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Fußball: TSV Mindelheim und Co.: Meister dank Paragraf 93

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TSV Mindelheim und Co.: Meister dank Paragraf 93

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    Am grünen Tisch statt auf dem grünen Rasen wird der TSV Mindelheim in diesem Jahr Meister der Kreisliga Allgäu Mitte. Die Mannschaft von Trainer Benedikt Deigendesch (gelbes Shirt) liegt zum Zeitpunkt des Saisonabbruchs auch nach Anwendung der Quotientenregel auf dem ersten Platz.
    Am grünen Tisch statt auf dem grünen Rasen wird der TSV Mindelheim in diesem Jahr Meister der Kreisliga Allgäu Mitte. Die Mannschaft von Trainer Benedikt Deigendesch (gelbes Shirt) liegt zum Zeitpunkt des Saisonabbruchs auch nach Anwendung der Quotientenregel auf dem ersten Platz. Foto: Andreas Lenuweit

    Nein, eine Meisterfeier haben sie beim TSV Mindelheim noch nicht geplant. Natürlich wegen der Corona-Pandemie und den damit verbundenen Einschränkungen. Und auch deshalb, weil doch noch ein kleiner Restzweifel bleibt. „Theoretisch sind wir damit nun durch“, sagt Benedikt Deigendesch zur Ankündigung des Bayerischen Fußballverbands (BFV), die Saison 2019/21 nun doch abzubrechen.

    Doch der Trainer des Kreisligaspitzenreiters TSV Mindelheim, dessen Reservemannschaft in der B-Klasse Allgäu 8 übrigens auch den ersten Platz belegt, traut der ganzen Sache noch nicht so ganz. Dabei scheint die Sache klar: Weil das bayerische Kabinett am Dienstag beschlossen hat, die Infektionsschutzmaßnahmenverordnung bis einschließlich 9. Mai zu verlängern, macht der BFV seine Ankündigung wahr. Wenn bis spätestens 3. Mai kein flächendeckender und uneingeschränkter Trainingsbetrieb im Freistaat möglich ist, werde man die Saison abbrechen müssen. Die noch ausstehenden Meisterschaftsspiele könnten dann nicht mehr bis zum Ende des Spieljahrs, also bis 30. Juni, ausgetragen werden (MZ berichtete).

    Den Abbruch-Paragrafen hat der BFV im August 2020 installiert

    Geregelt wird die Berechnung der Tabellen sowie Auf- und Abstieg mit Paragraf 93 der Spielordnung. Diesen hatte der BFV im August 2020 installiert. Der sogenannte „Abbruch-Paragraf“ sieht vor, dass im Fall eines Saisonabbruchs eine Wertung für Auf- und Abstieg nach der Quotienten-Regelung erfolgt. Relegationsspiele fielen weg. Doch dagegen regt sich nun Widerstand (Lesen Sie hier: 50 Vereine stellen sich gegen BFV).

    Der BFV verweist in einer Pressemitteilung darauf, dass die aktuelle Corona-Situation es nicht zulasse, die Spielzeit in den allermeisten Ligen ordnungsgemäß zu Ende zu führen, und ein Abbruch der Verbandsspielklassen unvermeidlich erscheint. Aus formalen Gründen könne ein formeller Beschluss zum Abbruch jedoch noch nicht getroffen werden.

    Schließlich gebe es noch die theoretische Chance, dass es nach dem 9. Mai doch Lockerungen geben könnte, die zumindest noch einzelne Spieltage ermöglichten. „Schon ein Spiel könnte die Quotienten und damit das Tabellenbild verändern. Aber all das funktioniert natürlich nur, wenn wir allen Vereinen vor etwaigen Spielen eine adäquate und einheitliche Vorbereitungszeit von mehreren Wochen einräumen können. Mit dem heutigen Tage ist das zwar höchst hypothetisch und unwahrscheinlich, formell aber leider nicht in Gänze auszuschließen“, wird BFV-Vizepräsident Reinhold Baier in einer Pressemitteilung zitiert.

    Sämtliche Vereine sollen nun nach ihrer Meinung gefragt werden

    Bevor der BFV-Vorstand also über einen Abbruch der Saison entscheidet, sollen alle bayerischen Fußballvereine zu ihrer Meinung zum Saisonabbruch befragt werden. Vor allem die Frage nach Quotientenregel und Absteigern dürften dann heiß diskutiert werden. Wann dieses Meinungsbild eingeholt wird, steht noch nicht fest.

