-Junioren samt Betreuer vom FV Illertissen. Beide Vereine hatten sich für diese vom Bayerischen Fußballverband ausgeschriebene Reise beworben – und im Sommer den Zuschlag bekommen. Von da an stieg von Tag zu Tag die Aufregung und die Vorfreude auf das unbekannte Riesenreich.

    Der Hintergrund der Reise: China ist nach wie vor fußballerisches Entwicklungsland. Da interessiert es besonders, wie die Jugendarbeit im Land des Weltmeisters funktioniert. Was sich die Chinesen einiges kosten ließen, denn Flüge, Vier-Sterne-Hotel und der Austausch wurden über Investoren und Sponsoren finanziert. Die Summe dürfte im höheren fünfstelligen Bereich liegen. Entsprechend hochoffiziellen Charakter hatte der Austausch mit Empfängen vor der lokalen Politprominenz. Schwarze Hose, weißes Hemd samt Fliege waren da Pflicht.

    Und natürlich Trainingseinheiten und Spiele. „Es haben immer viele chinesische Trainer zugeschaut“, sagt Mergim Miroci über das tägliche Training auf den Nebenplätzen der Olympischen Sportstätten von 2008. Außerdem absolvierten die Memminger D-Junioren drei Spiele gegen einheimische Teams. Verfolgt wurden diese jeweils von mehreren hundert Zuschauern, einem Fernsehteam und zahlreichen Medienvertretern. Sportlich waren die deutschen Kicker klar überlegen. Gegen die Dianlilu-Grundschule (12:2), den Boxiang Sportverein Jinan (13:1) und Longgao-Schule (15:1) sprangen zweistellige Siege heraus, bei denen sich die Gäste am Ende sogar etwas zurückhalten mussten, um es nicht noch deutlicher zu machen.

    „Die waren technisch schon ganz gut, aber wir waren körperlich überlegen und schneller“, sagt Mergim Miroci. Ein Tor hat der „Sechser“ des FC Memmingen dabei geschossen. Beim letzten Spiel schaute auch Felix Magath vorbei. Der Promi-Trainer coacht seit Juni 2016 den dreifachen chinesischen Meister Shangdong Luneng Taishan FC, plauderte angeregt mit der deutschen Delegation, zeigte sich über den Austausch erstaunlich gut informiert und stellte sich allen Selfiewünschen. Noch begehrter als Magath als Fotomotiv waren übrigens die blonden Memminger Jungs. Immer und überall zückten die Einheimischen ihre Handys. Ben Barnsteiner (12) fand es schon etwas nervig, „dass wir von wildfremden Menschen so oft fotografiert wurden“.

    Mit großem Brimborium wurde der FC Memmingen zum Sieger der Spielserie erklärt und Leon Petrick als bester Torschütze mit einem Pokal geehrt. Nicht nur bei der Siegerehrung, sondern auch bei gemeinsamen Einheiten war ein intensiver Austausch zwischen den Trainern und auch den Jugendlichen beider Seiten möglich.

    „Wir haben vor den Spielen auch immer Geschenke ausgetauscht“, erzählt Miroci. Wasserflaschen mit dem FCM-Wappen wurden dabei gegen chinesische Devotionalien wie kleine Drachenköpfe oder gar eine komplette neue Sportausrüstung getauscht. Natürlich durfte auch das Kulturprogramm nicht fehlen: Die Boatu-Quellen von Jinan, die Besichtigung der olympischen Sportstätten und der abschließende Ausflug zur Chinesischen Mauer waren einige der Höhepunkte. „Das war schon beeindruckend, dort oben zu stehen“, sagt Mergim.

    Ebenfalls im Gedächtnis bleiben ihm der viele Verkehr und die schmutzige Luft. „Das war das erste, was er uns geschrieben hat: Dass die Luft anders ist“, sagt Vater Besim Miroci. Nach elf Tagen Jinan und einem tränenreichen Abschied vom zuvorkommenden Dolmetscher ging es wieder auf die Heimreise: Mit dem Schnellzug nach Peking, von dort mit dem Flugzeug nonstop nach Frankfurt. Wie bei der Anreise waren Miroci und Co. nun auch auf dem Heimweg einen guten halben Tag unterwegs. Diesmal mit der Vorfreude auf Pizza, Schnitzel und Brezen.

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