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Fußball: Die Qual der Wahl

Fußball

Die Qual der Wahl

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    FIFA-Präsident Sepp Blatter wird auf einer Pressekonderenz nach der außerordentlichen Sitzung des  FIA-Exekutivkomitees am 20.07.2015 in Zürich (Schweiz) vom britischen Comedian Simon Brodkin mit Gelscheinen beworfen.
    FIFA-Präsident Sepp Blatter wird auf einer Pressekonderenz nach der außerordentlichen Sitzung des  FIA-Exekutivkomitees am 20.07.2015 in Zürich (Schweiz) vom britischen Comedian Simon Brodkin mit Gelscheinen beworfen. Foto: Foto: Ennio Leanza/dpa

    Ist es nun eine Kriminalgeschichte, oder ein Drama? Eine Reality-Doku oder doch nur eine unfassbar skurrile Komödie? Eines ist auf jeden Fall klar: Die Fifa, der Weltfußballverband, und seine Protagonisten gaben in den vergangenen Monaten reichlich Stoff für einen Film. Ein Film, der möglicherweise auch einmal für einen Oscar vorgeschlagen wird.

    Einige Spieler des TSV Zaisertshofen, aktive und ehemalige, die zudem bereits selbst beim örtlichen Theaterverein „Harmonie“ Bühnenerfahrung als Laienschauspieler sammelten, haben für uns schon einmal die Oscars einiger ausgewählter Kategorien an die Protagonisten der jüngsten Fifa-Vergangenheit verteilt. Mit dabei sind Hermann Mautz (62) und Willibald Zaunberger (60), beide bekannt durch ihre Auftritte beim Volksstück „Der Brandner Kasper“. Die jüngere Garde besteht aus Michael Mayer (38), Tobias Jall (34), Stefan Mautz (32), Peter Ruf (32) und Johannes Lindner (26).

    Bester Kurzfilm

    „Diesen Oscar kriegt Michel Platini“, sagt Johannes Lindner. „Immerhin hat er sich ja selbst mal als Blatter-Nachfolger ins Gespräch gebracht. Bis er selbst dran glauben musste“, erklärt der 26-jährige Stürmer des TSV Zaisertshofen seine Entscheidung. Allgemeine Zustimmung unter den sieben (Ex-)Fußballern und Schauspielern, die sich an diesem Abend um den Tisch versammeln. Fotos der Präsidentschaftskandidaten und anderer Fifa-Funktionäre machen die Runde, ebenso eine Liste der einzelnen Kategorien für die Preisverleihung. Auf dem Tisch steht eine Nachbildung der Oscar-Statue. Nach und nach nimmt die Kreativität immer mehr zu.

    Bester Hauptdarsteller

    In dieser Kategorie kommt man an Sepp Blatter, dem scheidenden Fifa-Präsidenten nicht vorbei. Von 1998 bis zu seiner Sperre im Dezember 2015 hatte der Schweizer die Geschicke des Weltfußballverbandes geleitet. Immer wieder umweht von Bestechungs- und Korruptionsvorwürfen. An einen freiwilligen Rücktritt hat der 79-Jährige dabei nie gedacht. „Was will der Blatter denn noch mit 79“, fragt Johannes Lindner. „Wenn ich sein Geld hätte, würde ich mir schon mit 49 Jahren ein schönes Leben machen.“

    Bestes Drehbuch

    Dieser Oscar geht ebenfalls an Sepp Blatter, ganz klar. „Auf seinem Mist ist ja die ganze Fifa-Geschichte gewachsen“, erklärt Hermann Mautz. „Das wäre so etwas, wie die ’Unendliche Geschichte’“, sagt Willibald Zaunberger. Nur das Ende hätte sich Blatter sicher anders vorgestellt, eher als Erfolgsgeschichte denn als Tragödie.

    Beste Regie

    Wieder fällt der Name Sepp Blatter. „Der könnte ja eigentlich in jeder Kategorie gewinnen“, sagt Peter Ruf. „Es gibt doch auch einen Oscar für das Lebenswerk, oder?!“, fragt Michael Mayer. Der Ehren-Oscar geht also auch an Sepp Blatter.

    Für die beste Regie wird indes die US-Justizministerin Loretta Lynch auserkoren. Nicht nur allein wegen ihres prägnanten Nachnamens. „Die hat ja im Moment alle Fäden in der Hand und will einen nach dem anderen in den Knast bringen“, sagt Hermann Mautz.

