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Fußball: Heute beginnt die Fußball-EM - doch wo bleibt die Stimmung?

Fußball

Heute beginnt die Fußball-EM - doch wo bleibt die Stimmung?

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    Bei der Weltmeisterschaft 2006 wurde ganz Deutschland überschwemmt von einer zuvor selten da gewesenen Euphorie. Unser Bild zeigt die Fanmeile in Berlin, wo Hunderttausende das Public Viewing zelebrierten.
    Bei der Weltmeisterschaft 2006 wurde ganz Deutschland überschwemmt von einer zuvor selten da gewesenen Euphorie. Unser Bild zeigt die Fanmeile in Berlin, wo Hunderttausende das Public Viewing zelebrierten. Foto: Camera4

    Erinnert man sich an den Sommer 2006, dann fällt selbst bei Nicht-Fußballfans meist der Begriff „Sommermärchen“. In Anlehnung an das Gedicht „Deutschland. Ein Wintermärchen“ von Heinrich Heine wurde mit diesem Begriff ein vierwöchiges Lebensgefühl umschrieben, das damals das ganze Land erfasste: Es war die Kombination aus Fußball-Weltmeisterschaft, vollen neuen Stadien und Public Viewings bei bestem Wetter, die Deutschland erfasste. Ob das in diesem Jahr noch annähernd so wird?

    Immerhin beginnt heute Abend die um ein Jahr verschobene Europameisterschaft 2020 mit dem Spiel Italien - Türkei in Rom. Und hat nicht Deutschland bei dem paneuropäischen Turnier den Vorteil, alle drei Gruppenspiele in München austragen zu dürfen? Wo sind sie also, die Deutschland-Fahnen, die Trikots am Arbeitsplatz, die Autospiegel-Überzieher in Schwarz-Rot-Gold? Liegt am Ende doch noch der schwere Corona-Schatten über allem? Oder sind es die eher dürftigen Leistungen der deutschen Nationalelf, die eher für Skepsis als Vorfreude sorgten?

    „Die Stimmung ist nicht so, wie sonst“, sagt Horst Gerstenbrand. Der Mittelneufnacher ist Spielgruppenleiter der Unterallgäuer Fußball-Junioren – und war als Volunteer, also als freiwilliger Helfer, häufig nah dran bei großen Turnieren oder Länderspielen. Er muss es also wissen, wie es um die Stimmungslage in Fußball-Deutschland bestellt ist.

    Die Stimmung unter den Fans scheint zwiespältig

    Offenbar eher zwiespältig: „Gestern habe ich eine Umfrage gelesen, nach der die Mehrheit der deutschen Mannschaft das Halbfinale zutraut“, sagt er. Das sollte doch für entsprechende Vorfreude sorgen. „Aber die letzten paar Spiele waren halt immer ein Auf und Ab“, sagt Gerstenbrand. Er hofft auf den Nimbus „Turniermannschaft“, der die deutsche Nationalmannschaft seit jeher umweht.

    Auch Ahmet Coskun glaubt, dass es die deutsche Mannschaft weiter bringen kann, als es die letzten Ergebnisse vermuten lassen. Vor allem aber hofft der Vorsitzende des Mindelheimer Kreisklassisten Türkiyemspor, dass die Türkei eine gute EM spielt: „Das Auftaktspiel gegen Italien ist gleich ein Hammer. Aber ich traue unserer Mannschaft mindestens ein Unentschieden zu. Es ist eine junge und willensstarke Truppe“, sagt er.

    Bei Türkiyemspor Mindelheim fallen Trainings- und EM-Auftakt zusammen

    Der EM-Auftakt soll in seinem Verein zugleich der Restart ins Vereinsleben sein. „Wir haben für Freitag die erste Trainingseinheit angesetzt und werden das Spiel danach gemeinsam im Vereinsheim anschauen. Ich hoffe, dass damit wieder das Vereinsleben wiederbelebt werden kann, denn die letzten sieben Monate waren hart.“ Die bislang noch fehlende EM-Stimmung könnte seiner Meinung dann aufflammen, wenn die ersten Spiele gut verlaufen.

    Michael Mussack, Spieler und Abteilungsleiter beim Kreisklassisten TSV Zaisertshofen, sieht das EM-Fieber schon ansteigen. „Es kommt so langsam“, sagt er. „Dadurch, dass auch im Amateursport wieder Fußball gespielt werden kann, wird die Stimmung schon kommen.“ Auch in Zaisertshofen will man nach den Trainingseinheiten die Spiele gemeinsam verfolgen – eine Sache, die vielen ebenso fehlte, wie das Kicken auf dem Platz.

    Kaum Nachfrage bei Fanartikeln

    „Wenn du daheim allein vor dem Fernseher sitzt, dann macht das keinen Spaß“, sagt Ahmet Coskun. Schuld an der fehlenden Vorfreude seien vor allem die Corona-Pandemie und die damit einhergegangenen Einschränkungen. Als Leiter des V-Marktes in Illertissen kann Coskun das auch am Kaufverhalten belegen: „Es gibt kaum Nachfragen nach Fanartikeln. Allerdings haben wir auch kein Sortiment vorrätig. Solche Dinge muss man ein halbes Jahr vorher bestellen – und im Januar wusste noch keiner, ob die EM tatsächlich stattfindet.“

    Kein Vergleich also mit dem schwarz-rot-goldenen Wahnsinn vor 15 Jahren. Aber vielleicht ändert sich das noch. Denn in einem sind sich alle einig: „Auf das erste Spiel kommt es an“, sagt Coskun. Wenn Deutschland am Dienstag gegen Frankreich ein gutes Ergebnis holt, dann könnte wieder einiges zusammenkommen: niedrige Inzidenzzahlen und Lockerungen, gutes Wetter, Leben auf den Sportplätzen und Vorfreude auf die nächsten Spiele bei dieser EM. Und wer weiß, wie es in drei Jahren erst aussieht: Dann nämlich ist Deutschland alleiniger Gastgeber der EM 2024 und lässt Erinnerungen an das „Sommermärchen 2006“ aufflammen.

    Mehr zum Start der Fußball-EM lesen Sie hier:

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