    In den meisten heimischen Ligen würde sich am Tabellenbild nichts ändern: Sämtliche aktuellen Spitzenreiter werden nach der Quotientenregel auch oben bleiben und steigen demnach als Meister auf. Einzig in der Kreisklasse Allgäu 1 musste genauer hingesehen werden. Hier waren zum Zeitpunkt der Unterbrechung der SV Memmingerberg und der SV Steinheim punktgleich (und mit gleicher Anzahl an absolvierten Spielen). Gemäß der Spielordnung wird nun der direkte Vergleich angewendet – und der spricht für den SV Memmingerberg (3:0, 1:1).

    Kurios wird es in der A-Klasse Allgäu 5

    In der A-Klasse Allgäu 5 jedoch wird es problematisch. Hier führt der BFV den FC Thingau mit 49 Punkten aus 20 Spielen (Quotient: 2,42) als Tabellenführer vor dem FC Biessenhofen-Ebenhofen (44 Punkte aus 18 Spielen/Quotient: 2,44). Beiden Teams wird aber noch je ein Sieg abgezogen, da die SpVgg Kaufbeuren ihre zweite Mannschaft unter der Saison zurückgezogen hat und deren Ergebnisse somit aus der Wertung fallen. Entsprechend bleibt Thingaus Quotient bei 2,42 (46 Punkte/19 Spiele), während der FC Biessenhofen-Ebenhofen durch die Neuberechnung auf einen Quotienten von 2,41 kommt.

    Nun kommt aber noch eine Partie hinzu, die bislang noch nicht gewertet wurde: Am 19. September 2020 trat der ASV Hirschzell nicht zum Spiel in Biessenhofen an - wegen eines Corona-Verdachtsfalles in der Mannschaft. Die Partie wurde also kurz vor Anpfiff abgesagt - und wird wohl nicht gewertet. Denn: Im Herbst 2020 gewährte der BFV zum Restart seinen Vereinen mit dem "Corona-Paragrafen 94" das Recht, Spiele kurzfristig abzusagen, sollte es im Team einen Verdachtsfall auf Covid-19 geben. Würde also die ausgefallene Partie zugunsten des FC Biessenhofen-Ebenhofen gewertet, stiege dessen Quotient wieder auf 2,44 und bedeutete Rang eins. (Anm. d. Red.: Ursprünglich war an dieser Stelle von einem veralteten Tabellenbild auf der Verbandshomepage ausgegangen und gemäß Quotientenberechnung dem FC Biessenhofen-Ebenhofen eine Chance auf die Meisterschaft errechnet. Das ist jedoch nur der Fall, sollte das Spiel gegen Hirschzell zugunsten des FC Biessenhofen-Ebenhofen gewertet werden.)

    „Die Quotientenregel führt schon zu manchen seltsamen Konstellationen“, sagt Polykarp Platzer. Der Unterallgäuer Spielgruppenleiter hält den Saisonabbruch nach Paragraf 93 dennoch für sinnvoll. „Wir kriegen die ausstehenden Spiele nicht mehr unter bis Ende Juni.“

    Was der BFV von den Vereinen nun noch abfragen will, weiß er nicht: „Ich denke, der BFV will einfach ein positives Stimmungsbild einholen.“ Als Abstimmung sieht er die Ankündigung, die Vereine befragen zu wollen, nicht: „Worüber soll denn abgestimmt werden? Die Statuten sind dahingehend geändert worden, wie im Fall eines Abbruchs gewertet wird“, sagt Platzer. „Eine wirklich faire Entscheidung wirst du bei einem Saisonabbruch nicht kriegen. Aber es sollte jedem klar sein, dass es sich um eine Notsituation handelt. Deswegen ist es die beste Lösung.“ Der Weg des BFV, die Saison 2019/20 nicht abgebrochen, sondern nur unterbrochen zu haben, sei richtig gewesen.

    Kirchheims Trainer steht hinter der Verbandsentscheidung

    Das sieht auch Karl Kögel so. Der Trainer des TSV Kirchheim „steht voll und ganz hinter der BFV-Entscheidung“. Viele Verbände, die ihre Spielzeit im vergangenen Jahr abgebrochen und im Herbst eine neue Saison gestartet haben, stünden nun wieder vor dem gleichen Problem.