    Plötzlich kommt ein neuer Name ins Spiel: „Was machen wir denn mit dem Beckenbauer? Der spielt doch auch eine Rolle“, sagt Willibald Zaunberger. „Den Oscar für den besten Stummfilm gibt es ja nicht mehr, oder?!“, sagt Peter Ruf. Dennoch würde der natürlich bestens zum Kaiser passen. Denn er sagt zu den ganzen Affären einfach nichts. „Im Prinzip macht er das ja ganz geschickt. Denn egal, was er sagt, es wird ja eh alles anders ausgelegt“, sagt Hermann Mautz, der wie Beckenbauer früher den Libero gab.

    Bester Nebendarsteller

    Man einigt sich also auf den Oscar für den besten Nebendarsteller. Wenngleich sich Franz Beckenbauer diese Auszeichnung teilen müsste – mit fünf weiteren Protagonisten, nämlich den Kandidaten für die Nachfolge Sepp Blatters als Fifa-Präsident. Als da wären: Gianni Infatino (Michael Mayer: „Der scheint zumindest nicht korrupt bis in die Haarspitzen zu sein.“), Prinz Ali bin al-Hussein, Scheich Salman bin Ebrahim al-Khalifa, Jérôme Champagne und Tokyo Sexwale. Der kahlköpfige Schweizer Infantino wird von der Runde außerdem als „bester Oscar-Darsteller“ gewürdigt. Ob sich mit einem neuen Präsidenten jedoch viel ändern wird bei der Fifa? Die Zaisertshofer Fußballer sind skeptisch. „Einer wird Blatters Rolle halt übernehmen. Ansonsten wird es für uns ja keinen großen Einfluss haben“, sagt Johannes Lindner. „Ein durchsichtiges Gremium wird es bei der Fifa nie geben“, ist Hermann Mautz sicher.

    Beste Filmmusik

    Franz Beckenbauer darf sich über einen zweiten Oscar freuen. Sein Lied aus den 1960ern „Gute Freunde kann niemand trennen“ setzt sich bei der Oscar-Verleihung in Zaisertshofen durch. „Das ist einfach ein Evergreen“, sagt Stefan Mautz.

    Bester fremdsprachiger Film

    Hier kommt Kaiser Franz nach einhelliger Meinung nicht infrage. Schließlich konnte er ja im Jahr 2014 nicht einmal einen Fragebogen der Fifa beantworten, der auf englisch ausgestellt war, was ihm zunächst eine 90-tägige Sperre einbrachte. „In diesem Fall hätte er halt den Lothar Matthäus anrufen sollen“, meint Stefan Mautz. Überhaupt, der Loddar: „Den lassen sie einfach nie mitmachen“, sagt Peter Ruf. Von ihm bekommt er – quasi als Trostpflaster für die vielen entgangenen Trainerposten – den Oscar für den besten fremdsprachigen Film. Allein wegen seiner legendären Pressekonferenz bei den New York Metro Stars im Jahr 2000.

    Bester Schnitt

    „Den besten Schnitt hat ja der Jack Warner gemacht“, sagt Michael Mayer. Jener Jack Warner, der als Präsident dem karibischen Fußballverband vorstand, als dieser 2005 die TV-Rechte an den Weltmeisterschaften 2010 und 2014 für gerade einmal 600000 US-Dollar erwarb. Und diese dann zwei Jahre später für rund 20 Millionen US-Dollar an eine jamaikanische Kabelfernsehgesellschaft verkaufte... Der Oscar für den besten Schnitt – im übertragenen Sinn – geht verdientermaßen an Jack Warner.

    Beste visuelle Effekte

    Hier gewinnt nach Meinung der Zaisertshofer der britische Komiker Simon Brodkin. Er hatte während einer Pressekonferenz Blatters Dollarscheine auf den Fifa-Präsidenten regnen lassen und damit für Fotos gesorgt, die mehr als tausend Worte sagen.

    Bester Film

    Schließlich bleibt am Ende die Frage, wie man den Filmstoff, den die Fifa seit Monaten liefert, passend betitelt. Es geht also um den Oscar für den besten Film. „Der Pate“, „Der letzte Kaiser“ oder „Titanic“ (Hermann Mautz: „Die galt ja auch als unsinkbar, wie Blatter.“) stehen ebenso zur Wahl wie die abgewandelten „Das Schweigen der Männer“ oder „Meuterei auf dem Zürichberg“. Da das Ende der Fifa-Posse jedoch noch offen ist, fällt die Entscheidung zugunsten eines anderen Hollywood-Streifens: „Catch me, if you can“. Tatsächlich irgendwie passend...

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