    Der TSV Kirchheim (blaues Trikot) wird Meister in der Kreisklasse 2.
    Der TSV Kirchheim (blaues Trikot) wird Meister in der Kreisklasse 2. Foto: Andreas Lenuweit

    „Der BFV hat im Prinzip nur eine Saison zerschossen. Der Weg war der vernünftigere“, so Kögel. Dass der TSV Kirchheim nun als Meister der Kreisklasse Allgäu 2 feststehen dürfte, sei für ihn kein Makel. „Wenn man sich die Punkte und das Torverhältnis anschaut, dann ist das keine minderwertige Meisterschaft.“

    Das sehen auch andere Meistertrainer so. Florian Huber vom SV Oberrieden freut sich über den Titel seiner Mannschaft in der A-Klasse Allgäu 2. „Mir wäre zwar lieber gewesen, man hätte die Saison zu Ende gespielt, aber der Titel ist eindeutig. Meine Mannschaft hätte schon alles verlernen müssen, damit wir das noch aus der Hand gegeben hätten.“

    In der A-Klasse 2 stürmt der SV Oberrieden um Florian Huber zum Titel.
    In der A-Klasse 2 stürmt der SV Oberrieden um Florian Huber zum Titel. Foto: Robert Prestele

    Der TSV Mindelheim kann doppelt feiern

    Benedikt Deigendesch und der TSV Mindelheim haben, wie eingangs erwähnt, gleich doppelt Grund zur Freude. Denn die erste Mannschaft in der Kreisliga Mitte und die Reserve in der B-Klasse 8 stehen bei einem Saisonabbruch auf Platz eins. „Für uns ist es natürlich gut, dass es so entschieden wurde“, sagt Deigendesch. „Ich bin ehrlich: Wir hätten in der Kreisliga noch einige harte Brocken gehabt. Trotz der fünf Punkte Vorsprung hätte sich das Tabellenbild noch ändern können“, sagt er. „Wer weiß, ob wir den guten Lauf fortgesetzt hätten“, sagt Deigendesch, der sich in der vergangenen Woche mit dem TSV Mindelheim auf eine weitere Zusammenarbeit verständigt hat – und in der neuen Saison wohl Bezirksligatrainer ist.

    Für die zweite Mannschaft, die gleich im ersten Jahr ihres Wiedereinstiegs in den Spielbetrieb unter Trainer Marco La Spina ihr Meisterstück macht, freut sich Deigendesch besonders. „Unser Ziel war, die zweite Mannschaft nach oben zu bringen. Dass es nun gleich im ersten Jahr klappt, ist super – und wichtig für die jungen Spieler.“

    Beim SC Eppishausen ist man zerknirscht

    Doch es gibt auch andere Stimmen zum Saisonabbruch. So sagt Alfred Schomanek, Abteilungsleiter des SC Eppishausen, dass er den Saisonabbruch zwar nachvollziehen kann („Man kann es nicht noch einmal hinauszögern.“). Es sei aber schade, dass der SC Eppishausen nun als Letzter aus der Kreisklasse Allgäu 2 absteigen muss und damit Leidtragender des Saisonabbruchs ist.

    Der SC Eppishausen (dunkles Trikot) steigt aus der Kreisklasse 2 ab.
    Der SC Eppishausen (dunkles Trikot) steigt aus der Kreisklasse 2 ab. Foto: Andreas Lenuweit

    „Vielleicht wären wir drin geblieben, wenn nur ein Spiel mehr gespielt worden wäre“, sagt er. „Die Chance, es hinzubiegen, wäre da gewesen, weil unsere verletzten Spieler wieder fit sind“, sagt er. „Ich finde es nicht richtig, dass es in dieser Situation Absteiger geben muss.“ Trotzdem richtet sich sein Blick nach vorn: „Unser Ziel ist der Wiederaufstieg“, sagt Schomanek. „Das gehen wir an – wenn wieder gespielt werden kann.“

    Die Meister und Absteiger der Corona-Saison:

    Kreisliga Mitte Meister (und Aufsteiger) ist der TSV Mindelheim. Absteigen müssen der ASV Fellheim, TV Woringen und FSV Lamerdingen.

    Kreisklasse Allgäu 1 Aufgrund des besseren direkten Vergleichs ist der SV Memmingerberg Meister und Aufsteiger vor dem punktgleichen SV Steinheim. Absteiger sind der SSV Markt Rettenbach und der FC Loppenhausen.

    Der FC Loppenhausen (blau-weißes Trikot) steigt aus der Kreisklasse 1 ab.
    Der FC Loppenhausen (blau-weißes Trikot) steigt aus der Kreisklasse 1 ab. Foto: Andreas Lenuweit

    Kreisklasse Allgäu 2 Der TSV Kirchheim ist Meister und steigt in die Kreisliga auf. In die A-Klasse steigen der SC Eppishausen und TV Waal ab.

    A-Klasse Allgäu 2 Der SV Oberrieden ist überlegen Meister. Ebenso deutlich steigt der SV Frechenrieden ab.

    B-Klasse Allgäu 2 Meister ist der TSV Kammlach 2.

    B-Klasse Allgäu 6 Meister ist der SV Steinheim 2.

    B-Klasse Allgäu 8 Meister ist der TSV Mindelheim 2.

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